Erstmalig in Lünen Stolperstein für militärischen Widerstand gegen Nazis

Erstmalig in Lünen: Ehrung für militärischen Widerstand gegen Nazis
Lesezeit

Reinhold Blankensee und Walter Hermanspann widersetzten sich auf ihre Art und Weise gegen die Nationalsozialisten, als diese in Deutschland an der Macht waren – der eine politisch, der andere militärisch. Um ihre Taten nicht zu vergessen, wurde für Blankensee und Hermanspann am Freitag (27. Oktober) an ihren ehemaligen Wohnorten ein Stolperstein gelegt. Blankensee wohnte in der Moltkestraße 42, Hermannspann an der Ecke Friedrichstraße und Röntgenstraße. Gesponsort wurden die beiden Stolpersteine von der Geschwister-Scholl-Gesamtschule (GSG) in Lünen.

Stolpersteine sind kleine Gedenktafeln, mit denen an Menschen erinnert wird, die während der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Die Stolpersteine für Blankensee und Hermanspann sind der 55. und 56. Stolperstein in Lünen.

Lehrerin Katrin Rieckermann erzählt bei der Legung der Stolpersteine vom Leben der beiden Geehrten.
Lehrerin Katrin Rieckermann erzählt bei der Legung der Stolpersteine vom Leben der beiden Geehrten. © Calvin Konietzka

Das Leben der beiden Geehrten

Blankensee war einer der führenden Lüner im Widerstand gegen den Nationalsozialismus, war Politiker der linken KPD und wurde 1929 zum Stadtverordneten der Stadt Lünen gewählt. Er wurde in Berlin geboren und war Bergmann und Maschinenbautechniker. Er arbeitete ab 1932 als Hauer auf der Zeche Achenbach in Brambauer. Außerdem war er verheiratet und hatte zwei Kinder. Als die Nationalsozialisten an die Macht kamen, wurde die linke KPD verboten und ihre Mitglieder inhaftiert – so auch Blankensee. Nach einer Haft in Lünen und Werl wurde er ins KZ Esterwegen gebracht, wo er Torf stechen und ein Moor trockenlegen musste. 1933 wurde er aus Esterwegen entlassen, musst sich aber regelmäßig bei der örtlichen Polizei melden.

Zwar fand er wegen seiner anti-nationalsozialistischen Haltung, für die er auch weiterhin stand, keine Arbeit, doch das hielt ihn nicht davon ab, weiterhin politisch aktiv zu sein. Er traf sich heimlich mit anderen Mitgliedern der KPD und SPD im Untergrund. Das missglückte Staufenberg-Attentat 1944 hatte zur Folge, dass die Nazis alle politischen Gegner, die bisher entkommen konnten, zu erwischen und auszuschalten versuchten. So wurde Blankensee im selben Jahr wieder verhaftet, in Richtung Berlin deportiert und schließlich in das KZ Neuengamme gebracht, wo er 1945 verstarb.

Udo Kath mit dem Stolperstein von Walter Hermannspann.
Udo Kath mit dem Stolperstein von Walter Hermannspann. © Calvin Konietzka

Hermanspann ist gebürtiger Lüner. 1920 geboren, wurde er 1940 als Soldat eingezogen. Eigentlich sollte Hermannspann die Wehrmacht in Frankreich unterstützen, allerdings desertierte er. Als Deserteur wurde er inhaftiert und zu den NSU-Werken Neckarsulm gebracht. Nach einem Jahr Haft wurde Hermanspann wieder eingezogen und an die Ostfront gebracht. Dort wurde er verwundet und nach seinem Aufenthalt im Lazarett nach Bonn gebracht. Er war Teil der Ersatztruppen und wurde im Truppenübungsplatz Wahn bei Köln eingesetzt. Dort versuchte er erneut, aus dem Truppendienst zu fliehen.

Nach einem Stadturlaub zu Weihnachten 1942 kehrte er mit acht Kollegen nicht zur Truppe zurück, weshalb er wieder verhaftet und zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt wurde. Er wurde in das Zuchthaus Siegburg gebracht, wo er kurz vor der Befreiung durch die Amerikaner verstarb.

Eine der 40 guten Taten

Zu dem Engagement durch die GSG kam es nicht nur durch die passenden Namensgeber der Schule. Denn die Schule feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. „Im Rahmen unseres Schuljubiläums gibt es die Aktion: 40 gute Taten”, sagt Schulleiter Christian Gröne.

Im Zuge der Aktion „40 gute Taten” kam die Klasse 9B auf die Idee, den Stolperstein zu sponsern und hat Geld dafür gesammelt. „Da es zwei Stolpersteine gibt, hat sich die 5B dann den Plänen angeschlossen und wir haben beide Stolpersteine übernehmen können”, so Gröne.

Schüler der GSG, die ein Musikstück spielen
Die Schüler der Klasse 9B der GSG spielen bei der Legung des Stolpersteins von Walter Hermannspann "Bella Ciao" © Calvin Konietzka

Doch nicht nur Geld haben die Klassen für die Stolpersteine gesammelt. Während die 5B ein Gedicht aufsagte, das von einem Kind handelt, dessen Vater von den Nationalsozialisten verschleppt wurde, spielten drei Schüler der 9B das Lied „Bella Ciao” auf Saxofon und Trompete.

Die Klasse 5B der GSG Lünen trägt bei der Stolpersteinlegung von Blankensee ein Gedicht vor, in dem es um ein Kind geht, dessen Vater von Nazis verschleppt wurde.
Die Klasse 5B der GSG Lünen trägt bei der Stolpersteinlegung von Blankensee ein Gedicht vor, in dem es um ein Kind geht, dessen Vater von Nazis verschleppt wurde. © Calvin Konietzka

Zum 80. Todestag von Hans und Sophie Scholl: Gesamtschule erinnert an Widerstandkämpfer

Mit vielen Fotos: Lüner Geschwister-Scholl-Schule feiert 40. Geburtstag