Betrugsvorwürfe gegen „Woodstyle“-Chef in Lünen Staatsanwaltschaft erhebt Anklage

Betrugsvorwürfe gegen „Woodstyle“-Chef: Staatsanwaltschaft erhebt Anklage
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Im Dezember vergangenen Jahres hat im alten Bürohaus Brauch in Lünen die „Woodstyle360 Store GmbH“, ein Fachgeschäft für Echtholzmöbel und Zubehör, eröffnet. Recherchen dieser Redaktion zeigen jetzt: Gegen die Firma und den Geschäftsführer gibt es schwere Vorwürfe, es geht um Betrug in fünfstelliger Höhe und um Nötigung. Die Staatsanwaltschaft Dortmund hat mittlerweile Anklage erhoben.

Betroffene Personen äußern sich

Ein Rückblick: Die Nachricht, dass „Woodstyle360“ seit 2022 in Lünen ansässig ist, rief bei mehreren Personen aus der Region Erinnerungen wach. Dieser Redaktion liegt etwa eine Zuschrift vor, in der der Firma und ihrem Geschäftsführer eine „Betrugsmasche“ nachgesagt wird. Der anonyme Schreiber berichtet, dass er bei dem Unternehmen „vor einigen Jahren etwas für einen sehr hohen Geldbetrag bestellt und nie erhalten“ habe. Es sei Strafanzeige gestellt worden. Die Person schreibt weiter, dass ein „bestellter Gerichtsvollzieher (…) bisher nie Glück hatte, auch nur einen Cent zu bekommen“.

Eine weitere Person, die aus Sorge vor persönlichen Konsequenzen ebenfalls nicht namentlich genannt werden möchte, hat dieser Redaktion telefonisch einen ähnlichen Vorfall geschildert, der bereits drei Jahre zurückliegt. Man sei bei einer Bestellung mit einem vierstelligen Betrag in Vorkasse für ein Produkt getreten, wurde dann aber mit der Lieferung „immer wieder vertröstet“.

Für die Person sei die bezahlte Summe „wirklich viel Geld gewesen“. Anfang 2021 habe man sich Hilfe über einen Rechtsanwalt gesucht. Seitdem versuche die Person, ihr Geld zurückzubekommen. „Wir wurden geblendet und sind leider auf die Nase gefallen. Und es gibt immer wieder Leute, die darauf reinfallen“, heißt es während des Telefonats mit dieser Redaktion. Besonders wütend mache die Person, dass der Unternehmer einen „Riesenladen eröffnet und Geld investiert“.

Vier Anzeigen bei Gericht

Bei den Schilderungen handelt es sich rechtlich gesehen zunächst einmal um bislang nicht nachgeprüfte Anschuldigungen gegen die Firma. Eine Anfrage bei der Staatsanwaltschaft Dortmund zeigt, dass viele Vorwürfe dort auch aktenkundig geworden sind. Staatsanwalt Henner Kruse erklärt, dass dem Gericht aus dem Zeitraum Januar 2021 bis März 2022 vier Anzeigen wegen Betrugs gegen den Unternehmer vorliegen. In einem Fall sollten Treppenstufen durch die Firma geliefert werden. Nachdem der Kunde den Kaufpreis bezahlt hatte, sei das Produkt nie geliefert worden. Bei einem weiteren Fall wurde der Betrieb beauftragt, Sanierungsmaßnahmen durchzuführen. Die Arbeiten seien abgerechnet worden, die Leistungen habe die Firma aber nicht erbracht, so der Staatsanwalt.

Laut Kruse gebe es durch die vier mutmaßlichen Betrugsfälle einen möglichen Gesamtschaden von 34.813 Euro. Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hat sich ein sogenannter hinreichender Tatverdacht ergeben, sodass jetzt Anklage erhoben wurde. Das sei „relativ frisch“, sagt Kruse. Ein Gerichtstermin wurde demnach noch nicht festgesetzt. Das Ganze liegt nun beim Amtsgericht in Dortmund, wie ein dortiger Sprecher auf Anfrage bestätigt. Hier sei die Akte zu dem Fall im März 2023 eingegangen. Außerdem gebe es laut Kruse zwei weitere Verfahren gegen den Unternehmer, hier seien die Ermittlungen aber noch nicht abgeschlossen.

