Der Fall Daniel Wolski (41): Im Oktober 2023 wurde durch die Festnahme des Lüner SPD-Politikers öffentlich bekannt, dass es Vorwürfe wegen sexuellem Missbrauch in 25 Fällen gegen ihn gibt. Eine Chronik der Ereignisse seitdem.
Ende 2022:
Eine 16-jährige Bochumerin stellt bei der Polizei eine Strafanzeige gegen Daniel Wolski. Um ihr Taschengeld aufzubessern, sei die Jugendliche auf einer Dating-Plattform aktiv gewesen und so in Kontakt mit Daniel Wolski gekommen. Mit einer gleichaltrigen Freundin sei sie zu Wolski gegangen, wo es zu sexuellen Handlungen zu dritt gegen Zahlung von Geld gekommen sei.
18. Januar 2023: Bürgermeister Kleine-Frauns erhält am Abend eine Mail mit dem Betreff ‚Ihr Kollege Daniel Wolski‘, in der behauptet wird, dass Daniel Wolski einen Chat-Kontakt zu einem 16-jährigen Mädchen habe und dass er ihr für ein Treffen Geld angeboten habe. Im Anschluss kontaktiert Kleine-Frauns seinen Vize per WhatsApp und spricht ihn auf die Vorwürfe an. Im Anschluss löscht der Bürgermeister die E-Mail aus dem Postfach.
6. März 2023: Die Wohnung von Daniel Wolski wird durchsucht.
Dabei wird unter anderem der Computer des Beschuldigten und anderes Beweismaterial sichergestellt. Die Polizei findet dabei 40 Datenträger mit kinder- und jugendpornografischen Inhalten sowie Chats mit mutmaßlichen Missbrauchsopfern.
26. Oktober 2023: Daniel Wolski wird an seinem Wohnort in Lünen-Brambauer festgenommen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Kommunalpolitiker neben dem Besitz von kinder- und jugendpornografischen Materials auch sexuellen Missbrauch von Jugendlichen im Alter von 13 bis 17 Jahren vor. Wegen Fluchtgefahr überführt man den 41-Jährigen in die Justizvollzugsanstalt Bochum, wo er in U-Haft kommt. Nach der Festnahme bei der richterlichen Verkündung des Haftbefehls bekommt Wolski die Möglichkeit, sich zu äußern, verweigert dies jedoch.
26. Oktober 2023: Auf der Plattform X (früher Twitter) nimmt Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns über die Seite der Stadt Lünen Stellung zu der Festnahme und den Vorwürfen gegen Daniel Wolski: „Ausnahmslos verurteile ich jede Form von sexuellem Missbrauch. Von der Inhaftierung des ersten Stellvertretenden Bürgermeisters unserer Stadt habe ich aus den Medien erfahren. Der Tatverdacht macht mich sehr betroffen. Ich hoffe auf einen schnellen Abschluss der Ermittlungen.“
27. Oktober 2023: Lünens Bürgermeister äußert sich öffentlich vor mehreren Pressevertretern im Rathaus der Stadt zum Fall Daniel Wolski. Kleine-Frauns sagt unter anderem: „Mit den Fraktionen befinde ich mich darüber, wie es hier weitergeht, natürlich im Austausch.“
27. Oktober 2023: Mehrere Parteien nehmen Stellung zu der Festnahme und den Vorwürfen gegen den Kommunalpolitiker. Darunter auch Michael Thews (Bundestagsabgeordneter der Lüner SPD), der SPD-Landtagsabgeordnete Rainer Schmeltzer, CDU-Fraktionschef Christoph Tölle, FDP-Fraktionschef Karsten Niehues, Grünen-Fraktionschefin Tessa Schächter und Dr. Johannes Hofnagel sowie Andreas Dahlke für die GFL. Sie zeigen sich schockiert, erschüttert und zutiefst betroffen. Zudem verurteilen die Politiker jegliche Vergehen bezüglich des Besitzes kinder- und jugendpornografischen Materials sowie des sexuellen Missbrauchs.
