
Petra Westermann konnte aus einem Lüner Supermarkt 80 Pakete Mehl vor der Mülltonne retten. © Foodsharing Lünen
Foodsharing Lünen rettet 80 Kilo Mehl vor dem Müll: „Das ist schon etwas Besonderes“
Lebensmittelretter
80 Pakete Mehl hat Lebensmittelretterin Petra Westermann aus Lünen vor dem Müll gerettet. Ihre Mitstreiterin Madeleine Wolf weiß, was mit dem Grundnahrungsmittel passiert ist.
Damit haben die Aktivisten vom Foodsharing Lünen einen echten Coup gelandet: 80 Kilogramm Mehl hat Petra Westermann aus Lünen vor der Mülltonne gerettet. Ein Supermarkt in der Stadt hatte das Grundnahrungsmittel aussortiert, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum bereits verstrichen war.
„Es kommt nicht oft vor, dass wir Mehl bekommen“, sagt Madeleine Wolf vom Foodsharing-Team in der Lippestadt. Viel häufiger sei es Obst und Gemüse, das die Mitstreiter von Foodsharing Lünen von einigen Supermärkten in der Stadt erhalten. „Wir werden unter anderem vom Rewe Melson, Rewe Ernst und dem Edeka Böse unterstützt. Bis vor Kurzem haben wir auch Lebensmittel vom Kunstcafé und dem Adener Café bekommen, doch beide mussten schließen“, erzählt Madeleine Wolf.
Bananen werden fast täglich gerettet
Seit 2015 retten mittlerweile 150 aktive Foodsaver Lebensmittel in der Stadt – angefangen hat das Projekt mit etwa zehn Unterstützern. Dabei haben sie Kooperationsverträge mit einigen Supermärkten ausgehandelt. Die geben Lebensmittel, die noch genießbar sind, aber nicht mehr verkauft werden können abends an die Lebensmittelretter. „Bananen können wir beispielsweise fast täglich retten. Da die rasch braune Flecken bekommen, lassen die sich nicht mehr verkaufen“, sagt Madeleine Wolf.
Wie die geretteten Lebensmittel dann verteilt werden, das mache jeder Retter unterschiedlich. „Wir haben eine Facebook-Gruppe, über die einige das Essen verteilen“, so die Foodsaverin. Viele der Lebensmittel finden auch über die Fairteiler ihren Weg zu den Menschen.

In ihrem Fairteiler an der Saarbrücker Straße 48 in Lünen-Süd lagert Foodsaverin Madeleine Wolf frisches Gemüse. Menschen können sich dort rund um die Uhr an den kostenlosen Lebensmitteln bedienen. © Sophie Schober
In dem roten Metallkasten, der neben dem Haus von Madeleine Wolf in der Saarbrücker Straße in Lünen-Süd steht, liegen Salat und frische Kräuter. „Hier kann jeder 24 Stunden am Tag ran und sich kostenlos die Lebensmittel holen“, sagt sie. Vier solcher Schränke gibt es in der gesamten Stadt. „Ich würde mir auch solche Verteiler an öffentlichen Orten wünschen, vor dem Rathaus wäre schön.“
Nachfrage nach geretteten Lebensmitteln steigt
Oft seien es Stammkunden, die vom kostenlosen Lebensmittelangebot Gebrauch machen - darunter viele Familien, die wenig Geld haben und von den Spenden ganz besonders profitieren. „Wir arbeiten aber auch mit der Übernachtungsstelle für Wohnungslose, der Unterkunft für Geflüchtete in Horstmar, Kirchen und einigen Kitas zusammen“, sagt Madeleine Wolf.
Zwar verstehe sich das Foodsharing Lünen als eine Umwelt-Aktion, bei der der Fokus darauf liegen soll, keine Lebensmittel zu verschwenden. Dennoch weiß Madeleine Wolf auch um die soziale Verantwortung, die das Projekt mittlerweile trägt. Denn in den vergangenen Wochen und Monaten ist die Nachfrage nach den geretteten Lebensmitteln gestiegen.
Das gerettete Mehl hat schon neue Besitzer gefunden. Petra Westermann hat es an Nachbarn und Freunde weitergegeben. „Die haben auch schon fleißig Kuchen gebacken“, sagt Madeleine Wolf. Besonders profitiert hat aber eine 12-köpfige Familie, die einen besonders hohen Mehlverbrauch hat. Auch einer Kita kam der Fang zu Gute. Ein Foodsaver hat Kekse für die Kinder gebacken. Und Petra Westermann selbst hat auch ein paar Pakete behalten, immerhin beginnt bald die Plätzchen-Saison.
Auch Foodsaver kennen Engpässe
Durch die Pandemie und den Krieg in der Ukraine waren viele Produkte in den Supermärkten vergriffen. Auch die Lebensmittelretter kennen die Engpässe. „Wir merken in letzter Zeit schon, dass wir weniger Lebensmittel zum Retten bekommen“, sagt die Lünerin. Das habe zwei Seiten: Zum einen freut es die Lebensmittelretter, dass sie weniger Nahrungsmittel vor dem Müll retten müssen.
Zum anderen können sie Menschen und Familien, die auf die Spenden angewiesen sind, nicht versorgen. Ob die weniger geretteten Lebensmittel aber mit der Pandemie oder dem Krieg in der Ukraine zu tun haben, da ist sich Madeleine Woolf nicht sicher. „Vielleicht wirtschaften die Betriebe auch besser“, sagt sie.
Sophie Schober, aufgewachsen im Erzgebirge, wusste schon während des Soziologie-Studiums in Bamberg genau, dass sie im Lokaljournalismus landen will. Nach etlichen Praktika und Volontariat bei der Freien Presse verschlug es sie von Chemnitz ins beschauliche Cappenberg. Wenn sie nicht in der Redaktion sitzt, ist sie mit ihrem Hund im Cappenberger Wald unterwegs.
