DGB-Chef aus Lünen riskiert für Einzug in den Rat Parteiausschluss

© Günther Goldstein

DGB-Chef aus Lünen riskiert für Einzug in den Rat Parteiausschluss

rnStreit in der SPD

Hans-Georg Fohrmeisters Herz schlägt seit mehr als 50 Jahren für die SPD. Sagt er. Andere sagen, der Gewerkschaftler schade seiner Partei gerade. Dabei will er nur eines: im Rat bleiben.

Lünen

, 07.09.2020, 14:25 Uhr / Lesedauer: 3 min

Das Gesicht auf den Wahlplakaten kennen die Menschen in Lünen-Gahmen: Hans-Georg Fohrmeister, der Vorsitzende des fast 7000 Mitglieder zählenden Lüner Ortsverbandes des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB): ein SPD-Urgestein. Mit 17 ist der gebürtige Dortmunder in die Partei eingetreten. Das ist inzwischen 53 Jahre her. Trotz Hochs und Tiefs: Grundsätzlich gehadert habe er nie mit der alten Tante SPD, bekennt Fohrmeister. Jetzt droht ihm das Parteiausschlussverfahren.

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Nicht etwa, weil er rassistische und antimuslimische Thesen geäußert hätte wie Thilo Sarrazin, dessen Parteiausschluss die Bundesschiedskommission der SPD erst vor wenigen Wochen bestätigt hat. Der 73-jährige Fohrmeister muss sich verantworten, weil er weiter Politik für seinen Stadtteil machen will. Die SPD hatte aber nicht wie 2014 wieder ihn nominiert als Direktkandidaten für Gahmen, sondern den 31-jährigen Robin Wojtak, den neuen Vorsitzenden des Ortsvereins.

„Teamwork für Gahmen“ statt Teamwork in der SPD

Einer dieser Alten, die an ihrem Stuhl kleben und nicht Platz machen wollen für junge Nachfolger? So will Fohrmeister, der nun als Einzelkandidat antritt, das nicht verstanden wissen. Er sei ja erst einmal in den Rat eingezogen. Die Arbeit, die er dort begonnen habe, wolle er fortsetzen: „Teamwork für Gahmen“ nennt er das. So steht es auch auf dem Wahlzettel.

Dabei gehe es nicht darum, eine eigene Partei oder Wählergemeinschaft zu gründen. „Warum auch“, fragt er. Die SPD vertrete nach wie vor richtige Ziele. Nur mit dem Personal vor Ort hadert er. Und das hadert mit ihm.

SPD in Lünen muss Ordnungsverfahren anstoßen

„Auf Ausschluss kann nur erkannt werden, wenn das Mitglied vorsätzlich gegen die Statuten oder erheblich gegen die Grundsätze oder die Ordnung der Partei

verstoßen hat und dadurch schwerer Schaden für die Partei entstanden ist.“, heißt es im Ordnungsstatut der SPD. Einen Mehrheitsbeschluss der Partei nicht zu akzeptieren, kann als Verstoß gegen die Ordnung gesehen werden. Fehlende Solidarität mit einem anderen Genossen zu zeigen und aktiv Wahlkampf zu machen und zu dessen Lasten, als Schaden.

Für den SPD-Stadtverbandsvorsitzenden Norbert Janssen ist damit das Maß voll. Am liebsten hätte er schon unmittelbar nach Bekanntwerden von Fohrmeisters Einzelkandidatur klare Konsequenzen gesehen. Doch so leicht ist das nicht, wie er inzwischen weiß.

Erst brauche es eines Vorstandsbeschlusses - vermutlich am 14. September - , dann könne sich anschließend die Schiedskommission mit dem Parteiordnungsverfahren beschäftigen. Die Sache komme wenige Wochen vor der Wahl zur Unzeit und sei ärgerlich, geradezu schmerzlich - auch weil man durchaus „im Zwiespalt“ sei wegen der Verdienste des Gewerkschaftlers für die Partei.

Streit im Ortsverband war Auslöser

Die Homepage der SPD Gahmen weist den 73-Jährigen immer noch als stellvertretenden Vorsitzenden aus: ein Amt, das er aber schon seit vier Jahren nicht mehr bekleidet - seit einem parteiinternen Führungsstreit. Seitdem gehen sich Fohrmeister und andere Genossen im Stadtteil weitgehend aus dem Weg, wie er sagt.

Die Kräfte zu bündeln wäre angesichts der großen Herausforderungen in dem rund 4000 Einwohner zählenden Gahmen besser. „Wir haben hier die meisten Kinder, und wir sind der bunteste Stadtteil“, sagt Fohrmeister. Das bedeutet in seinen Augen „jede Menge Potenzial“. Gleichzeitig sei Gahmen aber auch der Stadtteil mit den meisten Menschen, die staatliche Transferleistungen beziehen. Fohrmeisters Hauptziel deshalb: Bildung fördern.

„Für zukunftsfähige Entscheidungen mit Blick auf Jung und Alt“, tritt Robin Wojtak an. „Wir haben Lünen im Herzen“: Diesen Slogan teilt er sich mit allen anderen Kandidatinnen und Kandidaten der SPD. Und mit Hans-Georg Fohrmeister, dem die SPD Herzensangelegenheit ist, auch wenn er nicht für sie antritt.

SPD-Stadtverbandsvorsitzender Norbert Janssen hat im Nachgang der Veröffentlichung noch eine Klarstellung geschickt: Er habe gesagt, dass Fohrmeisters Kandidatur aus seiner Sicht „ein klarer Verstoß gegen unsere Statuten ist und wir um einem Ausschluss damit wohl nicht herumkommen. Allerdings sind wir, mich eingeschlossen, aber auch hin- und hergerissen sind, was diese Konsequenzen angeht, weil Hans-Georg Fohrmeister auch nicht irgendwer ist.“ Derzeit stehe der inhaltliche Wahlkampf im Vordergrund und keine Personaldiskussionen.