Bergkamener kritisiert den Grubenwasser-Anstieg „Das ist nicht wie eine Badewanne“

Von Michael Dörlemann
Kritik an Grubenwasser-Anstieg: „Das ist nicht wie in einer Badewanne“
Lesezeit

Gelsenwasser und der Lippeverband warten noch ab, was das Verfahren zur wasserrechtlichen Genehmigung bringt – von anderer Seite gibt es jedoch schon Kritik am von der RAG geplanten weiteren Anstieg des Grubenwassers. Wie berichtet will die RAG das Grubenwasser bis auf eine Höhe von 380 Metern unter der Erdoberfläche ansteigen zu lassen. Bisher waren nur 600 Meter geplant. Die Grubenwasserhaltung für das gesamte östliche Ruhrgebiet von Dortmund bis Hamm läuft über die ehemalige Zeche Haus Aden in Bergkamen.

Der Bergkamener Werner Engelhardt kritisiert das heftig. Die RAG gehe bei ihrer Begründung von völlig falschen Voraussetzungen aus, sagt er. Vertreter der RAG hatten argumentiert, dass das Grubenwasser in den oberen Schichten nicht so stark belastet sei – und die Belastung immer weiter abnimmt, je weiter es ansteigt. Außerdem gehe sie davon aus, dass sich größere Schwebstoffe, an denen sich Schwermetalle und das Ultragift PCB anlagern, nach unten absetzen.

Die Konzentration im Grubenwasser mit PCB und anderen Schadstoffen, das in die Lippe gepumpt wird, soll schon allein dadurch geringer werden.

Diese Argumentation hält Engelhardt, der sich beim Arbeitskreis Grubenwasser engagiert und früher Vorsitzender der Fraktion BergAUF war, für wissenschaftlich nicht haltbar. „Die RAG tut so, als wäre das wie eine riesige Badewanne, in der das Wasser fast ohne Bewegung steht“, sagt Engelhardt. „Das ist aber nicht so.“

Nach Engelhardt Erkenntnissen stimmt schon die Einschätzung nicht, dass das stärker belastete Wasser nach unten absinkt oder unten bleibt, weil es schwerer ist. In Wirklichkeit steige das wärmere Wasser aus den unteren Schichten auf, das stärker belastet ist. „Das Grubenwasser ist ständig in Bewegung“, ist Engelhardt überzeugt. Wasserexperten gingen davon aus, dass bei einem Anstieg des Grubenwassers durch die Verwirbelung mehr Schwebstoffe nach oben kommen als normalerweise, wie der Bergkamener erklärt.

Der Entwurf des Grubenwasser-Hebewerks auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Haus Aden.
So soll das Hebewerk aussehen, in dem die RAG das Grubenwasser nach dem Anstieg wieder in die Lippe pumpt. © Planungsbüro Mecke Palme

Besondere Sorgen machen ihm zusätzlich die sogenannten „Reststoffe“ aus Müllverbrennungsanlagen, die Mitte der 90er-Jahre auch auf der Bergkamener Zeche Monopol eingelagert wurden. Sie wurden damals als eine Art Zement angerührt, in die Tiefe gepumpt und in die durch den Kohleabbau entstandenen Hohlräume gepresst.

Diese Bereiche in etwa 800 Meter Tiefe würden jetzt schon vom angestiegenen Grubenwasser umspült, sagt Engelhardt. Er verweist auf Gutachten die davon ausgehen, dass bei einem Grubenwasseranstieg Schadstoffe ausgeschwemmt und beim Abpumpen in die Umwelt gelangen.

Die Baustelle der neuen Grubenwasserleitung nördlich des Datteln-Hamm-Kanals.
Die RAG baut zurzeit eine neue Grubenwasserleitung in Richtung Lippe. In diesem Bereich nördlich des Datteln-Hamm-Kanals soll voraussichtlich eine Aufbereitungsanlage entstehen, die Schadstoffe ausfiltert. © RAG/Ina Fassbender

Die Gutachter gehen davon aus, dass das „anorganische Gefährdungspotential“ bei der sogenannten Bruchhohlraumverfüllung vor allem auf den in den Reststoffen enthaltenen Schwermetallen beruht. Im Bergkamener Bergwerk Haus Aden/Monopol geht es vor allem um 1321 Tonnen Zink, 403 Tonnen Blei und 19 Tonnen Cadmium, die mit den Reststoffen unter Tage eingelagert wurden. Das organische Gefährdungspotential beruhe auf 7,2 Kilogramm Dioxinen und Furanen Das entspreche etwa 110 Gramm „Seveso-Dioxin“, der toxischsten (giftigsten) Einzelverbindung der Dioxine, so die Gutachter.

Hinzu komme das PCB, sagt Engelhardt, das als Bestandteil von Hydrauliköl unter Tage eingelagert wurde. PCB sind „Polychlorierte Biphenyle“, die sich in der Nahrungskette anreichern können und im Verdacht stehen krebserregend zu sein. Sie gelten als „Ultragift“, und ihre Produktion ist seit Jahren verboten. Nach Angaben von Engelhardt hat das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) des Landes NRW bereits eine erhöhte Konzentration von PCB 52 und PCB28 im Grubenwasser festgestellt.

Die RAG hatte bereits Filteranlagen erprobt, teilt aber mit, dass der Erfolg der Filtermethoden nicht messbar ist, weil bisher keine zuverlässige Analysemethode für PCB vorliegt. Die soll es im Laufe des Jahres geben. Der ehemalige Bergbaukonzern weist außerdem darauf hin, dass Menge an PCB, die durch den Bergbau in die Umwelt getragen wird, im Vergleich zur ohnehin vorhandenen Konzentration gering sei. Für Engelhardt ist dagegen jeder zusätzliche Eintrag zu viel.

Eine Tauchpumpe wird über ein Rohr in die Tiefe gelassen.
Mit solchen Tauchpumpen soll das Grubenwasser in die Lippe gepumpt werden. © picture alliance/dpa

Der Bergkamener fürchtet außerdem Hebungen, wenn sich die Hohlräume unter Tage, die der Bergbau hinterlassen hat, mit Wasser füllen. Auch die RAG geht davon aus, dass es zu Hebungen kommen kann – allerdings meist großflächig und nicht so stark, dass es zu gravierenden Gebäudeschäden kommt. Probleme vermutet das ehemalige Bergbauunternehmen nur in den Randbereichen und im Bereich von untertägigen Versprüngen. Dort kann es zu ungleichmäßigen Hebungen und damit zu Schieflagen kommen, die zu größeren Schäden führen.

Engelhardt geht jedoch davon aus, dass es bereits zu solchen Schäden gekommen ist – unter anderem an seinem eigenen Haus in Oberaden.