52 Wohnmobil-Besitzer verlieren Stellplatz in Brambauer „Das lassen wir uns nicht gefallen“

52 Wohnmobil-Besitzer verlieren Stellplatz in Brambauer
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Dietmar Sorge ist mit einem Wohnmobil groß geworden. Als Kind reiste er mit seinen Eltern in dem rollenden Zuhause umher. Seit 2008 hat er nun einen eigenen Camper. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin war er schon in Kroatien, Italien, Österreich, an vielen Orten in Deutschland. Eigentlich rollt Sorges acht Meter lange Gefährt jedes Wochenende über die Autobahnen und dahin, wo es schön ist. Was sich traumhaft anhört, hat allerdings auch seine Schattenseiten. Nicht unterwegs zu sein ist das Problem, sondern den Camper ruhen zu lassen, einen Platz zum Parken zu finden. „Es ist schwierig, ein so großes Fahrzeug dauerhaft im Wohngebiet am Straßenrand zu parken“, erzählt er. „Da beschweren sich schon mal die Nachbarn und außerdem muss man es spätestens alle 14 Tage umparken. Finden Sie erst mal ständig einen so großen Parkplatz“, sagt er.

Seit 2020 hat Sorge für seinen Camper nun aber auf dem Gelände von Rainer Krell am Rande Brambauers einen Stellplatz gefunden. Der Landschaftsgärtner hatte zu dieser Zeit seinen Betrieb verkleinert und eine zuvor als Abstellplatz für landwirtschaftliche Maschinen und gärtnerische Produkte genutzte Fläche als Stellplatz an aktuell 52 Camper vermietet.

Nach drei Jahren nun sollen aber alle Mobile umgehend von dem Gelände verschwinden. Krell hatte ihnen kündigen müssen.

Fläche muss Ackerland bleiben

Der Hintergrund: Als Rainer Krell in diesem Jahr einen weiteren Teil seines Geländes verkaufte, wurde die Stadt Lünen auf den Camper-Stellplatz aufmerksam. In einem Schreiben teilte ein Mitarbeiter aus dem technischen Rathaus Rainer Krell mit: „Im Rahmen einer Bauaufsichtskontrolle am 22.06.2023 habe ich festgestellt, dass Sie einen Abstellplatz für Wohnwagen und -mobile (...) ohne meine Genehmigung errichtet haben.“

Auch nachträglich könne eine Genehmigung nicht beantragt und erteilt werden: „Ihrem ausgeführten Vorhaben stehen planungsrechtliche Vorschriften entgegen“, heißt es in dem Schreiben. Die Fläche liegt im Außenbereich der Stadt, und sei somit „vorrangig“ der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung oder, wie in Krells Fall, der gartenbaulichen Erzeugung vorbehalten. Einer Umwidmung könne nicht zugestimmt werden.

Die Wohnwagen-Besitzer, die auf Rainer Krells Gelände einen Stellplatz gemietet haben
Die Wohnwagen-Besitzer, die auf Rainer Krells Gelände einen Stellplatz gemietet haben, wollen eine Kündigung auf keinen Fall hinnehmen. © Kristina Gerstenmaier

In diesem Schreiben vom 4. Juli 2023 wurde Rainer Krell in Folge dieser Rechtswidrigkeit dazu aufgefordert erstens „den errichteten Abstellplatz für Wohnwagen und -mobile durch Abfuhr der Fahrzeuge zu beseitigen“ und zweitens die geschotterte Fläche zu renaturieren. Zeit dafür wurde ihm bis zum 25. Juli eingeräumt. Dadurch dass er genehmigungspflichtige Nutzungsänderung ohne Baugenehmigung durchgeführt habe, drohe ihm nun ein Bußgeld von bis zu 500.000 Euro, heißt es abschließend.

