Abstimmung zu Döner in Lünen manipuliert? Tausende Stimmen aus den USA, Russland und Korea

Abstimmung zu Döner eskaliert: Mögliche Manipulation bei Stimmenabgabe
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An unserer Abstimmung zum besten Dönerimbiss in Lünen durfte prinzipiell jeder teilnehmen. Diese Redaktion wollte mit einer Umfrage herausfinden, welcher Kebab den Lünern am besten schmeckt. Anders als erwartet, stammte eine große Zahl der Stimmen am Ende jedoch nicht aus Lünen. Nach Auswertung der Stimmen wird deutlich, dass die meisten aus dem Ausland stammen – oftmals aus den USA, Russland, aber auch der Ukraine, Pakistan und Südkorea. Und viele der Stimmen gingen an zwei bestimmte Imbisse.

IT-Experte Bjoern Hering ist Security Researcher bei der Netzsicher GmbH in Brambauer. Er geht von einem möglichen Manipulationsversuch aus. „Es gibt zwei Möglichkeiten, so eine Abstimmung zu manipulieren. Der einfache Weg ist über einen VPN-Service, in dem man die IP-Adresse ändert und danach nochmals abstimmt. Die zweite ist über Bots, die für einen abstimmen”, sagt Hering.

Dass tatsächlich Bots, im Prinzip eine automatisierte Software, für das Abstimmungsverhalten verantwortlich sind, glaubt er aber nicht. „Wenn das einer gemacht hat, würde mich das wundern. Dann wären die Klickzahlen vermutlich deutlich höher”, so der IT-Experte.

Eine Stimme pro IP-Adresse

Doch was waren eigentlich die Voraussetzungen, um an der Umfrage teilnehmen zu können? Bei der Abstimmung durfte jeder im Prinzip nur eine Stimme abgeben, reguliert über die sogenannte IP-Adresse. Jedes Gerät in einem Netzwerk hat so eine IP-Adresse. Wird die gleiche IP noch einmal erkannt, kann die Person nicht noch einmal abstimmen. Über die IP-Adresse lässt sich auch herausfinden, von wo die Stimme abgegeben wird.

Mögliche Manipulation

Genau das kann aber durch einen VPN-Service (Virtual Private Network) umgangen und verschleiert werden. Dabei wird die IP-Adresse oft ins Ausland gelegt. „Eine Rückverfolgung, wer da abgestimmt hat, ist fast unmöglich”, sagt Hering.

Was auffällt: Bei beiden Führenden der Abstimmung, Multi Kebab in Lünen-Süd und King Kebab in der Lüner Innenstadt, sind solche Stimmabgaben vermehrt aufgefallen. Beispielsweise wurde am 31. Januar zwischen 16.11 bis 21 Uhr fast ausschließlich für den King Kebab abgestimmt. Oftmals aus Pakistan, Frankreich, aber auch Australien. „Für mich sieht das eindeutig danach aus, als ob zwei oder maximal drei Personen mit einem VPN arbeiten, um alle vier bis fünf Minuten neu abzustimmen. Hier liegt also ein sehr simpler Manipulationsversuch vor. Auch die anderen Imbisse zeigen ähnliche Muster, wenn auch mit weniger Zugriffen”, sagt Hering. Denn ab 21 Uhr wurde ausschließlich für Multi Kebab abgestimmt, oft aus den USA, Russland und der Ukraine.

Von den (Stand Freitagnachmittag, 2. 2.) über 13.000 Stimmen kommen nur über 4000 überhaupt aus Deutschland, der Rest aus dem Ausland. Darunter ganz konkret 2614 Stimmen, die über die IP-Adresse einem Standort in der USA zugewiesen werden, 429 aus Pakistan, 568 aus Russland, 1182 aus der Ukraine, 175 aus Südkorea.

Wir sind die Besten

Angesprochen auf diese Erkenntnisse antwortet Yaddin Boz, Betreiber des King-Kebabs: „Die 4000 Stimmen für uns halte ich für realistisch.“

Boz sieht sich außer Konkurrenz zu den anderen Imbissen in Lünen. „Ich weiß, dass wir den besten Döner haben. Ich muss mich nicht mit den anderen messen. Wir arbeiten richtig und authentisch“, so der Betreiber. Von der Abstimmung selbst habe Boz zunächst nichts gewusst. „Mir wurde das erst von meinen Mitarbeitern zugetragen“, sagt er.

Zu den eigenen Stimmen aus dem Ausland wisse er zwar nichts, aber gegen seine Konkurrenz erhebt er schwere Vorwürfe: „Ich habe Beweise dafür, dass da von Multi Kebab manipuliert wurde. Wie kann es denn sein, dass da in der Nacht, wo alle schlafen, so viele Stimmen hinzukommen?“

Wir wollen fair gewinnen

Mit dieser Behauptung konfrontiert, sagt Serife Arin-Dincer, Teamleiterin der Multi-Kebab-Filialen in Lünen: „Wir haben keine Ahnung, wie das zustande gekommen ist. Wir haben Werbung auf unseren Seiten gemacht, das ist alles. Wir wollen fair und ehrlich gewinnen.“

Doch auch sie habe das ungewöhnliche Abstimmverhalten beobachtet. „Ich habe die Abstimmung am Anfang gesehen, und wir haben uns gefreut, als wir vorne waren. Wir hatten schon viele Stimmen. Und auf einmal sind die Stimmen in die Höhe geschossen. Aber warum, wissen wir nicht“, erklärt Arin-Dincer.

Sie verurteilt die mögliche Manipulation der Abstimmung. „Was haben Stimmen aus dem Ausland mit dieser Abstimmung zu tun? So eine Abstimmung soll gerecht sein. Jeder soll so abstimmen, wie er es für richtig hält“, findet sie.

Zweite Umfrage mit mehr Sicherheit

Da es diesen Vorwurf der Manipulation bei mehreren Imbissen gab, wird es in der nächsten Woche eine neue Abstimmung geben – mit erhöhten Sicherheitsmaßnahmen.

King Kebab wird dann auf eigenen Wunsch nicht mehr dabei sein. „Ich möchte nicht mehr daran teilnehmen. Ich möchte nicht, dass sich die anderen an dem guten Namen meines Ladens hochziehen“, erklärt Boz.

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