Die Reiterliche Vereinigung (FN) hat seit den Olympischen Spielen in Paris mit erheblichen Herausforderungen zu kämpfen. Zwar konnten die vier Goldmedaillen kurzzeitig positive Schlagzeilen erzeugen, doch die finanziellen Probleme des Verbands traten schnell wieder in den Vordergrund. Nach Bekanntwerden der finanziellen Schwierigkeiten kam es zu Entlassungen und Kündigungen, die den Verband zusätzlich unter Druck setzten.
Die Krise gipfelte in einer außerordentlichen Sitzung des Verbandsrats, bei der sowohl Finanzkurator Gerhard Ziegler als auch Präsident Hans-Joachim Erbel ihren Rücktritt erklärten. Sie waren nicht entlastet worden, und auch Generalsekretär Soenke Lauterbach folgte später und kündigte seinen Vertrag, allerdings erst mit Wirkung zum September 2025. Gegen ihn laufen derzeit staatsanwaltschaftliche Ermittlungen.
Neuer Präsident für die Reiterliche Vereinigung
Nach den Olympischen Spielen äußerte die erfolgreiche Dressurreiterin Isabell Werth scharfe Kritik an der FN, die weiterhin ohne Präsidenten dastand. In dieser angespannten Situation wurde Martin Richenhagen als neuer Präsidentschaftskandidat ausgewählt. Bei einer Sitzung des FN-Beirates Sport stimmten die Mitglieder mehrheitlich für ihn, und er setzte sich mit 110 Stimmen gegen Hans-Jürgen Meyer durch. Die offizielle Wahl durch den Verbandsausschuss am 26. November gilt als Formsache.
Richenhagen, ein 72-jähriger Unternehmer, steht vor der Herausforderung, die FN personell zu stabilisieren und die finanziellen Probleme zu lösen. Viele Mitglieder dürften für ihn gestimmt haben, da er versprochen hat, bei der FN „aufzuräumen“. Diese Ankündigung wirft jedoch Fragen über die Zusammenarbeit mit Lauterbach auf, die angesichts der kritischen Äußerungen von Richenhagen ungewiss scheint.
Am Freitag wurde zudem bekannt, dass Justiziarin Dr. Constanze Winter ihren Posten im kommenden Jahr räumen wird. Lauterbach informierte das FN-Präsidium darüber. Winter und Lauterbach sind in einer Beziehung, die Richenhagen bereits im vergangenen Jahr kritisierte, da er ihnen vorwarf, gegen Compliance- und Good-Governance-Regeln zu verstoßen. Es scheint, dass Winter einer Zusammenarbeit mit Richenhagen aus dem Weg gehen möchte, obwohl sie offiziell angibt, eine Professur an einer Verwaltungshochschule anzustreben. Ein konkretes Datum für ihren Abgang wurde nicht genannt.
Viele Baustellen bei der Reiterlichen Vereinigung
Zusätzlich kündigte Lauterbach an, die FN spätestens im September 2025 zu verlassen. Ob und wie eine Zusammenarbeit bis dahin möglich ist, bleibt unklar. Vor der Wahl Richenhagens wurden auch zwei weitere bedeutende Abgänge bekannt: Marketingchef Georg Ettwig wechselt zu dem Streamingdienst „Clip my horse“, und Bernhard Feßler, Leiter des Hauptstadtbüros, wird den Verband ebenfalls verlassen. Das Berliner Büro wird Anfang nächsten Jahres aus Kostengründen geschlossen.
Eine Führungsposition konnte jedoch neu besetzt werden: Vanessa Richwien hat Anfang des Monats die Stelle als Geschäftsführerin für Finanzen übernommen und tritt die Nachfolge von René Straten an. Dessen Kündigung oder Entlassung, über die unterschiedliche Informationen kursieren, hatte die Krise bei der FN erst richtig ins Rollen gebracht. Ihm wurde vorgeworfen, die schwierige finanzielle Situation der FN nicht rechtzeitig erkannt und kommuniziert zu haben. Später wurde jedoch argumentiert, Straten sei nur ein „Bauernopfer“ gewesen, während das Präsidium die finanziellen Missstände zu lange ignoriert habe.
Insgesamt steht die FN vor großen Herausforderungen. Trotz der Klärung der Präsidentschaft sind viele Fragen offen. Richenhagen muss nicht nur die FN personell und finanziell stabilisieren, sondern auch das angeschlagene Image des Verbands wiederherstellen. Der Druck ist hoch, und die kommenden Monate werden entscheidend für die Zukunft der Reiterlichen Vereinigung sein.