Andreas Zaremba, der Chef des Bauvereins, steht vor den jetzt klimaneutralen Wohnungen in Brambauer. © Sylvia vom Hofe

Wohnen in Lünen

Bauverein zu Lünen: Die ersten 54 Alt-Wohnungen sind klimaneutral saniert

Sowohl Bund als auch EU erhöhen 2022 den Druck: Alte Häuser müssen so saniert werden, dass sie klimaneutral werden. Der Bauverein zu Lünen ist schon dabei - mit Folgen für die Mieter.

Lünen

, 02.01.2022 / Lesedauer: 4 min

Als der Bauverein zu Lünen in den 1970er-Jahren am Espelweg Mehrfamilienhäuser baute, hat noch keiner über dicke Dämmung nachgedacht. Und über Alternativen zu Öl und Gas als Energielieferant für die Wohnungen. Was damals der neueste Schrei war, hatte sich 2021 zum Sanierungsfall entwickelt - und zugleich zu einem Vorreiter-Projekt von Lünens ältestem Wohnungsunternehmen. So wie die 54 Wohnungen in Brambauer will der Bauverein bis 2045 seine sämtlichen 5500 Wohnungen gestalten: CO2-neutral.

Das Wohnen ist einer der Hauptverursacher des von Menschen gemachten Klimawandels, der die Zahl von weltweiten Naturkatastrophen deutlich hat steigen lassen: allein zwischen 1980 und 2019 um mehr als das Dreifache. Laut Bundesumweltamt sind Immobilien für 30 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich. Die EU-Kommission beschrieb es noch drastischer: Der Gebäudesektor verbrauche „40 Prozent unserer Energie und verursacht 36 Prozent unserer Treibhausgasemissionen“. „Bauen ist der graue Elefant in der Klimawende“, sagte die neue Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) . Es gebe „ein riesiges Einsparpotenzial, aber es bewege sich noch zu wenig. Ein Vorwurf, den sich der Bauverein zu Lünen nicht gefallen lassen muss.

Klimaneutralität: Fünf Jahre eher als zunächst angegeben

Der Bauverein will sanieren und muss es auch: Sowohl die neue Ampelkoalition als auch die EU-Kommission haben den Druck auf die Wohnungswirtschaft deutlich erhöht. Bis 2045 will Deutschland klimaneutral sein - fünf Jahre eher als ursprünglich festgelegt. Die EU will 2050 die grüne Null erreichen. Damit dieses Ziel gelingt, plant die EU-Kommission eine Sanierungspflicht für Wohngebäude, die besonders viel Energie verbrauchen. Bis 2030 sollen europaweit 35 Millionen Wohngebäude auf einen höheren Energiestandard gebracht werden: etwa 15 Prozent des Bestandes. Alle Neubauten sollen ab 2030 komplett klimaneutral sein.

Die Außenanlagen am Espelweg in Brambauer müssen noch bepflanzt werden. Zisternen ermöglichen eine automatische Bewässerung. © Sylvia vom Hofe

„Das ist schon eine Riesenaufgabe“, sagt Andreas Zaremba, der Vorstandsvorsitzende des Bauvereins. Und eine Belastung für die Mieterinnen und Mieter. Das meint er mit Blick auf den Baulärm in den zurückliegenden sieben Monaten und nicht mit Blick auf die Kosten. „Doch“, sagt er auf Nachfrage, „die Miete steigt nach Abschluss der Sanierung“: um 1,50 Euro pro Quadratmeter.

Mieterhöhung um 1,50 Euro, aber auch Einsparungen

Die Miete am Espelweg wird von 5,20 Euro auf 6,70 Euro angehoben. Umgekehrt würden die Mieterinnen und Mieter künftig aber deutlich weniger ausgeben für Energiekosten. Schließlich habe es bislang keine Dämmung gegeben, „und jetzt ist dort Neubaustandard“. Was unterm Strich übrig bleibt von der Mieterhöhung, werden die ersten Heizkostenabrechnungen 2022 zeigen. Fest steht: Mietshäuser müssen nach einer Sanierung mindestens 30 Prozent weniger Energie verbrauchen als ein Musterhaus, das das Gebäudeenergiegesetz definiert. Die Einsparungen am Espelweg sollen deutlich höher liegen.

Grundsätzlich dürfen Vermieter noch acht Prozent der Sanierungskosten auf die Jahresmiete draufschlagen und nicht wie bis Ende 2018 elf Prozent. Insgesamt dürfen Modernisierungen die Monats­miete inner­halb von sechs Jahren maximal um drei Euro pro Quadrat­meter erhöhen, wie die Stiftung Warentest erklärt. Beträgt die Miete weniger als sieben Euro pro Quadrat­meter, dürfe sie durch die Modernisierung in sechs Jahren sogar nur um maximal zwei Euro je Quadrat­meter steigen.

CO2-Preis ist zum 1.1.2022 gestiegen

Um die Bereitschaft zur Sanierung zu steigern, hat der Bund 2022 an der CO2-Preis-Schrraube gedreht: Der vor einem Jahr eingeführte CO2-Preis für Brennstoffe wie Heizöl und Erdgas ist zum 1. Januar 2022 von 25 auf 30 Euro je Tonne gestiegen. Im Fall des Wohnkomplexes am Espelweg braucht es weder Erdgas, wie in der Vergangenheit, noch Öl oder Kohle, um zu heizen.

Mit grünem Strom betriebene Luftwärmepumpen haben die alten Gasheizungen ersetzt. © Sylvia vom Hofe

Mit Strom betriebene Luftwärmepumpen kommen hier zum Einsatz. Der Bauverein nutzt sogenannten Grünstrom aus Erneuerbare-Energie-Anlagen. Das würde dann Klimaneutralität bedeuten, wie Karsten Unterberg, Vorstand des Bauvereins, sagt. Allerdings, können sich die Mieterinnen und Mieter auch anders entscheiden. Seit Ende der 1990er-Jahre gibt es Wahlfreiheit.

„Warmer Pullover“ für Altbauten

Was es bedeutet, 50 Jahre alte Häuser zu Vorreitern des CO2-neutralen Wohnens zu machen, beschreibt Karsten Unterberg so: „Wir haben den Gebäuden ringsum einen warmen Pullover angezogen.“ Die Fassaden erhielten eine 20 Zentimeter dicke Dämmschicht aus Mineralwolle, die untere Kellerdecke wurde gedämmt, alle Fenster wurden gegen Drei-Scheiben-Gläser ausgetauscht, es gab neue, nach außen gesetzte elektrische Rollläden und neue Heizkörper, die Dächer wurden erneuert und ebenfalls gedämmt: 26 Zentimeter dick. Besonders augenfällig; die neuen Balkone. Die Bauarbeiter hatten die alten, herausragenden Stahlbetondecken angeschnitten und vor die Fassaden neue Balkone gesetzt: Die sind nicht nur deutlich tiefer und bieten dadurch viel mehr Platz. Sie verhindern auch die Kältebrücken, die Energie verschwendeten und Schimmel förderten.

Für den Bauverein ist die Sanierung der Gebäude „eine echte Mammutaufgabe“, sagt Zaremba. Allein in den ersten fünf Jahren würden dafür 41 Millionen fällig. Und das ist erst der Anfang, Denn das Sanierungsprojekt zieht sich noch bis 2045. „Wir bleiben hochinvestiv.“

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