Lüner Unternehmen produziert jeden Tag zwölf Tonnen Dönerfleisch Kobe, Geflügel und Plant-Based-Kebab

Döner-Fabrik zwischen Tradition und Expansion: „Das ist Handwerkskunst“
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Der Geruch von rohem Fleisch und Gewürzen liegt in der „Düzgün“-Produktionshalle an der Wethmarheide in der Luft. Mehrere Männer - mit weißen Kitteln, roten Haarnetzen und Masken bekleidet - stecken wie im Akkord immer einen Fleischlappen nach dem anderen auf einen hohen, silbernen Spieß. Dann tranchieren die Mitarbeiter die Ränder fein säuberlich mit einem langen Messer, damit die typische, konische Form entsteht.

Die Dönerstecker produzieren hier rund 700 Spieße zwischen 3 und 100 Kilogramm - jeden Tag. „Das ist ein sehr manuelles Produkt und eigentlich schon eine Handwerkskunst“, findet Blue Yildizbakan. Er ist in der dritten Generation bei der „Düzgün Food GmbH“ als Controllingmanager angestellt und blickt mit Stolz auf die Entwicklung des Unternehmens, das sein Vater Vahap Yildizbakan sowie sein Onkel Fevzi Düzgün und dessen Bruder Yalçın Düzgün vor 17 Jahren gegründet haben.

Ein Mann neben eingepackten Dönerspießen
Fevzi Düzgün hat vor 17 Jahren die "Düzgün Food GmbH" gegründet. Hier steht er neben den eingepackten Dönerspießen, die nach dem Folieren bei -40 Grad schockgefrostet werden. © Juliane Metten-Gardiner

Seitdem hat sich das Dönerfleisch-Geschäft immens gewandelt. „Damals war die Grundidee, zwei bis drei Tonnen pro Tag herzustellen und die regionalen Shops damit zu beliefern“, erklärt Yildizbakan. Hinzu kam 2011 noch eine Kooperation mit dem BVB. Bis 2023 wurden im Stadion neben Currywurst und Pommes dann auch Döner verkauft. Blue Yildizbakan stand mit 16 Jahren ebenfalls in den Shops. Zwei Jahre vorher hatte er seine ersten Erfahrungen mit der Fleischproduktion bei einem Schülerpraktikum gesammelt.

Jetzt, mit 26, ist er mittendrin im Unternehmen. Führt durch die Produktionsstätte in Lünen und erläutert mit Freude jeden einzelnen Arbeitsschritt. An die Gerüche hat er sich schon gewöhnt. Genauso wie an das Dönerfleisch, das täglich auf seinem Teller landet. Wegen der Qualitätskontrollen und, weil es ihm „wirklich sehr gut“ schmeckt. „Ich bin damit aufgewachsen. Das ist einfach so stark im Unterbewusstsein eingeprägt und ein bisschen wie Heimat und Zuhause. All diese Sachen spiegeln sich für mich in diesem Produkt wider.“

Kein direkter Kontakt mit Konsumenten

Familie spielt in dem Unternehmen, das auch einen Standort in Brambauer und in Versmold hat, eine wichtige Rolle. So nah die Angestellten sich sind, der direkte Kontakt zu den Endkonsumenten ist mit der Zeit fast gänzlich verloren gegangen. Denn heute arbeitet die „Düzgün Food GmbH“ primär mit dem Großhandel zusammen. Aus dem kleinen Dönergeschäft ist mit der Zeit eine Industrie geworden.

Das Fleisch, das in Lünen auf die Spieße gesteckt wird, landet in ganz Europa auf dem Teller - mal als klassische Dönertasche, mal als Dönersandwich oder als Dönerpizza. Das Unternehmen bezeichnet sich selbst als Marktführer in dem Bereich. „Döner ist nicht nur in Deutschland beliebt, sondern auch in Frankreich, Italien, Spanien, Portugal, Slowenien oder Österreich“, so der 26-Jährige. In diesem Jahr will das Unternehmen sich transatlantisch - also in die USA und nach Kanada - weiter entwickeln und auch dorthin liefern.

