
Ich gebe es zu: Ich bin ein gebrandmarktes Kind bei diesem Thema. Sport fiel mir in der Schule stets schwer, ich gehörte zu den Kindern, die bei der Mannschaftswahl als Letzte aufgerufen wurden. Auf der anderen Seite habe ich aber auch Leistungssport in Form von Hip-Hop-Tanzen betrieben. Deswegen halte ich sowohl die Debatte darum als auch die Entscheidung für die Reform der Bundesjugendspiele - stattdessen veranstalten die Schulen künftig ein Sportfest - für richtig und wichtig.
Wer denen zuhört, die die Bundesjugendspiele gerne weiterführen würden, hört vor allem eins: Der sportliche Wettkampf sei wichtig. Er dürfe nicht abgeschafft werden, Kinder müssen verlieren lernen. Das kann ich nachvollziehen und halte es auch für wichtig.
Allerdings: Ich habe Gewinnen und Verlieren nicht bei den Bundesjugendspielen gelernt. Für mich waren sie nur eine Demütigung. Schon vorher habe ich geweint, hatte tagelang Angst, wie die Wettbewerbe wohl laufen würden. Am Tag selbst hatte ich immer Bauchschmerzen, habe mich bloßgestellt und unsicher gefühlt. An meine genauen Ergebnisse kann ich mich nicht mehr erinnern, aber ich gehörte jedes Jahr zu den Schwächsten. Zu meinem Selbstbewusstsein in Sachen Sport hat das überhaupt nicht beigetragen – eher im Gegenteil.
Und genau das halte ich in der Debatte für wichtig. Für unsportliche Kinder geht es eben nicht um Gewinnen oder Verlieren. Es geht um die Auswirkungen einer solchen Veranstaltung auf die Psyche der Kinder, auf ihr Selbstbewusstsein und ihre Stärke.
In der Debatte wird oft davon geredet, dass sich Kinder ja ohnehin auch in Vereinen oder auf dem Schulhof den Vergleichen miteinander stellen und dass das in der Natur der Gesellschaft liege. Das sehe ich auch so. Aber auf dem Schulhof oder im Verein machen Schüler das freiwillig. Ich habe das Tanzen auch selbst gewählt. Und genau das war der Ort, an dem ich Gewinnen, Verlieren und den Respekt gegenüber anderen gelernt habe – nicht bei den Bundesjugendspielen, die sich im Endeffekt nur wie eine Demütigung angefühlt haben.
Und: Auch der Vergleich zu anderen Schulfächern hinkt meiner Meinung nach. Natürlich gibt es auch Schüler, die in Fächern wie Mathe oder Deutsch so schlecht sind, wie ich es damals in Sport war. Aber dort erfolgt der Vergleich über die Noten. Und denen muss man sich im Sport genauso stellen. Die Bundesjugendspiele sind eine zusätzliche Veranstaltung, die es nicht braucht, damit Kinder den sportlichen Wettkampf lernen.
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