Der Mann mit der Kfz-Kennzeichentasche unterm Arm war sichtlich irritiert: „Ist heute zu?“, fragte er unseren Reporter am Donnerstag (2. März) vor dem Kreishaus in Unna. Als die Frage bejaht wurde, machte er sich kopfschüttelnd wieder von dannen.
Trotz umfangreicher Informationen über die Medien, auch durch unsere Redaktion, hatte nicht jeder mitbekommen, dass die Einrichtungen der Kreisverwaltung am Donnerstag für den Publikumsverkehr geschlossen blieben. Grund war der Streik-Aufruf der Gewerkschaft Verdi, die zudem einen Demonstrationszug durch Unna veranstaltete.

Zu Verärgerung führte dieser Umstand bei einer Flüchtlingsbetreuerin, die ihren Schützling aus Mali frühmorgens zur Verlängerung seines Aufenthaltstitels zur Ausländerbehörde gefahren hatte.
„Erst wollte ich online einen Termin buchen“, schildert die Frau, die anonym bleiben will. Vor Ende April hätte sie aber keinen bekommen können. Am Dienstag habe ihr der Sicherheitsdienst vor Ort dann empfohlen, am Donnerstag wiederzukommen. Ohne Anmeldung sei die Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung nämlich nur donnerstags möglich. Dumm nur, dass ausgerechnet am Donnerstag gestreikt wurde.
Extra früh losgefahren und nur ratlose Menschen getroffen
Dass von dem Streik auch die Ausländerbehörde betroffen sein würde, wusste die Flüchtlingsbetreuerin nicht – und konnte auch der Sicherheitsdienst der Ausländerbehörde am Dienstag noch nicht wissen.
Die Frau ist trotzdem sauer: „Es hieß, man müsse früh da sein, weil der Andrang donnerstags immens groß sei. Deshalb waren wir schon um 6.45 Uhr vor Ort“, so die Flüchtlingshelferin. Um vor der verschlossenen Tür nur einige wenige Menschen mit ratlosen Gesichtern zu treffen. Sie habe dann drei andere gestrandete Geflüchtete mit zum Bahnhof genommen, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln etwa aus Bergkamen angereist waren.
Kreis Unna: „Hätten Betrieb nicht gewährleisten können“
Dass die Ausländerbehörde von dem Streik betroffen war, versteht sie nicht: „Bei allem Verständnis für die Streikenden, aber die Durchsetzung dieses Rechts auf dem Rücken der Ärmsten der Gesellschaft, das kann es nicht sein.“
Aus der Kreisverwaltung heißt es auf Nachfrage, man verstehe den Unmut der Betroffenen. „Wir haben aber am Mittwoch aus der Ausländerbehörde und aus dem Straßenverkehrsamt die Rückmeldung bekommen, dass sich viele Mitarbeiter dem Streik anschließen wollen“, erklärt eine Sprecherin. Deshalb sei die Entscheidung gefallen, das Kreishaus und seine Nebenstellen für den Publikumsverkehr zu schließen. „Wir wissen natürlich, dass es sich um Bereiche mit viel Publikumsverkehr handelt, konnten aber nicht gewährleisten, dass genug Leute vor Ort sind, um die Anliegen zu bearbeiten.“
Der Kreis Unna habe versucht, die Schließung über alle zur Verfügung stehenden Kanäle bestmöglich zu kommunizieren. Aber, so die Sprecherin: „Es ist leider so, dass diese Info nicht jeden erreicht hat.“
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