Überraschend hat Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns (parteilos) am Donnerstag (7.12.) in der Haupt- und Finanzausschusssitzung der Stadt Lünen eine Erklärung verlesen, wonach er im Januar Hinweise auf mögliches Fehlverhalten des ehemaligen stellvertretenden Bürgermeisters Daniel Wolski (SPD, 41) erhalten hat. Eine entsprechende Mail vom Anfang des Jahres habe er in den Papierkorb verschoben, sagte Kleine-Frauns im Ausschuss.
Zu den Hintergründen erklärte Lünens Bürgermeister unter anderem: „Bevor wir in die Tagesordnung einsteigen, möchte ich Sie über eine Presseanfrage informieren, die mich gestern (Mittwoch (6.), Anm. d. Red.) erreicht hat. Sie bezieht sich auf polizeiliche Ermittlungen gegen meine Person. Es geht um eine Mail, die ich am 18. Januar nach 18 Uhr erhalten habe. In der Mail mit dem Betreff ‚Ihr Kollege Daniel Wolski‘ wird behauptet, dass Herr Wolski einen Chat-Kontakt zu einem 16-jährigen Mädchen habe und dass er ihr für ein Treffen Geld angeboten habe. Vorgeworfen wird mir, dass ich Herrn Wolski über diese Mail informiert und sie anschließend gelöscht habe.“
Weiter sagte Kleine-Frauns: „Am Abend des 18. Januar 2023 habe ich eine unter falschem Namen versandte Mail erhalten, in der das Angebot eines Treffens gegen Geld thematisiert, aber kein konkretes strafbares Geschehen geschildert wird.“ Er sei sich sicher gewesen, dass eine „perfide Verleumdungskampagne“ gegen seinen damaligen Stellvertreter drohe. „Dies auch deshalb, weil ich Herrn Wolski seit 2005 als tadellosen Kommunalpolitiker wahrgenommen hatte. Ich habe die Mail nicht an die Polizei weitergeleitet, weil ich seinerzeit ausgeschlossen habe, dass Herr Wolski Straftaten zum Nachteil von Minderjährigen begangen haben könnte.“
Per WhatsApp informiert
„Um Herrn Wolski zu ermöglichen, eine Unterlassung der von mir angenommenen Verleumdungskampagne zu erwirken, sagte Jürgen Kleine-Frauns, habe ich ihn direkt nach dem Lesen der Mail per WhatsApp informiert. Er hat darauf etwa eine Stunde später mit dem wörtlichen Kommentar reagiert, dass das ja ,unglaublich‘ sei.“
Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Dortmund bestätigte am Abend gegenüber unserer Redaktion, dass „der Verdacht auf Verletzung eines Dienstgeheimnisses und der versuchten Strafvereitlung im Amt“, bestehe und deswegen Ermittlungen gegen Lünens Bürgermeister laufen. Weitere Angaben machte der Sprecher keine.
Daniel Wolski sitzt seit Ende Oktober in Bochum in Untersuchungshaft. Dem ehemaligen Lüner Vize-Bürgermeister, Ratsherrn und langjährigen Juso-Vorsitzenden wirft die Bochumer Staatsanwaltschaft mehrere Fälle von Missbrauch von Kindern- und Jugendlichen im Alter von 13 bis 17 Jahren sowie den Besitz von kinderpornografischem Material vor.
Eine Diskussion schloss sich in der Ausschusssitzung nicht an, auch weil Kleine-Frauns einzelne Nachfragen wegen des laufenden Verfahrens gegen ihn verweigerte. CDU-Fraktionsvize Arno Feller gab nach der Sitzung gegenüber der Redaktion zu Protokoll: „So wie der Bürgermeister das geschildert hat, hat er sich aus meiner Sicht völlig korrekt verhalten.“ GFL-Fraktionschef Andreas Dahlke wollte sich auf Anfrage nicht zu den neuen Informationen äußern
Re-Live: Wolski-Nachfolge geklärt: Martina Förster-Teutenberg ist neue stellvertretende Bürgermeiste
Sexueller Missbrauch in 25 Fällen: Staatsanwalt konkretisiert Vorwürfe gegen Daniel Wolski
Missbrauchs-Vorwürfe gegen Lüner Vize-Bürgermeister Daniel Wolski: Alle Informationen im Überblick