Bei Dagmar Steinkuhl liegen die Nerven sichtlich blank. Seitdem im Sommer 2022 die neue A2-Auffahrt „Lünen-Süd“ eingerichtet wurde, ist sie als Anwohnerin der Preußenstraße in Lünen-Horstmar mit einem täglichen - und nächtlichen - hohen Lärmpegel konfrontiert. Fast nahtlos donnern Autos, Kleinlaster und auch zahlreiche Lastwagen an ihrem Haus, das schräg gegenüber des Preußen-Bahnhofs liegt, vorbei. Auch andere Anwohner sind bereits an die Öffentlichkeit gegangen - bislang erfolglos. Sie haben Werte von 74 Dezibel auf ihrem Balkon hinter dem Haus gemessen. Die Weltgesundheitsorganisation stuft Werte ab 53 Dezibel als bedenklich ein.
Auch auf dem Balkon von Dagmar Steinkuhl, der seitlich an dem Haus angebracht ist, ist ein normales Gespräch kaum möglich. „Dieses Haus wurde 1928 erbaut und ich wohne hier seit 60 Jahren“, erzählt die 81-Jährige. „Wir hatten immer mit Straßenlärm zu tun. Und wenn man hier wohnt, muss man auch mal was aushalten können. Aber das hat jetzt solche Ausmaße angenommen, dass ich mir auch noch ganz andere Sorgen machen muss.“ Diese anderen Sorgen betreffen die Statik des Hauses. Denn wenn große Lastwagen vorbeifahren, dann wackelt das ganze Haus. Dagmar Steinkuhl zeigt Risse in der Wand ihrer Küche und der Fassade.

„Keiner hält sich an die Geschwindigkeit“, sagt die Seniorin. 50 Kilometer pro Stunde sind hier erlaubt. Ein paar Hundert Meter weiter in der Bebelstraße beginnt „aus Lärmschutzgründen“ die 30er-Zone. „Vor allem abends ist das ein Problem“, sagt Steinkuhl. „Wenn ab 17 Uhr die Laster vorbeidonnern, dann bebt das ganze Haus. Sogar Schränke rücken dann von der Wand ab und das Geschirr klirrt.“
Ihr ganzes Erwachsenenleben wohnt sie in diesem Haus, dessen Eigentümerin sie ist. In der Wohnung im zweiten Obergeschoss des zweistöckigen Hauses lebt ihre halbseitig gelähmte Tochter. Ein Lift wurde extra eingebaut. Ein Umzug ist also aus verschiedenen Gründen keine Option. Auch Dagmars Mann Bernd empfindet die Situation als „sehr störend“. „Jede einzelne Erschütterung kann dem Haus nicht guttun“, gibt er zu bedenken.
Das Ehepaar und auch Tochter Angela wünschen sich im besten Fall eine Umleitung für Lastwagen um die Preußenstraße herum, wenigstens aber eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Kilometer pro Stunde.

Thema im Ausschuss
Tatsächlich wurde das Thema der Einrichtung einer 30er-Zone bereits im Ausschuss für Sicherheit und Ordnung im August 2023 unter dem Tagesordnungspunkt „Anregung gem. § 24 GO i. S. Bürgerantrag Zone 30 km/h auf der Preußenstraße und Verkehrszählung Preußenstraße“ besprochen.
Eine schriftliche Stellungnahme der Verwaltung lag nicht vor. Albrecht Buscher, Leiter des Fachdienstes Mobilitätsplanung und Verkehrslenkung äußerte sich jedoch mündlich: „Aufgrund der Großbaustelle an der B54 besteht derzeit an der Preußenstraße eine gestörte Verkehrssituation, sodass es keinen Sinn macht, jetzt eine Verkehrszählung durchzuführen, aus der dann wieder die Beeinträchtigungen aus der Großbaustelle herauszurechnen wären“, sagte er.
Buscher regte daher an, die Fertigstellung der Großbaustelle B54 abzuwarten und erst dann zu prüfen, wie sich der Verkehr vom A2-Anschluss in Richtung Preußen-/Bebel- und Derner Straße tatsächlich darstelle, und ob sich daraus die Notwendigkeit zur Geschwindigkeitsreduzierung ergebe.
Die Verwaltung möchte also abwarten, ob sich nach Ende der Baustelle an der B54 der Verkehr setzt. Dann soll eine Verkehrszählung durchgeführt werden. „Erst nach einer Verkehrszählung kann über eine Ausweisung als 30 km/h-Zone entschieden werden“, heißt es in den Ausschuss-Unterlagen. Straßen.NRW geht aktuell von einer Fertigstellung der B54-Baustelle noch in diesem Jahr aus.
