Filmhelden aus den frühen Kinojahren Anfang des 20. Jahrhunderts leuchten von der Bahnhofswand zwischen den zwei Bahnsteigen in Lünen. Wer sie sehen möchte, muss allerdings den Blick heben - nach oben an die Giebelseite. Künstler Oleg Kuzenko aus Regensburg hat dort großformatig Schauspielerin Marlene Dietrich und Nosferatu in Szene gesetzt - um Ankommenden Lünen als Stadt des Kinofestes zu präsentieren.
Das war 2012, als die damalige Ministerpräsidentin Hannelore Kraft das 23. Festival des deutschen Films in der Cineworld eröffnete. Inzwischen hat sich manches verändert: Mit dem Kinofest ist es seit dem Rückzug der Kinofestbetreiber in diesem Jahr vorbei. Auch das Bahnhofs-Kunstwerk ist in Teilen blass geworden. Eine Entwicklung, die mancher bedauert.
Hertie-Bauzaun gestaltet

Seit die Bahn den Lüner Verkehrsknotenpunkt barrierefrei umbaut, führen Handwerker im Gebäude Regie. Zurzeit bauen sie einen dringend benötigten Aufzug ein. Genau da, wo weiter oben die Kinogeschichte künstlerisch dokumentiert ist. Marlene Dietrich, einst in kräftigen Farben auf einem Holzfass präsent, ist nur noch schemenhaft zu erkennen. Es wirkt, als sei das Bild an einigen Stellen übersprüht und beschädigt worden.
Das beunruhigt Knut Thamm, den filmenden Chronisten aus Lünen. Es wäre doch schade, wenn das Werk nicht mehr als solches zu erkennen wäre, findet er. Denn Oleg Kuzenko bleibt in Lünen mit einem weiteren Projekt in Erinnerung: Während des Umbaus des Hertiegebäudes hat er venezianisches Flair auf den tristen Bauzaun der Großbaustelle unweit des Eiscafés Dolomiti gebracht. Szenen aus der Lagunenstadt, mit Gondeln, historischen Gebäuden und Karnevals-Narr. Aber auch Lünen kam darin vor. So integrierter er ein Paar an einem Cafétisch mit einem Schirm des Eiscafés in die Szenerie. Die Bilderwand war ein temporärer Blickfang. Mit dem Bauzaun verschwand das Werk.

Kontakt über Mike Wiedemann
Das soll mit dem Gemälde im Bahnhof nicht passieren. Das Empfangsgebäude gehört dem Bauverein zu Lünen. Vorstandsmitglied und Architekt Carsten Unterberg erklärte, man wolle das Werk erhalten. „Ein schöner Hingucker“, sagt er. Der damalige Kinofestleiter Mike Wiedemann hatte seinerzeit den Bahnhof mit mehreren Kunstobjekten bespielen lassen. Kontakt zu dem aus der Ukraine stammenden Oleg Kuzenko nahm Wiedemann auf, nachdem er von ihm eine mit einem Stadtplan gestaltete Hotelwand in Regensburg gesehen hatte. Auch Wiedemann sagt: „Es wäre toll, wenn das Werk in Lünen wieder restauriert würde.“
Für Carsten Unterberg steht die Barrierefreiheit des Bahnhofs zunächst im Vordergrund. Wenn die Modernisierung abgeschlossen sei, wolle man sich das Wandgemälde genau anschauen und mit dem Künstler sprechen, ob er beschädigte Stellen nacharbeiten könne. Denn eines hat Unterberg in all den Jahren wahrgenommen: Viele Wände seien im Bahnhof beschmiert worden - nur diese eine nicht. „Das ist doch ein gutes Zeichen“, findet er.

Umbau für 8,5 Millionen Euro
Seit Frühjahr 2023 laufen die Arbeiten am Lüner Hauptbahnhof. Neben der Barrierefreiheit erhält der Mittelbahnsteig eine neue Ausstattung und drei Wetterschutzhäuser für Reisende. Neue Sitzgelegenheiten sollen die Aufenthaltsqualität auf dem Bahnsteig verbessern. Insgesamt investieren das Land Nordrhein-Westfalen, der Nahverkehr Westfalen-Lippe, die Deutsche Bahn sowie die Stadt Lünen mehr als 8,5 Millionen Euro in die Modernisierung der Verkehrsstation.