27. Oktober 2023: Die Staatsanwaltschaft Bochum gibt über die Deutsche Presse Agentur (dpa) weitere Details zum Fall Wolski bekannt. So soll der Kommunalpolitiker seit 2018 in neun Fällen Jugendliche und ein Kind gegen Entgelt missbraucht haben. Die betroffenen Personen waren laut den Ermittlern zum Tatzeitpunkt zwischen 13 und 17 Jahre alt.
28. Oktober 2023: In einer Stellungnahme fordert SDP-Fraktionsvorsitzende Rüdiger Billeb das SPD-Ratsmitglied und den Vize-Bürgermeister dazu auf, all seine öffentlichen Ämter sowie sein Mandat niederzulegen. Gleichzeitig liegt ein Antrag der SPD und CDU für die nächste Ratssitzung (16. November) vor. In diesem heißt es: „Der Rat der Stadt Lünen beschließt, den amtierenden 1. Stellvertretenden Bürgermeister, Herrn Daniel Wolski, mit sofortiger Wirkung abzuberufen.“
2. November 2023: Die Lüner Jungsozialisten entscheiden in einer Sitzung, dass Wolskis Amt als Ehrenvorsitzender der Jusos bis zum Abschluss des Verfahrens ruhen soll. Falls sich die Vorwürfe gegen den Kommunalpolitiker bestätigen, wollen die Jusos zudem „eine Vollversammlung mit dem entsprechenden Antrag auf Aberkennung des Ehrenvorsitzes einberufen“.
3. November 2023: Durch seine Anwältin, die Dortmunder Strafverteidigerin Dr. Arabella Pooth, gibt Daniel Wolski bekannt, dass er ab sofort von all seinen Ämtern zurücktritt. Dazu zählen die Positionen als stellvertretender Bürgermeister der Stadt Lünen, als Mitglied des Stadtrates sowie mehrere Ausschüsse.
13. November 2023: Mittlerweile wird Daniel Wolski sexueller Missbrauch in 25 Fällen vorgeworfen. Die Taten sollen sich im Zeitraum von Januar 2018 bis März 2023 ereignet haben, heißt es von der Staatsanwaltschaft.
14. November 2023: Die Lüner Christdemokraten teilen mit, dass sie keinen Kandidaten für die Wahl des ersten Stellvertretenden Bürgermeisters nominier.
16. November 2023: Im Stadtrat wird über die Nachfolge von Daniel Wolski als stellvertretendem Bürgermeister abgestimmt. Die SPD-Politikerin Martina Förster-Teutenberg erhält 27 Stimmen und ist damit die Nachfolgerin und neue stellvertretenden Bürgermeisterin. Die für die Nachfolgewahl laut nordrhein-westfälischer Gemeindeordnung notwendige Abwahl Wolskis aus dem Ehrenamt durch den Stadtrat hatte sich kurzfristig erledigt. Wolski ließ der Stadtspitze über seine Anwältin mitteilen, dass er von all seinen politischen Ämtern zurücktrete.
6. Dezember: Laut einem Sprecher der Bochumer Staatsanwaltschaft wird Daniel Wolski mehrere Stunden lang von der Polizei im Bochumer Polizeipräsidium verhört.
7. Dezember 2023: In der Haupt- und Finanzausschusssitzung verliest Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns ein Statement, in dem er auf die von ihm gelöschte Mail aus Januar 2023 und die Ermittlungen der Polizei gegen ihn eingeht. Laut Staatsanwaltschaft bestehe „Verdacht auf Verletzung eines Dienstgeheimnisses und der versuchten Strafvereitelung“.
