Seit 20 Jahren ist Dr. Donat Romann (62) Chefarzt der Frauenklinik am St. Marien Hospital Lünen. „Ein Dinosaurier“, wie er selber sagt, denn heutzutage blieben Chefärzte im Schnitt etwa sieben Jahre. In seiner Ära sind 14.000 Babys in Lünen auf die Welt gekommen. Glückliche Mütter und Väter zu erleben, gehört für ihn zu den schönsten Momenten. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm eine Frau mit einer Fruchtwasserembolie - eine hochproblematische Situation. Sie habe sich so gut aufgehoben gefühlt, dass sie nach zwei Jahren für ihr zweites Baby wiederkam. Eine schöne Bestätigung der Arbeit seines Teams.
Frauen heute seien anspruchsvoller. Sie wünschten sich eine Geburt ohne Belastung und Anstrengung. Dass das nicht funktioniert, hätten die werdenden Mütter trotz Internet und Instagram nicht auf dem Schirm, sagt der Mediziner. Die Frauenklinik biete spezielle Sprechstunden an, um Frauen objektiv auf die Geburt vorzubereiten. Wichtig ist ihm die optimale Unterstützung der Gebärenden: Gegen Schmerzen helfen Spinalanästhesie oder Lachgas, positiv wirke sich auch die Eins-zu-Eins Begleitung der Frauen aus.
„Das Gefühl der Hausgeburt in die Klinik holen“, mit diesem Credo war der Chefarzt seinerzeit angetreten. Das gilt bis heute. Inzwischen können Eltern auf Wunsch bei der First-Look-Sectio den Kaiserschnitt durch ein Fenster im OP-Tuch mitverfolgen. Für hohe Qualitätsstandards und Sicherheit während der Geburt trainieren Anästhesisten und Gynäkologen regelmäßig an Babypuppen.
Individuellere Krebstherapie

Schon vor 20 Jahren zeichnete sich ab, dass Mütter immer älter werden. Heute bekommen Frauen durchschnittlich mit 30 ihr erstes Kind. Manche Mütter sind weit über 40. Doch auch 15-jährige Teeniemütter kommen in die Klinik, etwa drei Fälle pro Jahr. Sie gingen unbelasteter und entspannter in die Geburt. Hier müsse allerdings das soziale Umfeld mitbeachtet werden.
Donat Romann hat das zertifizierte Brustzentrum in Lünen aufgebaut, das seit 2007 gemeinsam mit dem Katharinenhospital Unna Kompetenzzentrum für Brusterkrankungen ist. Wurden anfangs jährlich 45 Frauen mit Primärkarzinom behandelt, sind es heute 130. Hochkomplex und individualisierter sei inzwischen die Versorgung. Bevor operiert werde, stünden Chemotherapie oder Antikörperbehandlung an. So könne besser nachgewiesen werden, ob die Therapie wirke. Wären früher auch die Lymphknoten entfernt worden, sei das heute nur noch bei dem Wächterlymphknoten der Fall, so Romann. Die Tendenz gehe dahin, Proben zu entnehmen und diese zu bestimmen. Damit fällt ein Belastungsfaktor weg.
Paddeln im Drachenboot hat Donat Romann in Lünen für Krebspatientinnen etabliert. Es fördert körperliche Fitness, aber auch das Gemeinschaftserlebnis. In zwei Selbsthilfegruppen tauschen sich Betroffene aus.
Die schwersten Momente
Jungen Frauen eine Tumordiagnose zu überbringen, gehört für Donat Romann zu den schwersten Momenten. Zu erleben, wie eine ganze Welt zusammenbricht, wenn kleine Kinder da sind, geht dem Chefarzt nahe. Er glaubt, dass in zehn Jahren die Krebstherapie hochindividuell und mit möglichst wenigen Nebenwirkungen durchgeführt wird. Vielleicht gebe es bis dahin auch eine Art Impfung.
Verändert hat sich in den 20 Jahren die Arbeitsstruktur in der Frauenklinik. Heute sind zwei Drittel der Beschäftigen in Teilzeit tätig. Das bedeute einen hohen Organisationsaufwand. Dass es künftig auch Chefärzte in Teilzeit geben könnte, kann sich Donat Romann durchaus vorstellen: „Wir müssen offener denken, nicht in starren Strukturen.“
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 17. Oktober 2023.
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