
Stefanie Jendreizik und Tobias Weinmann sind nun stolze Geschäftsleute: Ihr Unverpackt-Laden Füllharmonie ist seit dem 11. Juni am Start. © Daniel Magalski
Einkauf ohne Müll: „Ein Geschäft wie Füllharmonie fehlte hier in Lünen“
Unverpackt-Laden
Waschmittel läuft aus dem Hahn des Kanisters direkt in eine Glasflasche. Der Kunde kauft einen halben Liter, zahlt nach Gewicht. Kein Problem im neuen Unverpackt-Laden „Füllharmonie“ in Lünen.
Im Ladenlokal mit Blick auf die Persiluhr duftete es schon einmal nach frischer Wäsche. Familie Jürgens betrieb hier damals eine bekannte Reinigung. Zeiten, die längst vorbei sind, doch nun findet sich neues Leben in den frisch renovierten Räumen.
Waschmittel „vom Fass“ ist dabei nur eines von rund 350 verschiedenen Produkten von Putzmitteln über Getreidesorten bis hin zu Seifen und Gewürzen auf fünfzig Quadratmetern Verkaufsfläche bei „Füllharmonie“. In Gläsern, Kanistern und in Spendern an der Wand laden sie ein zum Stöbern.
„Kundinnen und Kunden können bei uns einfach soviel kaufen, wie sie auch brauchen und das ohne Müll“, erklärt Stefanie Jendreizik, die Füllharmonie zusammen mit Tobias Weinmann betreibt, das Konzept. Die Geschäftsleute sind froh, dass sie nun endlich Eröffnung feiern konnten nach dem Umbau.
Luft riecht nach Holz und Seife
Der Baustellen-Geruch - dieser bekannte Mix aus Farbe, feuchten Wänden und Staub - ist schon verschwunden, stattdessen duftet es nun überall im Laden: Das Holz der noch neuen, unbehandelten Möbel mischt sich mit dem Geruch der losen Seifen, der Kekse, der Gewürze.
Der Einkauf selbst läuft nach einem einfachen Prinzip ab: Kunden können von zu Hause Behälter mitbringen, wiegen die leeren Gefäße und füllen sie mit der Ware. „Die Behälter werden an der Kasse von uns dann noch einmal gewogen und die Differenz zwischen dem ersten und diesem Gewicht ist dann das Gewicht der Ware, das der Kunde zahlt“, erklärt Stefanie Jendreizik.

Im Unverpackt-Laden können die Kunden stöbern und dann einfach soviel kaufen, wie sie brauchen: Das Angebot reicht von Pflegeprodukten über Öl und Getreide bis hin zu Gewürzen. © Daniel Magalski
Plastiktüten gibt es bei Füllharmonie nicht, auch Papiertüten sollten eher die Ausnahme für behälterlose Situationen sein, wünschen sich Jendreizik und Weinmann. Das Ziel: Müll soweit wie nur machbar zu vermeiden, denn „die Deutschen sind die größten Müllerzeuger“. Glasbehälter können die Kunden aber auch direkt im Laden kaufen, so steht einem spontanen Einkauf nichts im Wege.
Unverpackt schon als Kind
Für Herjo Steinberg war der Besuch bei Füllharmonie am Mittwoch (15. Juni) seine „Unverpackt-Laden-Premiere“, wobei das nicht ganz stimmt: „Unverpackt-Läden kenne ich aus meiner Kindheit“, schmunzelt der Lüner. Im Ort, in dem Steinberg damals lebte, kaufte man noch im Milch-Geschäft. Die Milch füllte die Verkäuferin direkt in die Kanne. „Schlagsahne kauften wir dort auch lose, denn wir hatten keinen Mixer.“
Bettina Brückner wohnt in Bergkamen, arbeitet aber in Lünen. Brückner ist froh, dass nun ein Geschäft mit loser Ware eröffnete, denn „ein Laden wie Fühlharmonie fehlte hier in Lünen“. Wenn Bettina Brückner bisher müllfrei einkaufen wollte, fuhr sie dafür nach Dortmund.
Von Lünen aus fanden sich bisher hier die nächsten Unverpackt-Läden. Die Fahrt machte den Einkauf da natürlich nicht besonders umweltfreundlich, doch das ist ja nun vorbei: „Füllharmonie“ liegt für Brückner auf dem Heimweg.
Traum, aber auch ein Abenteuer
Der Traum vom Unverpackt-Laden ist für die Inhaber Stefanie Jendreizik und Tobias Weinmann aber auch ein Abenteuer. Ihre Jobs - sie war Erzieherin, er Groß- und Einzelhandelskaufmann - kündigten sie und widmen ihre volle Aufmerksamkeit nun ihrer Idee.

Die Törtchen sehen lecker aus, sind aber nichts für den süßen Zahn: Die Cupcakes sind eine Art Seife für die Badewanne. © Daniel Magalski
„Das Interesse der Menschen war in den ersten Tagen nach der Eröffnung schon groß und wir hoffen natürlich, dass das so bleibt“, so Tobias Weinmann. „Die Welt werden wir mit unserem Laden zwar wohl nicht retten, aber es ist ein Anfang.“
Der Kreis Unna ist meine Heimat, im Beruf wie im Privaten. Die Geschichten der Menschen in Lünen und Selm zu erzählen, das ist seit über zwanzig Jahren meine Leidenschaft - und für die Ruhr Nachrichten schaue ich auch gerne über die Grenzen nach Nordkirchen und Olfen.