Als neuer „Lichtpunkt im Eingang zur Innenstadt“ war das Verwaltungsgebäude des Bauvereins zu Lünen an der Lange Straße beim Einzug vor zwölf Jahren gefeiert worden. Die architektonische Finesse der Transparenz, mit dem Blick durch große Fenster von innen nach außen und umgekehrt, stehe für die Unternehmensphilosophie des genossenschaftlichen Wohnungsunternehmens, hieß es damals. Doch intern richtet sich der Blick längst woanders hin: auf die gegenüberliegende ehemalige Mercedesfläche.
Auf dem Filetgrundstück in Top-Lage wird der Bauverein 61 Wohnungen und ein Wohn- und Geschäftshaus errichten. Zurzeit laufen Bodenarbeiten. Fünf Etagen des Geschäftshauses will der Wohnungsanbieter selbst nutzen und damit dem jetzigen Verwaltungsgebäude den Rücken kehren. Die Ankündigung hat viele verwundert, zumal in Zeiten von Homeoffice der Bedarf an Büroflächen eher sinkt und der Bauverein bisher nie öffentlich davon gesprochen hat, auf die Ex-Mercedes-Fläche zu ziehen. Die Genossenschaft allerdings will aufstocken. Im jetzigen Gebäude sei es zu eng. Und das sei ein Problem. Man wolle sich für die Zukunft aufstellen - mit mehr Personal für die kommenden Herausforderungen.
Doch das ist nicht der einzige Grund. Der Bauverein spricht selbstbewusst davon, sich in Lünen an markanter Stelle positionieren zu wollen. Und das ist aus seiner Sicht der große Verkehrsknotenpunkt im Herzen der Stadt, an der wichtige Hauptstraßen zusammenfinden. Was bisher im Volksmund die Mercedes-Kreuzung war, soll künftig die Bauverein-Kreuzung werden. Die Idee dazu sei schon über 15 Jahre alt und damit älter als das jetzige Verwaltungshaus, erklärt Bauverein-Chef Andreas Zaremba. Allerdings wird sie noch Zukunftsmusik sein: Für das größte innerstädtische Bauprojekt werden dreieinhalb bis vier Jahre Bauzeit kalkuliert.
Entwicklung mit eigenen Leuten

Eine bessere Präsenz des Bauvereins sei schon Thema gewesen, als der noble Autobauer in Lünen zum ersten Mal über eine Standortveränderung nachgedacht habe. Weil er dann aber doch geblieben sei, habe man als Alternative das Grundstück der jetzigen Verwaltung an der Lange Straße gefunden, erläutert Zaremba. „Wir fühlen uns dort auch wohl“, sagt er. Allerdings stoße das Wohnungsunternehmen an der Stelle inzwischen räumlich an seine Grenzen.
Weil der Bauverein sich bis 2045 die CO2-Neutralität zum Ziel gesetzt hat, werde der technische Bereich aufgestockt. „Wir wollen die Entwicklung mit eigenen Leuten angehen und nicht Ingenieurbüros beauftragen“, erklärt Zaremba. Er begründet diese Entscheidung damit, dass sich Mitarbeitende anders mit dem Bauverein identifizieren würden. Ein Vorteil, auf den man baue.
Zudem wolle man am neuen Standort eine andere Bürostruktur entwickeln. „Bis wir damit fertig sind, gehen noch Jahre ins Land“, rechnet Andreas Zaremba. Ein Trend gehe wohl weg vom Großraumbüro, wieder hin zu kleineren Einheiten. Das habe auch mit Datenschutz zu tun, der zunehmend strenger ausgelegt werde. Dass Homeoffice in der Wohnungswirtschaft eher schwierig sei, erklärt Zaremba mit der Erreichbarkeit für Mieter. Verträge abzuschließen oder Wohnungen besichtigen zu können, ginge nicht im Homeoffice.
Ein Platzproblem begleitete den über 100 Jahre alten Bauverein früher schon. Zaremba erinnert an das ehemalige Verwaltungsgebäude am Spormeckerplatz. Da habe es schon zehn Jahre nach dem Einzug die ersten An- und Umbauten gegeben. Für das jetzige Bauverein-Gebäude an der Lange Straße hätten sich bereits Interessenten für eine Nachnutzung gemeldet. Der Wohnungsanbieter will es im Bestand behalten und eher vermieten als verkaufen.
Das neue Geschäftshaus auf der ehemaligen Mercedesfläche wird man nicht alleine nutzen: Eine Senioren-Wohngemeinschaft, Gastronomie und ein multifunktionaler Veranstaltungsbereich sollen dort ebenfalls präsent sein.
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