Am Amtsgericht in Lünen gebe es ein weiteres Verfahren gegen den Geschäfsführer, erklärt Henner Kruse. Hier stehe eine versuchte Nötigung in der Anklageschrift. Gegenüber einem Mitarbeiter soll der angeklagte Unternehmer beim Unterschreiben des Stundenzettels folgenden Satz gesagt haben: „Halt die Fresse, sonst hau ich dir auf die Fresse.“ Wie Dr. Niklas Nowatius, Direktor des Lüner Amtsgerichts, auf Anfrage bestätigt, gebe es für die Anklage bereits einen Gerichtstermin im Sommer.

Schlechte Google-Bewertungen

Durch anonyme Schilderungen liegen dieser Redaktion ebenfalls Informationen über ein vorheriges Unternehmen desselben Geschäftsführers vor. Dieser Betrieb, „GU Marketing“ mit Sitz in Waltrop, hat in den vergangenen drei Jahren über die Plattform Google sehr schlechte Bewertungen erhalten. Demnach werden vor allem das Preis-Leistungs-Verhältnis, die Professionalität, Pünktlichkeit, Qualität sowie die Reaktionsschnelligkeit bei Anfragen als kritisch eingestuft. Eine Kundin schreibt vor einem Jahr etwa: „Wir haben am 26.11.2021 eine Bestellung aufgegeben und die Ware ist bis heute nicht eingetroffen. Lieferzeit von 2 Wochen wurde genannt“.

Aktuell (Stand 30. März 2023) werden 67 Rezensionen auf Google zu der Firma angezeigt. 39 von ihnen sind mit einem Stern, 25 mit fünf Sternen und jeweils eine von ihnen mit jeweils zwei, drei und vier Sternen bewertet worden. Die letzte Bewertung stammt von Mai 2022. Eine Frau schreibt, dass man im September 2020 ein Sideboard im Wert von 3700 Euro bezahlt habe, dieses aber nicht geliefert wurde. Außerdem könne sie „nur jedem davon abraten“. Inwiefern die Bewertungen von echten Personen verfasst wurden, lässt sich nicht nachvollziehen. Laut Google werden Rezensionen „nicht überprüft“.

„GU Marketing“ und die „Woodstyle360 Store GmbH“ hängen augenscheinlich miteinander zusammen. Denn die Internetadresse der alten Firma führt zum Webauftritt der „Woodstyle360 Store GmbH“. Für den neuen Betrieb, der sich 2022 in Lünen angesiedelt hat, gibt es auf Google derzeit 2,9 Sterne und insgesamt 18 Bewertungen (Stand 30. März 2023). Auch hier schreiben Nutzer, dass sie ungewöhnlich lang, zum Teil fast zwei Jahre, auf die bestellten Produkte warten müssten.

Mehrere Insolvenzverfahren

Der Geschäftsführer von „Woodstyle360“ taucht auch im Insolvenzregister auf. In den Bekanntmachungen, die für jeden online öffentlich zugänglich sind, gibt es mehrere Einträge. Im Konkreten liegen im Zeitraum von März 2021 bis Dezember 2022 vier Aktenzeichen vor. Die Verfahren sind laut der Internetseite alle noch nicht abgeschlossen. Teilweise sind die Einträge miteinander verbunden. Bei den Verfahren geht es einmal um den Geschäftsführer und zum anderen um seine Person handelnd unter seiner Firma „Woodstyle360 Store GmbH“.

Derzeit hat das Geschäft an der Cappenberger Straße nur noch samstags geöffnet.
Derzeit hat das Geschäft an der Cappenberger Straße nur noch samstags geöffnet. © Kristina Gerstenmaier

Diese Redaktion hat versucht, per Mail eine Stellungnahme zu den Betrugsvorwürfen, den Insolvenzen und den schlechten Google-Bewertungen von dem Geschäftsführer zu erhalten. Dies lief jedoch ins Leere. Über den WhatsApp-Kundenchat seiner Firma äußerte er sich dann auf Anfrage wie folgt: „Wir werden Ihnen durch unseren Anwalt untersagen, zu nicht abgeschlossenen Fällen und meiner Person zu berichten. Mehr sage ich dazu nicht.“

Derzeit hat das Geschäft in Lünen nur noch samstags geöffnet. Im Dezember hieß es von Seiten des Unternehmers, dass der Laden montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr und samstags von 10 bis 14 Uhr geöffnet hat. Auch zu diesem Punkt möchte sich der Geschäftsführer der Presse gegenüber nicht äußern.