Krells Betrieb bringt nicht viel Umsatz. Seit er 2004 den Betrieb vom Vater übernommen hat, hatte er ihn aus Kostengründen Schritt für Schritt zurückgefahren. Außerdem sei er mit seinen 65 Jahren auch nicht mehr der Jüngste, habe keinen Nachfolger, erzählt Krell. Schon vor vielen Jahren hatte er das betreffende Ackerland aufgegeben, die Fläche geschottert und sie als Abstellplatz für Schlepper genutzt. 2005 verkaufte er einen Teil seines Landes an das benachbarte Krankenhaus - das darauf einen Parkplatz baute. 2020 schließlich, als sich viele mit Corona ein Wohnmobil anschafften, begann Krell Stellplätze zu vermieten, um eine weitere Einkommensquelle zu schaffen.

Als das städtische Schreiben kam, wollte Krell auf keinen Fall Ärger und wegen seiner ohnehin schon schwierigen finanziellen Lage auf keinen Fall ein Bußgeld riskieren. Darum kündigte er seinen Campern umgehend.

50 Camper vor dem Rathaus?

Doch die wollen sich das nicht gefallen lassen. An einem Donnerstag Mitte August sind sie auf den Stellplatz gekommen, um ihrem Ärger Luft zu machen. „Im Wohngebiet ist einfach keine Stellfläche zu finden und in die Einfahrt passt der Camper kaum“, sagt auch Michael Fischer (62), der gemeinsam mit seiner Frau Heike gekommen ist. „Wir haben alle Möglichkeiten in weitem Umkreis abgegrast, es gibt einfach nichts.“ Denn in der Corona-Zeit haben sich viele ein Wohnmobil angeschafft. Andere Wohnmobilbesitzer, die hier einen Stellplatz gemietet haben, nicken zustimmend.

„Wir wollen die Stadt auch nicht provozieren“, sagt Fischer weiter, „sondern auf den Platzmangel aufmerksam machen und darauf, dass eine Umwidmung im Falle des Krankenhauses zum Beispiel ja auch möglich war.“ Wichtig ist allen klarzustellen, dass die Initiative nicht von Landwirt Rainer Krell ausgeht, sondern von den Campern. Im Namen aller 52 hat Dietmar Sorge einen Brief an Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns geschickt. Darin verweist er auf die Problematik, einen Stellplatz zu finden und darauf, dass es im Interesse der Öffentlichkeit liegen müsse, keine großen Campingfahrzeuge überall im öffentlichen Raum stehen zu haben.

Stadt prüft eine Lösung

Außerdem verweist er auf das Land, das für das Krankenhaus umgewidmet werden konnte und bittet darum, nicht mit zweierlei Maß zu messen. „Wir möchten Sie bitten, gemeinsam mit Ihrem Amt diesen Vorgang zu überdenken“, schreibt er. „Mit dem Eigentümer hat sich die Stadt im ersten Schritt darauf verständigt, dass das Abstellen der Camper für eine Übergangszeit geduldet wird. Ob eine dauerhafte Lösung möglich ist, wird von der Verwaltung noch geprüft“, erklärt Stadtsprecher Daniel Claeßen auf Anfrage der Redaktion.

Dieses Bild, das in Rainer Krells Büro hängt, zeigt seinen Betriebm wie er 2002 aussah.
Dieses Bild, das in Rainer Krells Büro hängt, zeigt seinen Betriebm wie er 2002 aussah. © Repro: Gerstenmaier

„Die kommen an unser Geld und an unsere Heizungen“, sagt Sorge bei dem Camper-Treffen entschieden, „aber an unsere Camper kommen sie nicht. Ich habe so sehr die Nase voll, dass man nur noch gegängelt wird. Irgendwo ist auch mal genug.“ Gemeinsam mit den anderen 51 Stellplatz-Mietern möchte er am 5. September zur Bürgersprechstunde ins Lüner Rathaus kommen, um die Angelegenheit persönlich zu besprechen - und um in ihren Campingfahrzeugen vorfahren.