Der ehemalige stellvertretende Bürgermeister der Stadt Lünen, Daniel Wolski, ist seit Ende Oktober wegen der Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger und des Besitzes von Kinderpornographie in Untersuchungshaft. Doch wie ist das Leben innerhalb der rund 1,3 Kilometer langen Mauern der JVA Bochum, in der Wolski seit seiner Festnahme lebt?
„Die Hafträume sind alle ähnlich gestaltet und variieren, je nachdem in welchem Haus der Inhaftierte untergebracht ist. Sie sind bis zu 10,5 Quadratmeter groß und beinhalten das für das Leben in der Haft Notwendige”, erklärt Candida Tunkel, Pressesprecherin der JVA Bochum.
Laut Tunkel ist der Tagesablauf im Gefängnis dem Ablauf außerhalb der Haft, soweit es die Umstände möglich machen, angepasst. Dies ist in dem sogenannten Angleichungsgrundsatz (§ 2 Abs. 1 StVollzG NRW) geregelt. „Das heißt: Um 6 Uhr werden die Gefangenen unter der Woche geweckt. Die Gefangenen, die einen Arbeitsplatz haben, rücken um 7 Uhr zur Arbeit aus”, erklärt sie.
Nach getaner Arbeit werden diese Inhaftierten gegen 15 Uhr wieder von ihren, auf dem Gelände der JVA befindlichen, Arbeitsplätzen zurückgebracht. „Im Anschluss gehen sie in die Freistunde, erhalten ihr Abendessen und gehen dann Freizeit-, Sport- oder Behandlungsmaßnahmen nach”, so die Pressesprecherin. Alle Inhaftierten werden dann ab 21 Uhr wieder unter Verschluss genommen – also wieder in ihre Zellen gebracht.
Medienzugang für den Politiker
Mittlerweile hat Daniel Wolski in einem Verhör ein Teilgeständnis abgelegt. Ob er die aktuelle Berichterstattung über seinen eigenen Fall und über die Vorwürfe gegen Lünens Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns verfolgt, weiß Tunkel nicht. Die Möglichkeit dazu hätte er. „Alle Gefangenen haben Zugang zu Hörfunk und Fernsehen.“ Durch eine Vermittlung mit der JVA dürfen Untersuchungshäftlinge in NRW zudem Zeitungen und Zeitschriften „in angemessenem Zugang und auf eigene Kosten“ beziehen. Laut Tunkel dürfen die Untersuchungshäftlinge in der JVA Bochum keine Handy besitzen.
Ein Gerücht, dass Inhaftierten, die wegen solcher Vorwürfe wie die gegen Daniel Wolski in Haft sind, von Mitgefangenen das Leben hinter Gittern schwer gemacht werde, kann sie nicht bestätigen. „Gerüchte werden von uns nicht kommentiert. Die persönliche Sicherheit der Gefangenen wird von uns gewährleistet”, versichert Tunkel.
Besuch kann eingeschränkt werden
Ob Wolski Besuch im Gefängnis empfangen darf, möchte Tunkel aus Gründen des Daten- und Persönlichkeitsschutzes nicht beantworten. Besuche für den Lüner Politiker könnten aber eingeschränkt sein. „Bei Untersuchungsgefangenen können gegebenenfalls gerichtliche Beschränkungen bestehen”, so die Pressesprecherin. Für Strafgefangene sieht die Regelung anders aus. Diese dürfen im Monat mindestens zwei Stunden Besuch empfangen.
Allgemein bedeutet die Untersuchungshaft (U-Haft), dass ein Beschuldigter oder eine Beschuldigte in einer speziellen Justizvollzugsanstalt untergebracht ist. Die erste Voraussetzung dafür ist, dass die Person in hohem Maße verdächtigt ist, die ihm zu Last gelegte Tat begangen zu haben. „Dieser dringende Tatverdacht bedeutet einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit, dass dem Beschuldigten die schuldhafte Begehung der Tat nachgewiesen werden kann. Dabei ist zu bedenken, dass jedenfalls zum Zeitpunkt der ersten Haftentscheidung meist erst ein vorläufiger Erkenntnisstand vorliegt”, heißt es auf dem Justizportal des Ministeriums der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen. Dieser dringende Tatverdacht ist während der U-Haft stets aufs Neue zu prüfen.
