Stundenlanges Warten in der Kälte „Wir wünschen uns eine menschenfreundlichere Lösung“

Von Kevin Kohues
Vor der Ausländerbehörde: Stundenlanges Warten in der Kälte
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Immer donnerstags ist vor der Ausländerbehörde des Kreises Unna in Königsborn das gleiche Phänomen zu beobachten. Schon am frühen Morgen bilden sich lange Schlangen, die Kunden müssen mitunter Stunden darauf warten, bis sie im Gebäude sind und ihr Anliegen bearbeitet wird.

Was an sich schon kein Vergnügen ist, wird bei dem kalten, oft regnerischen Wetter richtig unangenehm. Zumal sich unter den Wartenden auch alte Menschen und Mütter mit sehr kleinen Kindern und sogar Babys befänden, die noch gestillt werden, wie Ksenija Sakelsek berichtet.

Zelt vor dem Gebäude „ist keine Lösung“

Sakelsek weiß als Vorsitzende des Integrationsrates der Stadt Unna genau, wovon sie spricht. Man habe das Problem schon vor einiger Zeit einmal angesprochen und sei beim Kreis Unna auf offene Ohren gestoßen. Allerdings: Die seinerzeit gefundene Lösung habe sich inzwischen als untauglich erwiesen. Die Rede ist von einem Zelt, das vor der Ausländerbehörde aufgebaut wurde und den Wartenden Schutz vor Wind und Wetter bieten soll.

Doch es fehle eine Rückzugsmöglichkeit für stillende Mütter, und vor allem: Es sei viel zu klein. „Es passt vielleicht ein Drittel der Wartenden ins Zelt, der Rest steht draußen“, sagt Sakelsek, „das ist keine Lösung.“

Termine sind für zehn Wochen ausgebucht

Donnerstags ist der Andrang deshalb so groß, weil es sich um den einzigen Tag in der Woche handelt, an dem Anliegen ohne Termin bearbeitet werden. Statt des stundenlangen Wartens einfach einen Termin für einen anderen Tag zu buchen, ist für viele Menschen ebenfalls keine Lösung: Die Termine sind aktuell für die nächsten zehn Wochen ausgebucht. „Darauf können viele nicht warten, wenn ihre Duldung ausläuft“, so Sakelsek.

Der Integrationsrat wendet sich deshalb nun erneut hilfesuchend an die Kreisverwaltung. „Wir wünschen uns eine menschenfreundlichere Lösung“, sagt die Vorsitzende und hat dabei vor allem einen Warteraum im Gebäude und eine Aufstockung des Personals in der Ausländerbehörde im Sinn.

Kreis Unna: „Situation muss dringend verbessert werden“

Auf Nachfrage äußerte die Kreisverwaltung am Freitag (10. März) Verständnis für den Unmut und stellte klar: „Die Situation muss auch aus Sicht der Kreisverwaltung dringend verbessert werden.“ Die Behörde arbeite bereits an der Problemlösung, müsse aber um Geduld bitten, da eine kurzfristige Lösung leider nicht möglich sei.

Zu den Gründen hieß es auf Nachfrage unter anderem, dass leider kein weiterer Raum im Gebäude als Wartebereich zur Verfügung gestellt werden könne.

In einer schriftlichen Stellungnahme hieß es: „Es gibt einen Wartebereich im Gebäude, in dem rund 40 Personen Platz finden. Ist der voll, haben die Menschen die Möglichkeit, in dem Zelt vor dem Gebäude zu warten. Oft kommen aber so viele Kundinnen und Kunden (150 wartende Personen sind keine Seltenheit), dass die Kapazitäten in den beiden Wartebereichen deutlich überschritten sind und sich Schlangen auch vor dem Zelt bilden.“

Vier von 13 Vollzeitkräften sind erkrankt

Die mögliche Lösung, Anliegen mithilfe von mehr Personal schneller abzuarbeiten und Wartezeiten auf diesem Wege zu reduzieren, scheidet aktuell ebenfalls aus. Von 13 Vollzeitkräften seien derzeit vier erkrankt. Der Kreis weiter: „Wir versuchen, einen Teil davon mit Personal aus anderen Stellen und Azubis aufzufangen. Die müssen aber auch eingearbeitet werden und neues Personal ist auch nicht sofort verfügbar. An der Stelle arbeiten wir derzeit daran, die Situation zu verbessern.“ Fakt sei: Es seien eben sehr viele Kunden, die mit ganz unterschiedlichen und teils auch mehreren Anliegen auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zukämen. „Gut eingearbeitete Mitarbeiter schaffen maximal die Anliegen von vier Personen in einer Stunde zu bearbeiten – hinzu kommt noch die Arbeit außerhalb der persönlichen Kundenarbeit. Und es können auch aufwendigere Anliegen – etwa die Ausstellung einer Verpflichtungserklärung – dabei sein. Die Bearbeitung dauert, wenn alles reibungslos läuft und die Unterlagen da sind, 40 Minuten.“

Termingeschäft funktioniert ohne Wartezeiten

Zumindest am guten Willen mangelt es offenbar nicht. „Wir versuchen die Arbeitsprozesse zu kanalisieren“, betont der Kreis. „Personen, die nur etwas abholen möchten, müssen nicht in der Schlange stehen. Zudem informieren die Mitarbeiter die Wartenden regelmäßig in der Schlange über die aktuelle Situation. Dabei geben sie zum Beispiel auch Informationen an die Wartenden, wenn ihre Anliegen nicht mehr an diesem Tag bearbeitet werden können.“

Wann immer möglich, bittet die Kreisverwaltung darum, einen Termin zu vereinbaren. Das Termingeschäft funktioniere gut und ohne lange Wartezeiten. Wer einen gebuchten Termin doch nicht wahrnehmen kann, ist dringend aufgerufen, diesen auch abzusagen, damit jemand anderes ihn buchen kann. Es könne sich durchaus lohnen, immer wieder in die Terminvergabe zu schauen, ob ein früherer Termin verfügbar ist – und die lange Wartezeit entfallen kann.

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