Zum zweiten Mal in Folge wurden in der Silvesternacht in Lünen Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr angegriffen. Erneut spielte sich der Vorfall in Brambauer ab – wieder warfen Unbekannte an der Waltroper Straße Böller auf Rettungskräfte. Ein Feuerwehrmann erlitt ein Knalltrauma.
Nach der verheerenden Knallerei zum Jahreswechsel mit fünf Toten und zahlreichen Verletzten ist eine neue Diskussion um ein Böllerverbot entstanden. Die Gewerkschaft der Polizei und die Deutsche Umwelthilfe übergaben am 6. Januar eine Petition zum Böllerverbot mit rund zwei Millionen Unterschriften an das Bundesinnenministerium.
Auch in Lünen besitzt das Thema Sprengkraft. Die Meinungen der Fraktionen zum Böllerverbot gehen teilweise sehr weit auseinander.
GfL: „Verschärfungen zeitnah umsetzen“
Die Wählergemeinschaft Gemeinsam für Lünen (GfL) spricht sich für ein Böllerverbot aus. „Der Einsatz von Feuerwerkskörpern und Böllern hat aktuell Ausmaße angenommen, die so nicht mehr hinnehmbar sind.“ Dementsprechend müsse aus Sicht der GfL der Umfang des Feuerwerks zu Silvester zukünftig sowohl räumlich als auch zeitlich stärker eingeschränkt werden. Dies könne nur durch entsprechende stärkere Reglementierungen und konsequentere sowie schärfere Kontrollen der zuständigen Institutionen erfolgen. „Die Verschärfungen sollten zeitnah umgesetzt werden.“
In eine ähnliche Kerbe schlagen die Grünen und beziehen sich auf den Nabu. „Die gefährliche Ballerei ist umwelt- und naturschädlich und einfach nicht mehr zeitgemäß.“
CDU: „Traditionen bewahren“
Anders sehen es dagegen die CDU und FDP. „Die CDU Lünen spricht sich grundsätzlich gegen ein generelles Böllerverbot aus, da ein solches Verbot in der Praxis kaum kontrollierbar ist“, teilt die Fraktion mit. Es sei wichtig, dass Traditionen bewahrt werden, gleichzeitig aber die Sicherheit und der soziale Frieden im Fokus stehe.
Etwas weiter geht die FDP: Ein allgemeines Böllerverbot sei nicht zielführend. „Wir sind der Meinung, dass ein Verbot eher dazu führt, dass sich noch mehr Leute mit illegalem Feuerwerk aus dem Ausland eindecken“, argumentiert Pascal Rohrbach, der Vorsitzende des Stadtverbands. Die Frage sei, wer ein allgemeines Verbot eigentlich umsetzen solle. „Verbote, die man nur symbolisch verhängt, aber eben nicht durchsetzen kann, sind aus unserer Sicht nicht zielführend.“
Die Partei vertritt den Standpunkt, dass eine überwältigende Mehrheit der Gesellschaft verantwortungsvoll mit Feuerwerkskörpern umgehe und friedlich feiere. „Diese Freiheit wollen wir als Freie Demokraten nicht beschränken.“
Die SPD will sich nicht klar äußern und teilt mit: „Unsere kurze Diskussion hat gezeigt, dass es durchaus unterschiedliche Positionen zu dem Thema gibt. Sowohl die Pro-, als auch die Contra-Position haben gute Argumente auf ihrer Seite.“

Ein weiterer Streitpunkt in der öffentlichen Diskussion sind Böllerverbotszonen. In Dortmund gab es jahrelang eine solche Zone rund um die Möllerbrücke, in der Kampstraße und in der Nähe des Dortmunder U. Die Stadt Lünen verzichtete bisher darauf. „In den vergangenen Jahren waren an Silvester in Lünen keine größeren Vorkommnisse im Zusammenhang mit dem Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände zu verzeichnen. Diese Erkenntnisse und Erfahrungen rechtfertigen die Festlegung einer Böllerverbotszone nicht“, argumentierte Stadtsprecher Alexander Dziedeck vor dem vergangenen Jahreswechsel.
Die CDU meint hierzu: „Die Stadtverwaltung sollte prüfen, ob an bestimmten Punkten, die sich in der Vergangenheit als Hotspots für Missbrauch oder Gefährdung erwiesen haben, ein gezieltes Böllerverbot auf bestimmten Flächen ausgesprochen werden kann. Ein solches Verbot sollte jedoch nur dann umgesetzt werden, wenn es auch tatsächlich kontrollierbar ist, um einen Beitrag zu mehr Sicherheit zu leisten.“
Auch die FDP findet, dass punktuelle Böllerverbotszonen durchaus sinnvoll sein können. „Ob und an welchen Plätzen das sinnvoll sein kann, muss immer im Einzelfall geprüft werden. Verbote für ganze Stadtteile lehnen wir allerdings ab, weil wir sie nicht für zielführend halten.“ Die GfL erklärt hierzu, dass dazu im Ausschuss für Sicherheit und Ordnung zu beraten und dann auch zu entscheiden sei.

Die GfL hatte übrigens im Dezember des vergangenen Jahres angeregt, die Durchführung eines Feuerwerks zum Drachenfest zu prüfen und regte ein „alternatives Lichtspektakel“ an. Ähnlich argumentiert die Wählergemeinschaft auch beim Blick auf Silvesterfeuerwerk. Auch die Grünen sagen hierzu: „Zentrale Lichtshows sind eine gute Alternative, um das neue Jahr zu begrüßen.“
Die CDU plädiert aus Umweltschutzgründen dafür, möglichst auf Feuerwerk zu verzichten. Die Feinstaubbelastung und der Müll, der durch Böller und Raketen entsteht, seien nicht zu unterschätzende Faktoren, die einer nachhaltigen Stadtentwicklung entgegenstehen.
Probleme nicht nur in Brambauer
Mit Blick auf die wiederholten Vorfälle in Brambauer entsteht auch die Frage, wie man solchen Angriffen vorbeugen kann. Die FDP vertritt die Position, dass die Erhöhung der Präsenz von Ordnungskräften an den betroffenen Orten eine wichtige Maßnahme sein muss. „Wer Einsatzkräfte angreift, darf am nächsten Tag nicht einfach wieder seinem Alltag nachgehen, sondern sollte sich für seine Taten verantworten müssen.“ Und: Mehr Aufklärung im Vorfeld der Silvesternacht könne ebenfalls einen wichtigen Beitrag leisten.
Die SPD meint hierzu: „Wenn es einen Königsweg gäbe, würde dieser sicherlich schon intensiv diskutiert werden. Eines ist aber auch klar: Wir sollten nicht den Eindruck erwecken, dass es aufgrund von einzelnen Vorkommnissen ein Problem wäre, das es nur in Brambauer gibt.“ Alle Fraktionen sind sich darin einig: „Gewalt gegen Rettungskräfte ist ein Angriff auf uns alle.“
Beim Thema Verkaufsbeschränkungen von Feuerwerk halten sich die meisten Fraktionen zurück. Lediglich die GfL teilt mit: „In diesem Bereich müssen unbedingt stärkere Reglementierungen erfolgen. Es kann doch nicht sein, dass viele Privatpersonen Kofferraumladungen an Feuerwerk kaufen.“
Klarstellung
Auch die anderen Fraktionen des Stadtrats Lünen – Linke, NWL und AfD – wurden angefragt. Eine Antwort blieb jedoch aus.