Durch den Großhandel sei das Geschäft mit dem Dönerfleisch aber auch ein bisschen „unpersönlicher“ geworden. „Man weiß gar nicht mehr, was mit seinem Fleisch passiert, weil die ganze Lieferkettenstruktur irgendwo unterbrochen wird“, erklärt der Controllingmanager. Um dem ein wenig entgegenzuwirken, arbeitet das Unternehmen seit gut einem Jahr mit Döner-Shop-Ketten zusammen. „Da haben wir dann den direkten Kontakt und auch den Einfluss, wo unser Fleisch konsumiert wird.“

Mehrere Verpackungen nebeneinander
Diese Produkte standen einmal bei Rewe und Lidl in den Regalen. Die Zusammenarbeit mit Supermarktketten wurde 2023 jedoch beendet. Finanziell habe sich diese Branche nicht mehr rentiert. © Leonie Freynhofer

Kooperationen mit Supermarktketten wie Rewe und Lidl hat das Unternehmen hingegen 2023 beendet. In den Regalen standen damals zum Beispiel Schalen mit vorgegartem Dönerfleisch, das die Kunden nur noch warm machen mussten. Auch Pizzen im Döner-Style wurden verkauft. Aufgrund der Kostenentwicklungen in Deutschland habe sich diese Sparte aber irgendwann nicht mehr rentiert, erklärt Blue Yildizbakan.

„Der Markt dafür hat sich Richtung Polen gewandelt, weil dort unter anderem Mitarbeiter-, Lohnsteuer- und Gewerbesteuerkosten viel günstiger sind. Da versteht man natürlich den Endkonsumenten. Sie sind bereit, für ein deutsches Produkt eine bestimmte Summe zu zahlen. Aber es gibt eben auch Grenzen.“ Preissteigerungen gibt es aber auch für die Großhändler, die die fertigen Fleischspieße bei „Düzgün Food“ einkaufen. Die wiederum lagern die höheren Kosten ebenfalls um. Die Folge: Das Endprodukt Döner wird teurer. Aktuelle Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass der Verbraucherpreisindex für Rind- und Kalbfleisch im Jahr 2024 rund 34 Prozent höher war als 2020. Für Geflügelfleisch lag der Wert bei fast 38 Prozent. Dazu kommen Verteuerungen bei Getreideerzeugnissen sowie Gemüse.

Exklusiver Kobe-Döner für Hotellerie

Am Standort in Lünen-Brambauer wird derzeit nur Geflügeldönerfleisch produziert - also Hähnchen und Pute. Alles per Hand gesteckt von 17 Mitarbeitenden. Vorher werden die Fleischlappen aber noch in riesigen Mischern mariniert. „Das ist unser Herzstück, sonst schmecken die Konsumenten ja einfach nur Fleisch“, erklärt Yildizbakan und zeigt auf die großen silbernen Kübel in einem der vielen Produktionsräume. Der Geschmack, also die Zusammensetzung der Gewürze, sei seit 37 Jahren patentiert. Entwickelt habe sich in der Zeit nur die Technologie. Einen ganzen Tag ruht das Dönerfleisch dann in marinierter Form im Kühlhaus, ehe es auf den Spießen landet, die dann in Folie eingerollt bei -40 Grad schockgefrostet werden.

Am zweiten Produktionsstandort in Versmold produziere man noch andere Variationen wie den Hackfleisch-Spieß oder den Kalbslappenspieß, erklärt der Controllingmanager. Welche Fleischart am häufigsten nachgefragt wird, sei hierbei klar regional definiert. In Nordrhein-Westfalen stehe der Hähnchen-Döner ganz oben. Das Interesse an Produkten mit Putenfleisch sei hingegen in ganz Deutschland nahezu kaum vorhanden, beobachtet Yildizbakan. Eine ganz spezielle Art sei der Kobe-Döner. Ein Lappen des Kalbfleisches koste schon mal um die 140 Euro.

