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Forensik in Lünen: Grubenwehr verweigert Umzug von Victoria-Brache
Forensik in Lünen
Die Grubenwehrvereinigung geht auf Konfrontationskurs zur Verwaltung. Auf gar keinen Fall wollen die Ex-Bergleute die Victoria-Brache verlassen. Verwaltung und Politik sind fassungslos.
Wenige Tage vor der jüngsten Sitzung des Stadtentwicklungsschusses (26. Oktober) ließ die Lüner „Grubenwehrvereinigung Victoria e.V.“ die Bombe im Lüner Rathaus platzen.
Per Mail teilte die Vereinigung der Verwaltung kurzerhand mit, dass sie sich „nicht als Bestandteil eines geplanten Quartierstreff“ in der Victoria-Siedlung sehe.
Vielmehr fordere die Grubenwehrvereinigung den Rat der Stadt Lünen auf, „das Grubenwehrheim und alle dazugehörigen Gebäude und Exponate an Ort und Stelle“ zu belassen - also auf der RWE-Fläche der Victoria-Brache.
Grund für den Sinneswandel sei ein Gutachten des Instituts Fresenius, wonach die Fläche keineswegs kontaminiert ist. Deshalb habe der Vorstand beschlossen, mit allen ihm dazu zur Verfügung stehenden Mitteln für den Erhalt und den Standort des jetzigen Grubenwehrheims zu kämpfen“.
Über den Kauf des Grundstücks verhandeln die Stadt Lünen und das Land NRW zurzeit mit der GfV Vermögensverwaltungs GmbH (Dortmund). Dabei handelt es sich um eine Tochterfirma des Essener RWE-Konzerns. Dem Energieriesen gehört das Grundstück.
Auf diesem Teilstück der Victoria-Brache, die andere Hälfte gehört der RAG, will das Land entgegen seinen ursprünglichen Plänen (RAG-Fläche) eine forensische Klinik bauen, die Fertigstellung ist für 2026 geplant.
Von RWE nur geduldet
Die Grubenwehrvereinigung ist seit Jahren auf dem RWE-Grundstück lediglich geduldet und hat daraus auch nie einen Hehl gegenüber Dritten gemacht.
Wohlwissend, dass ihre Tage auf dem Grundstück gezählt sind, erklärte der Grubenwehr-Vorstand schon im Frühjahr 2016 bei einem Besuch unserer Redaktion vor Ort, dass keine größeren Investitionen auf der liebevoll hergerichteten Anlage mehr geplant seien, wegen eines möglichen Umzuges.
Zeitgleich sicherte die Stadt Lünen der Vereinigung zu, sich um ein Ausweichquartier zu bemühen. Auch deshalb, weil das Grubenwehrheim für zahlreiche gesellschaftliche Veranstaltungen im Lüner Norden genutzt wurde, nicht zuletzt von einigen der im Stadtrat vertretenen Parteien.
Technischer Beigeordneter empört
Wie ein völlig fassungsloser Technischer Beigeordneter Arnold Reeker jetzt im Stadtentwicklungs-Ausschuss sagte, habe es in der Vergangenheit durchaus konstruktive Gespräche mit der Grubenwehr-Vereinigung über eine Umsiedlung in den von der Stadt Lünen geplanten Quartierstreff in der Victoria-Siedlung gegeben.
„Da versuchen wir eine Lösung zu finden mit der Grubenwehr, und dann kommt da so eine böse Mail an die Verwaltung. Es kann nicht sein, dass sie auf diesem Standpunkt beharrt. Wie soll man da einen Kompromiss finden.“
Weiter erklärte Reeker gegenüber den Ausschussmitgliedern: „Na klar, wir können ja auch alles so belassen wie es da ist, dann passiert aber weitere 40 Jahre nichts auf der Brachfläche.“
Ausschussmitglieder reagieren verwirrt
Ähnlich wie Lünens Technischer Beigeordneter reagierten die im Stadtentwicklungs-Ausschuss vertretenen Ratsfraktionen auf die ihnen vorliegende Mail der Grubenwehrvereinigung. Die hatte ausdrücklich auf eine Weiterleitung durch die Verwaltung an die Politik bestanden.
Weil es sich bei der geplanten Umsiedlung und der zeitgeschichtlichen Bedeutung der Grubenwehrvereinigung um ein sensibles Thema handelt, agierte die Mehrheit der Ausschussmitglieder bei ihrer Wortwahl äußerst vorsichtig.
Anders CDU-Ratsherr Paul Jahnke: „Das Verfallsdatum (der Grubenwehrvereinigung, Anm.d.Red.) rückt immer näher. Einfach so eine Mail abzuschicken, das geht nicht, das entspricht auch nicht dem Verhalten im Bergbau.“
Jahnke sprach sich dafür aus, noch einmal, bei allem Ärger über das Verhalten der Vereinigung, mit der Grubenwehr zu reden.
Dem stimmte auch Grünen-Ratsherr Eckhard Kneisel zu. Er stellte aber auch klar, dass die Grubenwehrvereinigung altersbedingt ein Auslaufmodell sei: „Das ist nicht die Zukunft.“
Wie es mit der Grubenwehrvereinigung weiter geht, dürfte sich spätestens am 11. November dieses Jahres entscheiden. Dann steht das Thema auch auf der Tagesordnung des Rates der Stadt.
Jahrgang 1968, in Dortmund geboren, Diplom-Ökonom. Seit 1997 für Lensing Media unterwegs. Er mag es, den Dingen auf den Grund zu gehen.
