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Facebook-Kommentar: Sechs Monate Haft für Mann, der Flüchtlinge vergasen wollte
Urteil bestätigt
Urteil bestätigt: Nach einem volksverhetzenden Facebook-Kommentar unter einem Artikel der Ruhr Nachrichten Lünen muss ein 42-jähriger Mann ins Gefängnis. Es ging um Flüchtlinge.
Es bleibt dabei. Wegen Volksverhetzung muss ein 42-jähriger Mann aus Schwabach bei Nürnberg für sechs Monate ins Gefängnis. Das Landgericht Nürnberg unter Vorsitz von Richter Dieter Seyb bestätigte nun in einer Berufungsverhandlung das Urteil des Amtsgerichtes Schwabach vom 26. September vergangenen Jahres.
Menschenverachtender Post bei Facebook
Rückblick: Im März 2019 kommentierte der 42-Jährige einen Online-Artikel der Ruhr Nachrichten Lünen zur Eröffnung einer Unterkunft für Geflüchtete in Horstmar und zur Anwerbung freiwilliger Helfer mit einem aus Sicht von Amtsrichterin Dr. Andrea Martin „menschenverachtenden“ Facebook-Post.
„Also wenn die noch nicht ganz fertig sind, würde ich mich zur Verfügung stellen, die Heizung zu installieren! Ups, da hab ich doch glatt aus Versehen ein paar Löcher in die Gasleitung gemacht. Sorry . . -)“ formulierte der Anlagenführer in einem metallverarbeitenden Betrieb in dem Sozialen Medium.
Diese Redaktion hatte über die erschreckenden Reaktionen bei Facebook im Nachhinein berichtet - unmittelbar danach schaltete sich der Staatsschutz der Dortmunder Polizei ein und startete die Ermittlungen. Dabei stellte sich heraus, dass der 42-Jährige gar nicht in Lünen, sondern eben in Schwabach wohnt.
Mann will beim Schreiben betrunken gewesen sein
Wie schon beim Amtsgericht versuchte sich der Schwabacher auch beim Landgericht damit herauszureden, dass er nicht mehr nüchtern gewesen sei, als er den Post verfasste. „Ich weiß nicht, was mich geritten hat, so einen Schwachsinn zu schreiben“, sagte er bei der Verhandlung in Nürnberg, und er beteuerte, dass er nichts gegen Ausländer habe.
Sein bester Freund habe Migrationshintergrund und er habe auch einer syrischen Familie in der Nachbarschaft geholfen, sagte er. Nun wolle er sich bei der Caritas freiwillig in der Flüchtlingsarbeit einbringen, so der Angeklagte, der aber auch zugab, vor einem Jahr noch die Meinung vertreten zu haben, dass hierzulande zu viel für Flüchtlinge und zu wenig für obdachlose Deutsche getan werde.
Langes Vorstrafenregister
Im Detail wollte Richter Seyb von dem Angeklagten Hintergründe zu dessen bisherigen Straftaten wissen. Immerhin finden sich seit 1993 13 Einträge im Bundeszentralregister, darunter Verurteilungen wegen Sachbeschädigung, schweren Diebstahls, Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz, gefährlicher Körperverletzung und vor allem ein Eintrag wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Volksverhetzung aus dem Jahr 1998. Der Angeklagte versuchte freilich den Eindruck zu erwecken, dass bei seinen Verfehlungen immer andere schuld waren.
Der Verteidiger machte deutlich, dass sein Mandant, der früher nur durch Gelegenheitsjobs seinen Lebensunterhalt bestritt, mittlerweile eine Familie gegründet und seit eineinhalb Jahren einen festen Job habe.
Staatsanwältin sieht ein Muster
Dem Anwalt war klar, dass sein Mandant wegen des „üblen Posts erheblich zu bestrafen ist“. Er plädierte aber ob des „beeindruckenden Lebenswandels“ des 42-Jährigen aber für eine Bewährungsstrafe mit „spürbaren Auflagen“, beispielsweise die Mitarbeit in der Flüchtlingshilfe über eineinhalb, wenn nicht sogar zwei Jahren.
Staatsanwältin Pätzold dagegen arbeitete heraus, dass der Angeklagte in den zurückliegenden zehn Jahren zwar drei Bewährungsstrafen durchgestanden habe (darunter eine Bewährungsstrafe während einer Bewährung), unmittelbar danach aber wieder straffällig geworden sei.
„Da sehe ich ein Muster“, meinte die Staatsanwältin. Derartige Hasskommentare im Netz „gehen gar nicht“, sagte die Vertreterin der Anklagebehörde. Das Urteil des Amtsgerichtes Schwabach von Richterin Dr. Andrea Martin sei fehlerfrei und die Berufung deshalb zu verwerfen.
Hinweis auf Jahrestag der Befreiung von Auschwitz
„Die Berufung wird als unbegründet verworfen“, sagte dann auch der Vorsitzende Richter der 14. Strafkammer des Landgerichtes Nürnberg-Fürth. „War es ein dummer Scherz oder steckt mehr dahinter?“, fragte er bei der Urteilsbegründung und gab die Antwort gleich selbst.
Dass sich der 42-Jahrige hinter dem Namen „Tom Braun“ versteckt habe, „passt nahtlos ins Bild. Dieser Tage haben wir dem 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz gedacht“, sagte Richter Seyb, aber man erlebe Tendenzen der Verharmlosung.
„Wenn wir hier nachgiebig wären, würden Dämme brechen“, war der Richter überzeugt. Und auch davon, dass der Rechtsstaat „irgendwann konsequent sein muss, um die Rechtsordnung zu verteidigen“. Mit den Worten „am Urteil des Amtsgerichtes Schwabach sei nichts Falsches“, schloss der Richter die Sitzung.