Unterbringung wohnungsloser Männer in Lünen „Dach über dem Kopf“ zieht sich zurück

„Dach über dem Kopf“ gibt 2025 Betreuung der Übernachtungsstelle ab
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Gewalttätige Auseinandersetzungen in der Übernachtungsstelle für wohnungslose Männer in Lünen waren an der Tagesordnung, bevor sich der Verein „Dach über dem Kopf“ 1996 gründete. Die Situation hatte sich 1995 zugespitzt, nachdem ein Wohnungsloser erfroren war. Die damalige Bürgermeisterin Christina Dörr-Schmidt (SPD) rief einen Runden Tisch ins Leben, daraus entstand der Verein „Dach über dem Kopf“. Er betreibt seitdem die Übernachtungsstelle Auf dem Ringe mit 20 Plätzen. Miete und Nebenkosten zahlt die Stadt.

Doch die Aufgaben werden herausfordernder. Auch aus Altergründen können die Aktiven diese Arbeit nicht mehr leisten. Deshalb hat der Verein beschlossen, den Betrieb der Übernachtungsstelle ab dem 1. Januar 2025 nicht mehr zu betreuen. Stattdessen wollen die Ehrenamtlichen andere Aufgaben übernehmen, beispielsweise die Wohnraumakquise für wohnungslose Menschen.

Das geht aus einer Verwaltungsvorlage hervor, über die der Ausschuss für Bürgerservice, Soziales und Ehrenamt in seiner Sitzung am Mittwoch, 15. Mai, ab 17 Uhr im Rathaus berät. Der Ausstieg wird für die Stadt teurer: Statt der bisherigen Gelder von jährlich 24.500 Euro nennt die Verwaltung einen Bedarf von 153.400 Euro ab dem kommenden Jahr. Bis 2027 werden es 161.000 Euro sein.

Bett, Regal und Tisch
Eines der Zimmer, in denen die Wohnungslosen übernachten. Die Stadt muss die Betreuung im kommenden Jahr neu regeln. © Rottgardt

Schulden und Straffälligkeit

Mit vielen Aktionen, wie der Veranstaltung „Lyrik und Linsensuppe“, hat der Verein „Dach über dem Kopf“ Gelder gesammelt und auf die Situation Wohnungsloser in Lünen aufmerksam gemacht. Die Anzahl der Übernachtungen von Männern ohne Bleibe ist stark gestiegen. 2010 waren es 762, im Jahr 2021 5599. Auf hohem Niveau hat sich die Zahl mit 5514 Übernachtungen im Jahr 2022 stabilisiert.

Betroffene haben häufig nicht nur das Problem der fehlenden Wohnung. Die Übernachtungsgäste sind vielfach durch Suchterkrankungen, Verschuldung, psychische Erkrankungen, Beziehungsprobleme, traumatische Erlebnisse oder Straffälligkeit belastet. Drei Hausmeister leisten im Schichtdienst während der Öffnungszeiten von täglich 18 bis 8 Uhr und im Winter von 17 bis 9 Uhr die Aufsicht. Finanziert werden sie durch Übernachtungsgebühren, Spenden und einen Personalkostenzuschuss der Stadt.

Die Stadt Lünen ist verpflichtet, Obdachlose unterzubringen. Nach dem Ausstieg von „Dach über dem Kopf“ muss die Übernachtung neu geregelt werden. Ohne Betreuung sei das nicht möglich, heißt es in der Vorlage. Ehrenamtliche könnten eingebunden werden. Die Verwaltung schlägt vor, diese Aufgabe einem örtlichen Wohlfahrtsverband oder freiem Träger zu übertragen, der bereits in der Beratung und Betreuung von wohnungslosen Menschen tätig ist. Dann müsse die Stadt kein eigenes zusätzliches Personal einstellen.

Weniger Konflikte bei Frauen

Für die Unterbringung wohnungsloser Frauen ist der Kreis Unna zuständig. Er hat damit das Frauenforum im Kreis Unna beauftragt. In der Übernachtungsstelle gibt es kreisweit sieben Plätze. Das ist zu wenig. Daher werden Betroffene in den städtischen Unterkünften, meist in Wohngemeinschaften in Wohnungen, untergebracht. Anders als die Männer müssen die Frauen die Wohnungen tagsüber nicht verlassen. Laut Verwaltung gibt es in der Regel weniger Konfliktpotenzial als in der Übernachtungsstelle für Männer. Daher sei der Bedarf an Begleitung und Aufsicht nicht vergleichbar.

Die Angebote der Beratungsstelle für wohnungslose Menschen des Diakonischen Werkes Dortmund und Lünen gGmbH als auch die Angebote des Tagesaufenthaltes am St. Georg-Kirchplatz 4a in Lünen richten sich gleichermaßen an Frauen und Männer.