Sie waren laut und sie hatten ganz klare Forderungen an die Lüner Politik: Fünf Schulen sind am Dienstagvormittag (28. März) mit Klimaplakaten, Trommeln und Trompeten durch die Lüner Innenstadt gezogen. Ihr Ziel: Klimagerechtigkeit. Damit das auch in der Lippestadt erreicht wird, wollen sie unter anderem bessere Radwege, weniger Kraftstoff und mehr Wasserstoff, mehr Bus und Bahn, sauberen Strom und Plastikmüll reduzieren.
Für die beiden Zehntklässlerinnen Elisa und Malin spielt vor allem das Thema Recycling eine große Rolle. Das ist auch auf ihrem bunten Plakat deutlich zu erkennen. Ihr Wunsch: mehr Recup-Produkte in Lünen. Zwar gebe es die wiederverwendbaren Becher, Teller oder Behälter schon in einigen Betrieben, aber den zwei Schülerinnen ist das Mehrwegsystem noch nicht ausgeprägt genug.

Um diese und weitere Forderungen nicht über Umwege, sondern auf direktem Weg an die Entscheidungsträger im Rathaus zu bringen, diskutierten die Schülerinnen und Schüler nach dem Demo-Zug gemeinsam mit der Politik im Lüner Ratssaal. So viele junge Menschen haben wohl lange nicht mehr an den langen Tischen und auf der Empore Platz genommen. Mit dabei waren natürlich die Plakate, einige davon hingen von der Kanzel und somit in direkter Blickrichtung von Politik und Co.
Beim Thema Recycling stoßen die Jugendlichen während der Diskussion auf offene Ohren. Dr. Christian Klicki erklärt, dass es für die „Lünsche Mess“ in diesem Jahr eine große Änderung geben wird. Denn beim traditionellen Fassanstich sollen keine Plastikbecher verteilt werden, sondern eigens von der Stadt entwickelte Mehrwegbecher zum Einsatz kommen. Die Lüner Schülerinnen und Schüler wünschen sich eine solche Umsetzung für alle öffentlichen Veranstaltung in der Stadt. Hier brauche es auch die entsprechende Werbung, findet FSG-Schülerin Vivien Serowik. Und dem Konsumenten müsse die Wahl einfacher gemacht werden.

Eine Forderung, die Tessa Schächter (Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt, Klima und Mobilität) direkt kommentiert. „Mehrwegartikel sollten günstiger sein als das klimaschädliche Produkt. Ein solches System kann aber nur funktionieren, wenn die Bürger es unterstützen und auch annehmen.“ Das müsse Hand in Hand gehen.
Ausbaufähiges Radwegenetz
Ein weiteres großes Thema, das die über 200 teilnehmenden Schülerinnen und Schüler beschäftigt, sind die Rad- und Fußwege in Lünen. Denn diese seien oftmals zu schmal und würden von Schlaglöchern durchzogen. „Es muss einen Anreiz geben, dass weniger Autos genutzt werden“, betont Besa Gündüz, Schülerin am Lippe-Berufskolleg. Auch Reparaturanlagen für Fahrräder gebe es noch nicht flächendeckend, ergänzt Vivien Serowik.
Reiner Hohl, Schulleiter des Städtischen Gymnasiums Altlünen, bekomme fast täglich zu spüren, wie ausbaufähig das Fahrradnetz in Lünen ist. „Auf der Cappenberger Straße wird es schnell eng und gefährlich, da fahre ich jeden Tag lang. Es muss mehr Platz da sein für Rad- und Fußwege. Das ist kein ,nice to have‘.“ Auf den Satz folgt lautes Klatschen im Lüner Ratssaal.

Für CDU-Mann Arno Feller ist der geplante IGA-Radweg ein erster Ansatzpunkt. Dieser würde eine gute Verbindung zur Innenstadt schaffen und das Wegenetz erweitern. Christian Klicki fügt an, dass durch das geplante Mobilitätskonzept in jedem Ortsteil untersucht wird, wie die Radwege dort aufgestellt sind. Für die Zukunft gebe es zudem den Plan, eine Straße in Lünen testweise für den Verkehr zu sperren. Hier braucht es aber auch Feedback aus der Bevölkerung. Gleiches gelte für das Nextbike-Angebot, welches am 1. April startet. „Nur wenn das gut genutzt wird, können wir das System auch ausbauen“, so der Beigeordnete.
Klaus Lamczick (SPD) denkt bereits ein paar Jahre weiter und zeigt den Mangel einer vernünftigen Ost-West-Verbindung in Lünen auf. Bevor etwa auf der Steag-Fläche neue Arbeitsplätze entstehen, sollte es hier Verbesserungen geben. Prof. Dr. Johannes Hofnagel (GFL) betont in diesem Zusammenhang, dass auch die Schülerinnen und Schülern direkte Kritik in Sachen Rad-Netz äußern können, etwa durch einen Bürgerantrag. „Ihr seid die Experten vor Ort.
Fünfseitiges Forderungspapier
Mobilität und Recycling sind nicht die einzigen Aspekte, die laut den Schülerinnen und Schülern für eine lebenswerteres Lünen in Zeiten der Klimakrise sorgen könnten. Auf einem fünfseitigen Papier haben die Jugendlichen all ihre Forderungen zusammengetragen und an die politischen Vertreter weitergereicht.
Darunter fallen auch Themen wie Energie (kein Erdgas mehr, Schließung des Kohlekraftwerkes), Umweltschutz (mehr Biobauernhöfe, mehr Bäume, sparsamere Nutzung von Papier), Wirtschaft (innovative Gastronomie in leerstehenden Gebäuden, Förderung regionaler Märkte) und Politik (mehr Beteiligungsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger).

Die teilnehmenden Lehrkräfte messen dem Klima-Tag eine ziemlich große Bedeutung zu. Referendarin Laura Stenzel am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium erklärt: „Die Resonanz war wirklich gut und die Schüler waren sehr engagiert bei der Gestaltung der Plakate.“ Hierbei betont sie, dass die Ideen nur aus den jeweiligen Klassen kamen.
Auch über die Demonstration hinaus würden die Jugendlichen viel mitnehmen. „Sie fühlen sich wertgeschätzt und partizipieren an dem, was in Lünen passiert. So kann die Jugend mitreden.“ Auch Katja Wohlgemuth, Lehrerin an der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule, sieht in der Protest-Aktion ein wichtiges Mittel für Schülerinnen und Schüler. „Nur so können sie lernen, Demokratie auch auf der Straße zu verteidigen.“
