Nicht nur der November 2023 war verregnet, wie es ja durchaus mal üblich ist für den vorletzten Monat im Jahr, auch der Dezember schickt sich nass an. Das merken nicht nur die Menschen, die den Sommer dem Winter vorziehen, sondern auch die Flüsse und die Böden.
Wer aktuell an der Lippe in Lünen entlangspaziert, sieht, dass der Flusspegel ziemlich hoch ist. In den Lippeauen bilden sich große Pfützen auf Feld und Wiese und bei so manchem Landwirt besteht der Acker überwiegend aus Schlamm. Nachdem es immer hieß, dass die Böden noch viel Niederschläge benötigen, bis das Wasser auch die unteren Erdschichten erreicht, könnte man denken, dass dies nun ausreiche. Aber ist das wirklich so? Jürgen Arendes von Stadtgrün in Lünen ordnet die Lage mit Blick auf den Dürremonitor vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung ein.
Manche Pflanzen genügt die Regenmenge der vergangenen Monate, anderen aber nicht. „Trotz reichlicher Niederschläge reicht das Wasser für viele Pflanzen und Bäume noch nicht aus. Das liegt an der starken Schädigung der Feinwurzeln durch die vergangenen Dürreperioden (2018-2022). Die Feinwurzeln sind für die Wasser- und Nährstoffaufnahme existenziell wichtig. Sie müssen sich erst langsam wieder erholen. Hieraus resultiert auch der weiterhin schlechte Waldzustandsbericht“, so Arendes.
Und welche Pflanzen benötigen jetzt noch mehr Niederschläge? „Heimische Pflanzenarten haben sich an unsere klimatischen Bedingungen der letzten Jahrhunderte angepasst. Die Folgen des Klimawandels sind nun deutlich schneller spürbar. Leider zu schnell, als dass sich die heimische Pflanzenwelt daran anpassen könnte“, erklärt Jürgen Arendes.

Außerdem verfügt nicht jede Bodentiefe über pflanzenverfügbares Wasser. Aber was ist pflanzenverfügbares Wasser? Der Boden besteht aus festen Bodenpartikeln und dem Porenvolumen, das mit Wasser oder Luft gefüllt ist. Das Porenvolumen ist unter anderem abhängig von Bodenart, Lagerungsdichte, Körnung und Gefüge. Unterschiedliche Böden können Wasser unterschiedlich gut speichern. Je kleiner der Porenraum ist, desto besser kann Wasser im Boden gehalten werden und umso besser steht es der Pflanze zur Verfügung. Bei kleinen Poren wird allerdings weniger Wasser versickert. Wichtig ist dabei auch der Grundwasserflurabstand.
Das Wasser im Boden staut sich oberhalb von wasserundurchlässigen Schichten und fließt dabei nicht nur vertikal, sondern auch horizontal innerhalb der Grundwasserleiter, die es auf unterschiedlicher Höhe im Boden gibt. Die Pflanzen müssen Wurzeln ausbilden, die bis in die Tiefen der Grundwasserleiter reichen. Die Länge der Wurzel ist jedoch begrenzt. „Wasser in zu tiefen Schichten ist nicht mehr erreichbar und die Pflanze muss bei ihrer Suche nach Wasser im Untergrund Erfolg gehabt haben, um in dieser Richtung Wurzeln auszubilden. Werden immer nur die obersten paar Zentimeter durchfeuchtet, lohnt es sich mehr dort die entsprechenden Wurzeln auszubilden“, erklärt Jürgen Arendes.

Wie viel müsste es noch regnen, damit auch die übrigen Pflanzen wieder genug Wasser haben? „Die Niederschläge sind aktuell ausreichend. Der Grundwasserpegel hat sich im Vergleich zu den letzten Jahren deutlich verbessert. Die Problematik ist, dass viele Pflanzen zu stark geschädigt sind“, so Arendes.
Der Dürremonitor bezieht sich auf die gesamte Region und nicht spezifisch auf Lünen. Jürgen Arendes von Stadtgrün hat da einen deutlichen besseren Überblick über den Zustand der Pflanzen: „Die Situation hat sich in diesem Jahr entspannt. Leider sieht man immer noch Folgen der Dürre. Besonders bei Bäumen treten die Schäden immer zeitverzögert auf.“ Wie es den Bäumen geht, wird man also erst in den kommenden Jahren sehen können.