Letzter Flug für Holger Hoven Christoph-8-Pilot geht in den Ruhestand

Letzter Flug für Holger Hoven: Christoph-8-Pilot geht in den Ruhestand
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Nicht nur die Augen von Holger Hoven wurden feucht, als er am Freitag, 6. Oktober, zum letzten Mal aus dem Christoph 8 gestiegen ist. 18 Jahre lang war er als Pilot in Lünen tätig, baute die Station neu auf, die er ab 2007 dann auch geleitet hat. Möglich wurde das erst durch einen Deal mit seinem ehemaligen Chef - und eine Expedition an den Südpol.

Während Hoven 1984 beim Bund war, hat der gelernte Dreher die Ausbildung zum Hubschraubermechaniker gemacht, aber fliegen durfte er aus medizinischen Gründen nicht. Erst nach seinem Wechsel zu einer Essener Firma konnte er seinen Flugschein machen. „Ich habe zwei Antarktisexpeditionen als Techniker begleitet. Für die erste Expedition war gefordert, dass einer der Techniker einen Pilotenschein haben muss. Weil nur für jeden Hubschrauber ein Pilot da war”, erklärt Hoven. Diese Regelung war die Grundlage für seinen Deal mit dem Chef. Hoven machte die Expedition bei selbem Gehalt, ohne die Zuzahlungen für die Arbeit im Ausland. Unternehmen bezahlte dafür den Pilotenschein.

Zweimal war Hoven am Ende der Welt, zuerst dreieinhalb Monate, beim zweiten Besuch ein halbes Jahr. Er begleitete Expeditionen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, bei der Forscher die Plattentektonik untersuchten. Reisen, die ihn noch bis heute prägen.

„Wenn man nach Monaten von dort wieder zurückkommt, sieht man die Welt mit etwas anderen Augen. Es gibt dort keine Lebensformen, weder Gras noch Tiere, nichts. Und das Leben dort ist nicht einfach”, sagt der 59-Jährige und erklärt weiter: „Man lernt, wie zerbrechlich der Mensch letztendlich ist und wie gewaltig die Natur ist. Also allein was Entfernungen angeht, was Größen betrifft, zum Beispiel die der Gletscher. Die Natur verhindert dort jegliche Lebensform. Wenn man dort nicht mit der Natur lebt, wird sie einen umbringen.”

Doch nicht nur dieses Erlebnis hat er von seinen Reisen mitgenommen. Während seiner Zeit am Südpol wurde er Zeuge eines beeindruckenden Naturschauspiels. „Das war im Februar. Am Südpol ist es ja zu der Zeit noch 24 Stunden hell. Da bin ich nachts aufgestanden, weil ich sehen wollte, wie die Sonne das erste Mal wieder den Horizont berührt. Das war gigantisch.”

Kindheitstraum erfüllt

Mit dem Pilotenschein hat sich Hoven seinen Lebenstraum erfüllt. Schon als kleines Kind wollte er Helikopterpilot werden. Als er ungefähr zehn Jahre alt war, gab es in seinem Nachbarort eine Bundeswehrübung, bei der auch ein Hubschrauber beteiligt war. „Ich habe mich abends angeschlichen, weil ich sehr neugierig war. Doch ein Hauptmann hat mich dann erwischt und hat mir den Hubschrauber gezeigt. Da war ich so begeistert von, das ich eigentlich immer Pilot werden wollte”, erzählt Hoven. Ein Traum, den er so lange verfolgte, bis er in Erfüllung gegangen ist.

Auch in seinem Privatleben hat Hoven viel mit der Luft zu tun. Er selbst beschreibt sich als „luftverbundenen Menschen”. „In meiner Freizeit mache ich Paragliding und gehe gern segeln. Alles hat irgendwie mit Wind und Luft zu tun. Das wird auch in Zukunft so sein. Ich kann nicht ohne die Fliegerei. Ich habe das Glück zu sagen, dass ich mein Hobby zum Beruf gemacht habe.” Hätte er die Möglichkeit, sein Leben noch mal zu leben, würde er alles noch mal genauso entscheiden, wie er es getan hatte.

Auch als Sportflieger im Hubschrauberfliegen war Hoven aktiv – und war dabei erfolgreich. Zuerst war er bei einer Meisterschaft als Bodencrew tätig und hat dabei Blut geleckt. „Das war bei den European Rotorings. Das fand ich so faszinierend, dass ich gesagt hab, wenn ich mal einen Schein hab, will ich daran teilnehmen. Kurz danach habe ich den Schein gemacht und 1991 das erste Mal bei einer Meisterschaft teilgenommen”, sagt Hoven. Zwischen 1991 und 2008 wurde er sechsmal Deutscher Meister und mit der Nationalmannschaft einmal Vizeweltmeister.

