Bürgermeister Kleine-Frauns‘ Rolle im Fall Wolski Kein Wort der Selbstkritik - das ist zu wenig

 Kleine-Frauns‘ Rolle im Fall Wolski: Kein Wort der Selbstkritik - das ist zu wenig
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 Kleine-Frauns‘ Rolle im Fall Wolski: Kein Wort der Selbstkritik - das ist zu wenig

Groß war das Entsetzen nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen den ehemaligen Lüner Vize-Bürgermeister Daniel Wolski. Sex mit Minderjährigen. Gegen Geld. Kinderpornographie! Nein, davon hat niemand etwas gewusst. Auch der Bürgermeister war schockiert. Oder? Seine Stellungnahme hatte er Wort für Wort vorbereitet und so vorgetragen. Nachfragen nicht erlaubt. Von der Festnahme habe er aus den Medien erfahren, sagte er. Und diese Formulierung hat er, wie jetzt klar wird, sehr bewusst gewählt. Kein Bezug zu den Vorwürfen. Davon dürfte er auch nicht so überrascht gewesen sein.

Denn zum Zeitpunkt der Festnahme hatte er, wie am Donnerstag (7.12.) bekannt wurde, ja schon fast ein ganzes Jahr von den Vorwürfen gegen Wolski gewusst. Er hat sie, unter falschem Namen verschickt, für unglaubwürdig gehalten, er habe „kein konkretes strafbares Geschehen“ darin gesehen. Laut Bürgermeister ging es in den Vorwürfen um „das Angebot eines Treffens gegen Geld“, laut Bild-Zeitung ist von „Verführung Minderjähriger“ die Rede gewesen. Dass er Wolski nach dem Löschen der Mail per WhatsApp gewarnt hat, zeigt zudem die Naivität des Bürgermeisters. Ein kurzer Anruf, ein Treffen - das wäre nie zurückzuverfolgen gewesen. Die WhatsApp jedoch ist jetzt für alle Zeiten aktenkundig. Diese Schlagzeilen hätte der Bürgermeister sich sparen können.

Er hätte sie aber - und das ist der eigentliche Vorwurf, den Kleine-Frauns sich abseits aller Ermittlungen gefallen lassen muss - proaktiv gestalten können.

Dass Kleine-Frauns sich nach der Berichterstattung über die Vorwürfe vor die Kameras stellt und einerseits absichtlich überspezifisch nur über die Inhaftierung spricht und andererseits nur sexuellen Missbrauch im Allgemeinen verurteilt, ist schwach. Dass er jetzt kein Wort der Selbstkritik findet, umso mehr.

Was hat den Bürgermeister davon abgehalten, schon vorher einzugestehen: „Ich habe einen Hinweis erhalten. Ich habe ihn für unglaubwürdig gehalten. Ich habe Wolski gewarnt. Mit dem Kenntnisstand von heute war das bei geltender Unschuldsvermutung möglicherweise ein Fehler. Ich möchte mich bei möglichen Opfern entschuldigen“?

Stattdessen verlas er, in die Ecke getrieben durch absehbare öffentliche Berichterstattung, am Donnerstag diese Erklärung. Kein Wort des Bedauerns, sondern, zwischen den Zeilen: Das war richtig so, andere sehen das auch so.

Hier zeigt sich übrigens, dieser Seitenhieb sei erlaubt, ein Muster. In der Knöllchen-Affäre beharrte er trotz berechtigter Kritik bis zum Ende auf seinem Standpunkt. Der Bürgermeister hatte dafür gesorgt, dass er ein Knöllchen, das er noch als Ratsherr bekommen hatte, nicht zahlen musste. Rechtlich war sein Verhalten nicht antastbar. Rechtlich war sein Verhalten im Fall Wolski möglicherweise auch korrekt. In Ordnung ist es damit noch lange nicht.