In den vergangenen Sitzungen des Ausschusses für Stadtentwicklung war der „Masterplan Wohnen“, immer wieder Streitpunkt unter den Ausschussmitgliedern. Verabschiedet durch den Rat der Stadt Lünen im Mai 2018, wollte man mit dem Plan erreichen, allen Lünern dauerhaft passenden Wohnraum bieten zu können. Wünsche aus verschiedenen Fraktionen nach einer Anpassung bzw. Aktualisierung waren nun gut sechs Jahre nach Verabschiedung laut geworden.
Vor allem im Zuge des beschlossenen Neubaugebiets „In den Hummelknäppen“ kamen Beschwerden aus den Reihen der GFL und der Grünen, es ständen viele dringliche Neubauprojekte auf der Liste. Und: „Der Rat der Stadt hat mit dem Masterplan Wohnen festgelegt, wo in Lünen gebaut werden kann. Dieser Beschluss wurde einstimmig gefasst. Das Gebiet Hummelknäppen gehört aus gutem Grunde nicht dazu“, hatte die GFL in einer Stellungnahme vom 19.3. mitgeteilt. Auch die Grünen hatten beantragt, von dem Bauprojekt „In den Hummelknäppen“ Abstand zu nehmen, den Masterplan grundlegend zu überarbeiten und sich bis 2035 auf sieben Bauprojekte zu konzentrieren.
Ausschuss-Vorsitzende Martina Förster-Teutenberg (SPD) hatte nun für den 20. März eine Sondersitzung einberufen. Dabei sollte den Mitgliedern Raum gegeben werden, den Masterplan zu evaluieren und anzupassen. „Ich bin das Schießen einzelner Fraktionen gegen andere leid“, sagte sie eingangs. „Deswegen gibt es diese Sondersitzung und wir sitzen hier so lange, bis wir einen Konsens im Sinne der Bürger gefunden haben.“
62 Flächen mit unterschiedlicher Priorität
Flächenentwicklungen mit verschiedenen Prioritäten, Bestandsentwicklung, Seniorenwohnen, öffentlich geförderter Wohnungsbau, Optimierung der Versorgungsstrukturen und aktives Wohnflächenmanagement. Das sind die Handlungsfelder des „Masterplan Wohnen“. Als Handlungsempfehlung auf Stadtteilebene wurden Alstedde, Niederaden und Brambauer in den Mittelpunkt gerückt und Entwicklungsprogramme erarbeitet.
„Nachhaltiges Wohnflächenmanagement“ ist dabei das über allem schwebende Stichwort. Der Plan wurde somit „in einem Gleichschritt aus Neubau- und Bestandsentwicklung“ als „strategische Grundlage“ für die Wohnsiedlungs‐ und Flächenentwicklung für die kommenden 20 Jahre verabschiedet. Bezüglich der Flächenentwicklung (also der Neubauprojekte) waren insgesamt 62 Flächen in die Liste aufgenommen worden, 22 davon, auf denen 1073 Wohneinheiten gebaut werden sollen, mit der Priorität 1 (bis ca. 2025). 481 Wohneinheiten sollen mit Priorität 2 bis 2030 gebaut werden. Als Reserve (Priorität 3) wurden ca. 1268 Wohneinheiten vorgesehen. Grundlage dafür bildete eine Bedarfsanalyse.

Knapp sechs Jahre nach Verabschiedung des Plans gibt es nun nicht nur von Seiten der Ausschuss-Mitglieder, sondern auch von Seiten der Verwaltung den Wunsch nach einer Anpassung des Plans, insbesondere der Prioritätenliste. Aus dem zur Sondersitzung durch den Beigeordneten Arnold Reeker vorgelegten Sachstandsbericht geht hervor, dass die 2018 im Plan definierten Ziele in mehreren Bereichen nicht erfüllt werden konnten.
Was den öffentlich geförderten Wohnraum betrifft, konnte die Quote nicht erfüllt werden. Seit Anfang 2018 bis Oktober 2023 war die Anzahl der Wohneinheiten mit öffentlicher Förderung sogar deutlich rückläufig (minus 472 Mietwohnungen, minus 192 Eigenheime). Ursache sei vor allem an veränderten Förderbedingungen, heißt es in dem Bericht (Stand: 11/2023). „Wohnungen, die nach Ablauf der Miet- und Belegungsbindungen aus dem öffentlich geförderten Wohnungsbestand gefallen sind, wurden nicht durch ausreichend neu erstellte Wohneinheiten ersetzt.“
Bezüglich der Handlungsempfehlungen für die Stadtteile sind für Alstedde und Niederaden in den vergangenen Jahren Maßnahmenpakete entwickelt, aber deren Umsetzung noch nicht beschlossen worden. Für Brambauer wurde zunächst eine Bestandsanalyse, die Aspekte wie soziale Infrastruktur, klimatische Situation oder Mobilität berücksichtigt, durchgeführt. Ein konkretes Handlungskonzept wird allerdings nicht erarbeitet - aktuell fehlen die Fördermöglichkeiten.
Besitzverhältnisse ungeklärt
Auch das Thema „aktives Wohnflächenmanagement“ wurde bisher „noch nicht ausreichend berücksichtigt“, wie es in dem Bericht heißt. „Hier gibt es deutlichen Handlungsbedarf.“ Und auch die Flächenentwicklungsliste konnte nicht so angegangen werden, wie verabschiedet. In ihrem Sachstandsbericht gibt die Verwaltung nun bekannt, dass die Verfügbarkeit der Flächen bei Erstellung der Liste in vielen Fällen nicht geklärt war. Statt der 3109 Wohneinheiten (davon 1841 mit Priorität 1 und 2) seien lediglich 696 Wohneinheiten tatsächlich realisierbar. 182 seien bereits in Arbeit.
Das Bauprojekt „In den Hummelknäppen“ wurde zwar bereits beschlossen, ist aber noch nicht eingerechnet, da die Zustimmung der Regionalbehörde noch nicht vorliegt. Faktisch geht es nun um sechs Bebauungsflächen, die neu eingestuft wurden: Der Preußenhafen und Achenbach 3 liefen bisher unter „Arbeitsprogramm“ und mussten von der Verwaltung in Priorität 3 herabgestuft werden.
Wehrenboldstraße und Alsenstraße werden statt bis 2025 erst bis 2035 angegangen. Brechtener Straße und Im Sundern werden aktuell bearbeitet ebenso wie „In den Hummelknäppen“, das bisher nicht enthalten war. Der Antrag der GFL, sich auf sieben Bauprojekte zu konzentrieren, wurde mehrheitlich abgelehnt. Stattdessen wurde auf Antrag der SPD der ehemalige Schulstandort der Paul-Gerhard-Schule in Lünen-Süd in die aktive Bearbeitung einstimmig heraufgestuft. Ebenso wurde der Aufnahme der Kirchenstandorte St. Ludger in Alstedde und St. Norbert in Altlünen in die Prioritätenliste zugestimmt. Mit der Mehrheit aus SPD und CDU stimmte der Ausschuss schließlich der geänderten Liste insgesamt zu.