„Da kommt es immer auf den Kunden an, wie hoch der prozentuale Anteil vom Wagyu zum normalen Rinderlappen ist.“ Das Fleisch gehört zu den teuersten Sorten der Welt und kommt ursprünglich aus Japan. Genau dort sei auch einer der Kunden ansässig, die das Dönerfleisch von „Düzgün Food GmbH“ momentan einkaufen. „Das ist hauptsächlich in der Hotellerie gefragt“, erklärt der 26-Jährige. Aber nicht nur. In München zum Beispiel gibt es ein Restaurant, das auch Kobe-Döner im Angebot hat. „Da kostet die Tasche allerdings 37 Euro“, so der Controllingmanager.

Eine Produktionshalle
In dieser Produktionshalle entstehen jeden Tag unzählige Dönerfleischspieße. Sie werden nach ganz Europa verschickt. © Leonie Freynhofer

Zum Vergleich: In Lünen liegt ein klassischer Döner durchschnittlich bei fünf bis sechs Euro. Dass dieser Preis in den vergangenen Jahren deutlich nach oben geklettert ist, damit wird auch Yildizbakan oft konfrontiert. Er versucht dann immer darzulegen, wofür Konsumenten bei einem Döner ihr Geld ausgeben. „Das sind ja frische Zutaten. Und nicht wie bei Fast-Food-Ketten vermehrt Nahrungsergänzungsmittel.“ In seinem Unternehmen könne man die Herkunft des Fleisches genau zurückverfolgen. Die Rohstoffprodukte bezieht „Düzgün Food“ aus Deutschland, Belgien und den Niederlanden. „Wir werden hier mit frischer Ware beliefert, nicht etwa mit gefrorenen Produkten.“ Und für diese Qualität sei er dann auch gewillt, mehr Geld auszugeben.

Mehr Zusammenhalt in der Dönerbranche

Vegetarier und Veganer kommen bis hierhin nicht auf ihre Kosten. Um aber auch diese Gruppe zu bedienen, hat das Unternehmen im April 2024 den Plant-Based-Kebab auf den Markt gebracht. Es gebe dafür durchaus Abnehmer, aber im Vergleich zu den Fleischvarianten sind die Produktionszahlen momentan noch gering. „Im Monat verkaufen wir maximal eine Tonne.“

Zum Vergleich: In den Hallen an der Wethmarheide werden laut Yildizbakan täglich durchschnittlich 12 Tonnen Fleisch fertiggestellt, in der Woche seien es bis zu 40 Tonnen. „Am Ende entscheiden die Endkonsumenten. Ich würde mir aber wünschen, dass noch mehr den Plant-Based-Kebab einkaufen.“ Im Dönerladen gebe es zwar das Halloumi-Sandwich, eine Salat-Tasche oder eine Pommes-Tasche. „Aber das ist ja kein Döner. Wir wollen eine Variation vom Döner produzieren und nicht eine Alternative.“ Blue Yildizbakan ist sich bewusst, dass dieser Markt wohl noch ein bisschen Zeit brauche.

Ein Mann neben einem Plakat mit Döner
Bei Blue Yildizbakan kommt Döner jeden Tag auf den Teller. Für ihn ist das Essen eng verbunden mit einem Heimatgefühl. © Leonie Freynhofer

Für die Zukunft hat der 26-Jährige nicht nur für das Unternehmen seiner Familie, sondern auch für die Branche klare Vorstellungen. Er wünscht sich in der Industrie mehr Zusammenhalt, um den „Konsumenten eine bestimmte Standard-Qualität“ zu bieten. Auch um Skandalen die Stirn zu bieten, die „automatisch ein negatives Image“ auf die ganze Branche werfen würden. Dass die Menschen hierzulande hinter dem Döner als „deutsches Produkt“ stehen, sei künftig ebenfalls von großer Bedeutung. Für die „Düzgün Food GmbH“ wünscht sich der Controllingmanager, dass „niemals der Pioniergeist“ verloren geht. „Wir vergessen nicht die Tradition. Aber wir gehen auch mit der Zeit und haben keine Angst vor der Zukunft.“

Zum Thema

Das Unternehmen im TV

Am 12. Februar (Mittwoch) startet die neue Staffel der WDR-Dokuserie „Wer kann das bezahlen“. Dafür hat Moderatorin Anna Planken für die erste Folge auch das Dönerunternehmen „Düzgün“ in Lünen besucht - zu sehen ab 21 Uhr.