
© Kristina Schröder / Montage Klose
Die tägliche Suche nach dem heiligen Gral: Welche Flasche darf es sein?
The Fretful Father
Jeden Morgen durchlebt unser Fretful Father ein Ritual, das ihn an eine Szene aus einem Indiana-Jones-Film erinnert. Nur die Folgen sind im Fall einer falschen Wahl weitaus schlimmer.
Mein Kollege Florian Habersack fragte in unserer jüngsten Konferenz, ob das Thema Trinkflaschen in den Schulen nicht etwas sei, das Familien aktuell beschäftigt. Ich habe ihm nicht geantwortet, weil die Frage in meinem Kopf sofort einen Film in Gang gesetzt hat: „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“, in dem Indy (Harrison Ford) und sein Vater Henry Jones (Sean Connery) den heiligen Gral suchen und am Ende auch finden.
Im Film steht Indy mit dem Nazi-Sympathisanten Walter Donovan vor einer Reihe von Kelchen, Donovan (beziehungsweise seine Komplizin) sucht sich den schönsten aus. Der Fiesling trinkt daraus - und zerfällt in wenigen Sekunden zu Staub. Indiana Jones löst die Szene dann, in dem er logisch denkt: Jesus war Zimmermann, also muss der Gral ein einfacher Becher sein - weise Entscheidung!
Die Szene erlebe ich im Grunde jeden Morgen - in der Küche. Ich stehe vor diversen Trinkflaschen und muss herausfinden, welche ich dem jeweiligen Kind mit in die Schule oder Kita gebe. Mit logischem Denken komme ich allerdings nicht weit, weil die Flasche, die am Vortag richtig war, es nicht zwingend auch heute sein muss. Weil sie vielleicht am Vortag ausgelaufen ist. Oder Tochter Nummer zwei sie nicht alleine öffnen konnte. Oder die Farbe jetzt doch einfach hässlich ist. Es ist halt immer ein Nervenkitzel mit absolut ungewissem Ausgang.
Ein Trinkpäckchen für einen Tag
Allerdings glaube ich, dass mein geschätzter Kollege auf etwas anderes hinauswollte: Früher (dass ich dieses Wort einmal benutzen würde, um eine Perspektive aus meiner Sicht einzuleiten...) hat mir meine Mutter immer ein Trinkpäckchen Kakao eingepackt.
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Ob Steuern, Familienrecht, Ausflugstipps oder Einblicke in den Alltag junger Familien. Auf unseren Internetportalen finden Sie exklusive Inhalte für Eltern und Kinder: Ruhr Nachrichten | Hellweger AnzeigerWas damals völlig normal war, ist heute gleich auf mehreren Ebenen verstörend: Zum einen produzierte ich täglich Müll (meine Lehrer würden dem wohl zustimmen), zum anderen war die Zuckerzufuhr um ein Vielfaches zu hoch, und obendrein war die Menge an Flüssigkeit für einen Sieben-Schulstunden-Tag plus Nachmittagssport bei weitem nicht ausreichend. Theoretisch. Praktisch sind wir nach der sechsten Stunde schnell in den Supermarkt gegenüber gelaufen und haben uns was zu trinken geholt. Meistens Eistee. Im Tetrapack. Es waren halt andere Zeiten.
Da man ja mit der Zeit älter und weiser wird, möchte ich natürlich nicht, dass meine Kinder diese Fehler wiederholen (und nein, ich mache meiner Mutter auch keinen Vorwurf, damals war das wie bereits erwähnt völlig normal).
Kunststoff, Glas oder Edelstahl?
Womit wir zum Kern des Problems vorstoßen: Welches Getränk in welchem Gefäß? Der erste Teil ist schnell beantwortet und wirft gleich ein neues Problem auf: Unsere Kinder verlangen Sprudelwasser. Dadurch entwickeln manche Flaschen einen, sagen wir mal, explosiven Charakter; und das gerne bereits morgens in der Küche. Und dann kommen wir zum Material: Kunststoff und Plastik sind selten frei von Schadstoffen, selbst wenn „BPA-frei“ draufsteht. Glas hat in den Händen meiner Kinder eine Halbwertszeit von eineinhalb Tagen, also wird das nichts mit der Nachhaltigkeit.
Außerdem gibt das fiese Schnittwunden. Edelstahl entwickelt mitunter einen derart starken Eigengeschmack, dass man den Eindruck bekommt, irgendwo ganz in der Nähe sei ein Atomreaktor havariert.
Und da stehe ich nun allmorgendlich als Indiana Jones in der Küche und grüble vor mich hin. Wenn ich die falsche Wahl treffe, bricht nicht nur ein Höllensturm über mich herein, der den ganzen Tag andauern kann - er wird sich auch immer und immer wieder allmorgendlich wiederholen. Dieses Problem hat Walter Donovan nach seiner falschen Wahl im Film definitiv nicht.
(Vorsicht, das Video ist nicht für Kinder geeignet!)
ZWISCHEN BESORGT UND VERÄRGERT
In seiner Kolumne „The Fretful Father“ schreibt Reporter Daniel Claeßen über Dinge, die ihn als Familienvater bewegen. Und auch wenn er die Probleme seiner Kinder stets ernst nimmt, ist hier nicht immer alles ernst gemeint. Der Titel der Kolumne ist angelehnt an das „Fretful Mother Magazine“ aus der Serie „Die Simpsons“. Womit auch klar ist, dass hier immer mal wieder das Kind im Manne durchkommt. Außerdem kann „fretful“ nicht nur „besorgt“, sondern auch „quengelig“, „weinerlich“ und „verärgert“ bedeuten - womit die Gefühlsspanne unseres Autors ziemlich gut abgebildet wird.Journalist, Vater, Ehemann. Möglicherweise sogar in dieser Reihenfolge. Eigentlich Chefreporter für Lünen, Selm, Olfen und Nordkirchen. Trotzdem behält er auch gerne das Geschehen hinter den jeweiligen Ortsausgangsschildern im Blick - falls der Wahnsinn doch mal um sich greifen sollte.
