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Corona bremst Amtsgericht Lünen und sorgt für Aufnahmestopp im Arrest
Folgen der Pandemie im Gericht
Der Kirchenaustritt muss etwas warten. Ein Erbe lässt sich aber fristgerecht ausschlagen. Und wer in die Arrestanstalt soll, kann noch die Freiheit genießen - alles wegen der Corona-Krise.
Leere Gänge, bedrückende Stille und eine gewisse Anspannung – die Corona-Krise hat auch Auswirkungen auf die Justiz. Im Interview äußert sich Dr. Niklas Nowatius, Direktor des Amtsgerichts und Leiter der Arrestanstalt, zu Vorgaben und Maßnahmen.
Wo sonst eine gute Portion Glück im Spiel sein muss, wenn es um das Ergattern eines Parkplatzes direkt vor dem Gerichtsgebäude am Spormeckerplatz geht, herrscht dieser Tage freie Auswahl. Weit und breit ist kein Besucher zu sehen. Und das ist auch gut so. An der Eingangstür und überall im Gebäude hängen Zettel mit Informationen.
Haftbefehle werden weiter angeordnet
Die Devise ist, in dieser Phase, in der Nähe zum Risiko wird, nur noch Sachen zu erledigen, die keinen Aufschub dulden. Eilige Belange wie ein Gewaltschutzverfahren, die Anordnung von Haftbefehlen und Durchsuchungen oder auch die fristgerechte Ausschlagung eines Erbes werden selbstverständlich bearbeitet. Andere Anliegen wie ein Kirchenaustritt werden naturgemäß etwas warten müssen.
Und in dem Zusammenhang wird auch darum gebeten, möglichst den Schriftweg zu wählen, also vom persönlichen Erscheinen abzusehen. „Die Bürger werden ausdrücklich darum gebeten, das Gericht nicht einfach aufzusuchen, sondern Termine vorher telefonisch abzustimmen. Das dient dem Zweck, dass wir die Begegnung zwischen Mitarbeitern und Bürgern möglichst weit reduzieren müssen“, betont Dr. Niklas Nowatius und fügt hinzu, dass unangemeldeten Besuchern in dem Moment leider nicht geholfen werden könne.
„Wir können den Leuten zu ihrem Recht verhelfen. Aber für ihre Gesundheit sind sie selbst verantwortlich“, bringt es Nowatius auf den Punkt. Und: Auch die Zeit nach Corona werde anspruchsvoll, weil dann aufgearbeitet werden müsse.
Nowatius: Trotz Anspannung funktioniert das Team
Auch in der Arrestanstalt wird auf die besondere Situation reagiert. Neue Arrestanten werden derzeit nicht aufgenommen. „Die, die da sind, erfreuen sich alle bester Gesundheit“, erklärt der Anstaltsleiter. Etwaige Hoffnungen, dem Arrest auf Dauer zu entgehen, sollte sich allerdings keiner der jungen Männer machen: „Wir werden jetzt natürlich die kurze Frist zwischen Urteil und Vollstreckung nicht halten können, aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben.“
Zu seiner persönlichen Einschätzung befragt, reagiert Dr. Niklas Nowatius sehr offen: „Einerseits sehr angespannt, weil unklar ist, was die Zukunft bringt, aber auch positiv beeindruckt von dieser konstruktiven Hilfsbereitschaft, die überall da ist.“ Letzteres bezieht sich auf die Mitarbeiter der Anstalt und des Gerichts. „Hier ziehen wirklich alle an einem Strang. Das macht mich sogar stolz.“
Lebt im Sauerland und fühlt sich dort überaus wohl. Saß vor über 20 Jahren zum ersten Mal in einem Gerichtssaal, um über einen Prozess zu berichten und hat dabei ihren Traumjob gefunden.