12. Dezember 2023: Wegen der Ermittlungen gegen Kleine-Frauns fordert die GFL den Bürgermeister in einem Schreiben per E-Mail auf, sein Amt „ruhend zu stellen“. Laut der Wählergemeinschaft sei diese Forderung „keine Vorverurteilung, sondern ein gängiges Verfahren bei einer Einleitung eines Verfahrens durch die Strafverfolgungsbehörden“. Kleine-Frauns selbst schreibt in einem Statement, dass er „keinen Anlass“ sieht, seine Amtsgeschäfte ruhen zu lassen.
12. Dezember 2023: Die Staatsanwaltschaft gibt erneut neue Details zum Fall Daniel Wolski heraus. So soll der Lüner Politiker sich teilweise geständig gezeigt haben. In welchen Fällen dies der Fall ist, sagt die Staatsanwaltschaft nicht.
13. Dezember 2023: „Wie ein Schwerverbrecher“ sei er sich vorgekommen, als Polizei und Staatsanwaltschaft wegen der gelöschten Mail sein Büro durchsuchten. All das halte er für „ziemlich überzogen“, berichtet er unserer Redaktion.
2. Januar 2024: Nach stundenlangen Verhören hat Daniel Wolski die Vorwürfe des „sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen gegen Entgelt“ im Wesentlichen gestanden. Den Vorwurf des Besitzes von kinder- und jugendpornografischem Material gestand er hingegen nicht.
11. Januar 2024: „Hallo Daniel, die fotografierte Mail ist kurz nach 18 Uhr in meinem Postfach eingegangen.“ So fängt die Nachricht an, mit der Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns seinen damaligen Stellvertreter über die sich später als zutreffend herausgestellten Vorwürfe informierte.
16. Januar 2024: Von einem „falschen Namen“ in der Hinweis-Email hatte Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns berichtet und unter anderem damit begründet, dass er die Mail gelöscht hatte. Nach Informationen dieser Redaktion war der Name ein gewöhnlicher und normaler Name. Eine Reaktion darauf blieb der Bürgermeister schuldig.
27. Januar 2024: Erstmals gibt das Landgericht Informationen zum anstehenden Prozess heraus. Details zu den Vorwürfen, aber auch über das mögliche Strafmaß für Daniel Wolski. Eine mehrjährige Haftstrafe steht im Raum.
9. Februar 2024: Jetzt stehen auch die konkreten Prozesstermine fest. Eine Sprecherin des Landgerichts erklärt auch, dass wahrscheinlich auch Opfer von Daniel Wolski vor Gericht werden aussagen müssen.
11. März 2024: Dass die Staatsanwaltschaft so lange brauchen würde, um festzustellen, dass sein Mandant natürlich unschuldig sei, findet Kleine-Frauns‘ Verteidiger „absurd“. Peter Wehn heißt der Fachanwalt, der sich in einer Stellungnahme äußert.
21. März bis 14. Mai 2024: An zehn Verhandlungstagen wird der Prozess geführt. Eine Zusammenfassung aller Verhandlungstage gibt es hier:
Daniel Wolski wird schuldig gesprochen und zu einer Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Wolski legt Revision ein.
5. März 2025: Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen Lünens amtierenden Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns. Der Vorwurf lautet: Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht.
7. April 2025: Es wird bekannt, dass der Bundesgerichtshof das Urteil gegen Daniel Wolksi gekippt hat. Grund ist eine Gesetzesänderung, die zu einer milderen Strafe führen könnte. Es wird einen weiteren Prozess geben. An dem Schuldspruch ändert sich aber nichts, das Urteil ist rechtskräftig.
- Daniel Wolski ist Versicherungskaufmann und war seit 2014 im Lüner Stadtrat und diversen Ausschüssen.
- Von 2005 bis 2017 war er Vorsitzender der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten (Jusos) in der SPD. Das Mitgliedsalter bei den Jusos bewegt sich zwischen 14 und 34 Jahren.
- Zum ersten stellvertretenden Bürgermeister wurde Daniel Wolski in der konstituierenden Sitzung des Rates der Stadt Lünen am 5. November 2020 von den Ratsmitgliedern gewählt.