An Schlaf ist für Apotheker Volker Brüning im Notdienst kaum zu denken. Dabei steht eine Liege für ihn bereit. Bis 22 Uhr kämen mitunter 20 bis 30 Kunden pro Stunde zur Notdienstklappe. Die Erkältungszeit im Winter mache sich besonders bemerkbar. Nach Mitternacht würden die Anfragen weniger, doch das Hinlegen lohne sich kaum.
Volker Brüning (56) ist Sprecher der Apotheker im Nordkreis, zu dem Werne, Lünen und Selm zählen. In letzteren beiden Städten betreibt er vier Apotheken. Im Notdienst hat Volker Brüning einiges erlebt. Die meisten Patienten hätten berechtigte Anliegen, etwa wenn sie verschriebene Medikamente der Notdienstpraxis oder der Kinderklinik Datteln abholen möchten. Oder weil die Medizinflasche plötzlich leer ist. „Dafür sind wir da“, sagt Volker Brüning. Mitunter aber auch für anderes, wie Schwangerschaftstests am frühen Morgen, oder im Notdienst an Wochenenden für die Pille danach.
Leidensdruck ist ein weiter Begriff. Es kämen Kneipenbesucher, die sich mitten in der Nacht mit Kopfschmerztabletten versorgen möchten. Nasensprays sind für manche so wichtig, dass sie spätabends geordert werden. Obwohl viele sonst auf jeden Cent achteten, seien sie bereit, für den nächtlichen Einkauf mehr zu bezahlen: Im Notdienst kommen 2,50 Euro Gebühr dazu. Was für die Apotheken dennoch nicht kostendeckend sei, wie Volker Brüning erklärt. Es sei „echter Service“.

Keine Babynahrung mehr
Er erinnert sich an ein Kuriosum, als ein Mann nach Mitternacht eine Spritze mit Kanüle haben wollte. Der Grund war ungewöhnlich: Er sei Marathonläufer und habe gelesen, dass Salatöl, in die Laufschuhe gespritzt, das Quietschen verhindern könnte. Einmal sei gegen 1 Uhr nachts ein junges Mädchen gekommen und habe nach Gesichtsreiniger gefragt. Es habe in der Disco einen jungen Mann kennengelernt, wollte mit ihm nach Hause und die Schminke entfernen.
Manchmal stehen Eltern vor der Notdienstklappe, weil sie Babynahrung brauchen. Oder es wird nach Mitteln für Pferde oder Hunde gefragt. An Silvester sei einmal eine Familie aufgetaucht, die zwar an den Braten für alle, nicht aber an die Sondennahrung für Oma gedacht hatte. Mitunter lösten Menschen Rezepte im Notdienst ein, die sie schon tagelang in der Tasche mit sich herumtragen.
Zu dritt festlich gekleidet
Zahnschmerzen oder Übelkeit, es gibt vieles, was Patienten in die Notdienstapotheke führt. Volker Brüning erinnert sich an ein Weihnachtsfest vor einigen Jahren in Zeiten der Grippewelle. Damals hatte sein Vater, ebenfalls Apotheker, Notdienst, obwohl sich die Familie traditionell zum Brunch am ersten Feiertag traf. Weil aber so viel zu tun war, haben Volker Brüning und seine auch als Apothekerin tätige Schwester den Vater unterstützt: alle drei festlich gekleidet. Die Leute hätten sich köstlich amüsiert.