Im Missbrauchs-Prozess gegen einen auswärtig praktizierenden Physiotherapeuten (47) aus Lünen hat jetzt auch eine weitere ehemalige Patientin schwere Vorwürfe erhoben. Eine Frau (40) aus Witten erinnerte sich am Bochumer Landgericht unter Tränen an eine völlig außer Kontrolle geratene Rückenmassage vor fast acht Jahren zurück.
„Seine Hände waren plötzlich überall. Ich habe mich gefühlt wie in einem falschen Film. Ich war wie gelähmt, wollte einfach nur noch weg“, sagte die Zeugin am Dienstag (29. November) vor der 7. Strafkammer. Zweimal sei sie seinerzeit im Januar 2015 in der auswärtigen Praxis des Lüner Physiotherapeuten gewesen - insbesondere den zweiten Termin werde sie wohl nie vergessen.
„Er ging dann immer tiefer“
Der Angeklagte habe sie im Anschluss an eine Schlammpackung zu einem Raum ganz am Ende des Ganges der Praxis geleitet. Dort habe er dann begonnen, sie zu massieren. „Es ging dann immer tiefer. Er hat geschnauft. Ich war schockiert“, erinnerte sich die Zeugin mit tränenerstickter Stimme. „Ich war einfach ein Opfer.“
Nur mit der Zusage auf ein baldiges gemeinsames Kaffeetrinken, sei es ihr damals gelungen, aus der Praxis zu kommen, so die Zeugin. Das Kaffeetrinken habe sie dann tags darauf telefonisch abgesagt, stattdessen habe sie Strafanzeige erstattet und auch die Ärztekammer informiert.
Kritik an Polizeibeamtin
Fakt ist: Die Staatsanwaltschaft hatte die Ermittlungen gegen den Physiotherapeuten in dieser Sache anschließend nach einiger Zeit folgenlos eingestellt. Wie es im Prozess zur Begründung hieß, waren an mehreren Stellen offenbar Unklarheiten aufgekommen. Unter anderem auch mit Blick auf den Tag des angeblichen Zwischenfalls. Die Zeugin kritisierte in diesem Zusammenhang vor Gericht ausdrücklich eine ermittelnde Polizeibeamtin: „Ich wurde überhaupt nicht ernstgenommen.“
Dass es im aktuellen Prozess um Vorwürfe einer anderen Frau aus dem April 2021 gehe, dazu sagte die Zeugin: „Ich habe nie geglaubt, dass ich die Einzige war.“ Und auf die Frage, was sie sich wünsche: „Ich wünsche mir, dass diese Person (der Angeklagte) nie mehr jemanden behandeln darf. Und dass er eine gerechte Strafe bekommt.“
Berufsverbot droht
Der Angeklagte bestreitet im Prozess die Vorwürfe, eine Patientin am Rande einer Massage sexuell missbraucht zu haben. Er will nach eigenen Angaben nur „Muskulatur gelockert und mobilisiert“ haben.
Die Befragung der ehemaligen Patientin aus dem Jahr 2015 erfolgte laut Gericht unter dem Gesichtspunkt einer Gefährlichkeitsprognose. Neben einer möglichen Haftstrafe könnte im Falle einer Verurteilung am Ende auch ein Berufsverbot angeordnet werden. Der Prozess wird fortgesetzt.
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