Lüner Station mit aufgebaut

Nachdem er 1990 seinen Flugschein gemacht hatte, kam er 2005 nach Lünen. Dort war nach dem Rückzug des BGS-Sanitätsdienstes war der ADAC eingezogen. Zusammen mit Thomas Kade, der jetzt der Nachfolger Hovens ist und die Leitung der Station übernimmt, hatte er die Station am Marienhospital Lünen übernommen. Die beiden verbindet mittlerweile eine enge Freundschaft. So ist Hoven der „beste Kumpel” von Kade geworden.

Besonders in Erinnerung werden Kade immer das zwischenmenschliche Verhältnis und der faire Umgang miteinander bleiben, aber auch das technische Fachwissen Hovens hat die Station geprägt. Dementsprechend groß sind die Fußstapfen, die Kade jetzt füllen muss. „Holger ist ein Pragmatiker, der die Dinge angepackt und viel nach vorne gebracht hat. Wir werden die alten Fußstapfen mitnehmen, und es werden sich neue dazu gesellen”, gibt Kade einen Ausblick auf die Zukunft der Station. Auch bei diesen zukünftigen Fußstapfen spielt Hoven eine entscheidende Rolle. So bildete er Piloten und Co-Piloten des ADAC aus, die nun in Zukunft seine Position mit einnehmen sollen.

Ein wichtiges Credo bei der Ausbildung ist dabei, brenzlige Situationen früh genug zu erkennen, sodass keine Gefahr entsteht. So kann er sich an keine gefährliche Situation erinnern, die er als Pilot miterlebt hat. Probleme in Lünen und im Ruhrgebiet gäbe es allerdings doch, die zu kritischen Situationen geführt haben. „Es gibt blöde Plätze, die sind halt sehr eng, da taucht im letzten Moment dann zwischen den Büschen irgendwie eine Laterne auf oder so, das ist alles nicht schön”, erklärt Hoven.

Er sieht den Grund dabei in der Städteplanung im Ruhrgebiet. So wurde alles zugebaut und es gäbe, laut Hoven, fast nur beengte Landeplätze für Hubschrauber. Ein Beispiel dafür ist ein Einsatz, bei dem Hoven den Rettungshubschrauber im Lüner Tobiaspark landen musste.

In seiner Tätigkeit als Pilot für Rettungshubschrauber ist ihm ein Fall in Erinnerung geblieben, den er aufgrund des Ausgangs nie vergessen wird: „Ein Mann ist mit seinem Kajak vor einem Stauwehr an einem Fluss gefahren, der eigentlich abgesperrt war und ist gekentert.“ Lange Zeit habe der Mann unter Wasser gelegen. „Wir haben ihn ins Krankenhaus gebracht und die haben den ganz vorsichtig wieder warm gemacht. Und der Mann ist tatsächlich ohne Schaden wieder nach Hause gegangen.” Eben diese Erlebnisse, in denen man Menschen hilft, sind für Hoven das Besondere an dem Beruf. „Dass ich viele Menschenleben retten konnte: Diese Verbindung ist eigentlich das Geile an dem Beruf”, so Hoven.

Viele Gäste kamen zu Abschied

Doch nun ist für ihn Schluss. Zwei Tage vor seinem 60. Geburtstag hat er seinen letzten Arbeitstag und Flug in Lünen. Zu seinem Abschied gab es ein volles Haus im Hangar am St. Marienhospital in Lünen. So wollte nicht nur die Feuerwehr, sondern auch Dr. Rafael Pulina, der Regionalleiter Flugbetrieb Dirk Buchholz, die Familie von Hoven und viele mehr ihm einen besonderen Abschied bescheren.

Der Abschied von der Lüner Station hat gesetzliche Gründe: Ab 60 ist es nicht mehr erlaubt, Single-Cockpit-Hubschrauber zu fliegen. Der Fliegerei und dem ADAC wird er aber wohl nicht den Rücken kehren. „Der ADAC betreibt ein Forschungsprojekt für den Volocity im Rettungsdienst. In dieser Projektgruppe bin ich schon seit ein paar Jahren mit drin und begleite das von einer fliegerischen Seite her. Wenn alles gut läuft, werde ich dort in der Firma weiterarbeiten”, gibt Hoven einen Ausblick auf seine Zukunft.

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