Außerdem muss ein Haftgrund vorliegen. Zu den Haftgründen gehören unter anderem eine Flucht sowie die Flucht- und Verdunklungsgefahr - „also die Gefahr, dass der Beschuldigte mit dem Ziel der Beweiserschwerung oder -vereitelung Beweismittel beiseiteschaffen oder Zeugen beeinflussen will”, so die Justiz des Landes NRW. Bei Sexualdelikten ist die Anordnung einer U-Haft „unter weiteren engen Voraussetzungen auch bei Wiederholungsgefahr zulässig“.
Unschuldsvermutung gilt
Bei der Durchführung der Untersuchungshaft darf eines aber nie vergessen werden: „Grundsätzlich gilt der Untersuchungsgefangene als unschuldig und ist daher so zu behandeln, dass nicht der Anschein entsteht, er würde zur Verbüßung einer Strafe festgehalten.” Dies ist in Paragraph 1 des Untersuchungshaftvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen festgehalten.
Dadurch ergibt sich, dass die Untersuchungshäftlinge in besonderen Abteilungen oder Anstalten und damit getrennt von Strafgefangenen untergebracht werden. Auch Männer und Frauen sind dementsprechend zu trennen. Aber es gibt auch Ausnahmen: Diese sind mit Zustimmung der Untersuchungsgefangenen zulässig oder wenn sie zur Erreichung des Zwecks der Untersuchungshaft, aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung, aus Gründen der Vollzugsorganisation oder anderen wichtigen Gründen erforderlich sind.
Bettwäsche und Pizza-Taxi
Außerdem dürfen sich die Untersuchungshäftlinge auf eigene Kosten Annehmlichkeiten und Beschäftigungen verschaffen. Das heißt, dass sie beispielsweise eigene Kleidung tragen oder sich auch Essen von vertrauenswürdigen Restaurants liefern lassen dürfen. Die Inhaftierten dürfen auch eigene Bettwäsche in die JVA mitbringen.
Voraussetzung für die eigene Kleidung und Bettwäsche ist aber, dass die Inhaftierten die Reinigung, Instandhaltung und den regelmäßigen Wechsel auf eigene Kosten zahlen und die Sicherheit sowie schwerwiegende Gründe der Ordnung der Anstalt nicht entgegenstehen. Im Einzelfall können für Untersuchungsgefangene Kleidungsstücke und Bettwäsche in der Anstalt abgegeben werden. „Über den Freiheitsentzug hinausgehende Beschränkungen dürfen ihm nur dann auferlegt werden, wenn dies zur Abwehr der Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr erforderlich ist oder wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in der Justizvollzugsanstalt unerlässlich ist“, schreibt die Justiz des Landes NRW auf ihrem Portal.
Hähnchen zu Weihnachten
In der Weihnachtszeit können sich die Inhaftierten auf eine weihnachtliche Tradition freuen. „An Heiligabend gibt es Kartoffelsalat und Bockwürstchen”, erklärt Canadida Tunkel. Neben diesem traditionellen Essen an 24. Dezember wird es am ersten Weihnachtsfeiertag ein halbes Hähnchen mit Kartoffeln, Leipziger Allerlei, Soße und Dessert geben. Am zweiten Weihnachtsfeiertag gibt es dann wieder ein traditionelles Gericht. Dann erhalten die Gefangenen der JVA Bochum Rinderbraten mit Knödeln, Rotkohl und Bratensoße. Danach gibt es ebenfalls Dessert, verrät die Pressesprecherin.
Maximal 791 Menschen können in der JVA Bochum inhaftiert werden. Zudem ist Platz für etwa 100 Untersuchungshäftlinge wie Daniel Wolski. Für die Sicherung und Betreuung sind nach Angaben der Justizvollzugsanstalt 386 Menschen beschäftigt, darunter 101 Frauen.
In einer vorherigen Version des Artikels haben wir berichtet, dass es den Inhaftierten in der JVA gestattet sei, ein Handy zu besitzen. Dies ist nicht der Fall.
Außerdem befinden sich die Arbeitsplätze der Inhaftierten nicht außerhalb, sondern innerhalb der Justizvollzugsanstalt.
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