Komplett anders als zurzeit war die Situation vor 25 Jahren: Während inzwischen junge Hausärzte und -ärztinnen händeringend gesucht werden, hatten sie damals Mühe, überhaupt einen Praxisplatz zu finden. Für Dr. Christian Geiping (61), Facharzt für Innere Medizin, bot sich die Chance in Lünen. Der Mediziner, der vorher am Klinikum Dortmund tätig und dort auch als Notarzt unterwegs war, konnte die alteingesessene Praxis von Dr. Johannes Vennebusch an der Münsterstraße/Ecke Ernst-Becker-Straße übernehmen. Die dort noch installierte Röntgenanlage ersetzte er durch Ultraschalldiagnostik. 2012 richtete er sich ganz neu ein: Christian Geiping zog in moderne Räume des Facharztzentrums Mersch. Am 1. Juli feierte er silbernes Praxisjubiläum.
Seine Patienten kommen oft schon in der zweiten und dritten Generation zu ihm zur Behandlung. Gerade das macht für ihn den Hausarztberuf aus. Es gebe jeden Tag etwas Neues und Spannendes . „Ich hätte nichts anderes machen wollen“, sagt er rückblickend. In seinem beruflichen Alltag hat er Schönes, Schweres, Berührendes und Erheiterndes erlebt. Wenn er einen sterbenden Patienten begleitet, der bis zuletzt zuhause von der Familie umsorgt wird, dann hat der Arzt davor „großen Respekt“, wie er berichtet. Eindrücklich in Erinnerung ist ihm, als er bei zwei geflüchteten Patienten großflächige Narben von Brandbomben am Körper sah. „Da lernt man Demut“, sagt Christian Geiping. Für ihn hätten diese Menschen jedes Recht der Welt, „dass wir uns um sie kümmern.“
Er erlebt auch Situationen zum Schmunzeln. Wenn ein junger Patient beim Gebrauch des Asthmasprays den Arm hochstreckt, um zehn Sekunden abzuzählen. Davon berichtete Christian Geiping einem 87-Jährigen. Lustige Anekdote: Später meldet sich dessen Frau verwundert, warum ihr Mann bei der Einnahme von Asthmaspray den Arm heben soll. Es gibt viele Momente, die für Christian Geiping den Beruf des Hausarztes spannend machen.
Kollegiales Notdienstsystem

Sechs Mitarbeitende sind in seiner Praxis tätig, die als akademische Lehrpraxis der Uni Münster auch Studenten ausbilden kann. Vor fünf Jahren sattelte Christian Geiping noch eine zusätzliche Facharztausbildung zum Allgemeinmediziner auf. Er hat zudem eine Ermächtigung, junge Assistenzärzte- und ärztinnen weiterzubilden. Geiping möchte das Hausarzt-Virus und die Begeisterung an seinem Beruf weitergeben.
Schon früh hat er ein kollegiales Notdienstsystem für Ärzte in der Innenstadt und dem Lüner Norden organisiert. Demnächst kommen Kollegen und Kolleginnen aus dem Lüner Süden dazu. Durch die geregelten Vertretungen sind geöffnete Praxen auch zwischen den Jahren oder über Brückentage gesichert. Das ermöglicht anderen die Chance auf Urlaub.
Geiping sieht auch das als Standortfaktor für Lünen. Ärzte könnten sich freinehmen, weil die Dienste feststehen. Eine Whats-App-Gruppe hat sich vor allem in Corona-Zeiten bewährt. Darüber sind Lüner Mediziner vernetzt und können im Notfall auch mal SOS funken.
Hütehunde halten auf Trab
Christian Geiping ist in Haltern geboren und in Lüdinghausen aufgewachsen. Er studierte in Bochum und Münster. Ein Semester war er am Royal Melbourne Hospital tätig. An der Lungenklinik in Hemer und am Klinikum Dortmund arbeitet der Mediziner, bevor er sich in Lünen niederließ.
Der Vater zweier Söhne ist längst in der Lippestadt angekommen. Zuhause halten ihn seine drei Berger des Pyrénées, Pyrenäen-Hütehunde, auf Trab. Demnächst soll es wieder Welpen geben. Bis Corona kam, hat er sich mit Judo fit gehalten. Der Hausarzt ist gerne mit dem Fahrrad unterwegs. Im Urlaub geht es bevorzugt nach Schweden.
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