Der Wind ist schneidend kalt. Es sind unwirtliche Bedingungen an diesem Dezemberabend in Bork: Die Temperatur liegt nur wenige Grad Celsius über Null, die ist Sonne schon lange weg und dann eben der Wind und hin und wieder leichter Regen, die ihr Übriges tun. Trotzdem haben sich auf dem Trainingsplatz des PSV Bork mehr als 20 Mädchen eingefunden, um zu trainieren.
Verwunderlich ist das aber nicht unbedingt, denn: Juniorenfußball boomt. Im Gebiet des Fußball- und Leichtathletik-Verbands Westfalen (FLVW) gibt es laut einer Verbandsmitteilung in dieser Saison 505 mehr Juniorenteams als in der Spielzeit zuvor. Bei den Mädchen sind 71 neue Mannschaften hinzugekommen, in der Vorsaison waren es laut FLVW gerade einmal elf.
PSV Bork liegt im Trend
Damit liegt der PSV Bork voll im Trend. Juniorinnenfußball boomt auch an der Waltroper Straße. Doch der Weg dorthin war ein langer und steiniger. 2019 noch waren gerade mal so viele Mädchen da, um eine halbe Mannschaft zu stellen. „Wir haben damals gesagt, das funktioniert so nicht‘“, erzählt Oliver Brockmeier, Jugendleiter beim PSV. „Mädchenfußball war früher wichtig und deshalb wollten wir das neu anstoßen.“
Daraufhin veranstaltete der PSV Bork einen Girls Day. „Dort hatten wir dann regen Zulauf“, so Brockmeier. „Über 40 Mädchen haben sich damals angemeldet. Wir haben die fast einen Tag trainiert, bespaßt und an den Fußball rangeführt“, ergänzt Dietmar de Sacco, Geschäftsführer des PSV Bork und selbst Trainer der B-Juniorinnen.

Von den 40 blieben dann etwas mehr als eine Handvoll hängen. „Wir hatten dann zwölf Mädchen, für die wir dann ein Training organisiert haben“, berichtet Brockmeier. „Das hat sich dann so toll entwickelt, dass wir innerhalb der drei Jahre bei einem Stand von 45 Mädchen sind.“
Das gelang vor allem durch Mundpropaganda. „Du hast hier jede zweite Woche eine Spielerin, die eine andere mitbringt. Die wurden alle motiviert, in dem sie erzählt haben, wie toll das ist und wie sehr es Spaß macht“, sagt De Sacco. „Das läppert sich.“
Mädchen geben viel zurück
So lief es beispielsweise auch bei Lena Schwenken ab, die seit eineinhalb Jahren beim PSV Bork spielt. „Ich habe länger mit eine Freundin überlegt, Fußball zu spielen und dann habe ich einfach mit ihr angefangen“, erzählt die 15-Jährige. „Die Mannschaft ist einfach toll, deswegen will ich auch bleiben. Es macht einfach Spaß, im Team zu spielen. Hier habe ich auch ein paar Freundschaften geknüpft.“
Spaß haben auch die Trainer. „Mädchen sind anders zu trainieren als Jungs“, erklärt De Sacco. „Mädchen gehen anders an die Sache ran, sie sind lernbegieriger, nehmen nicht alles für selbstverständlich, hinterfragen viel, geben aber auch im sozialen Bereich viel zurück. Denen kannst du einfach eine ganze Menge beibringen. Und es hält auch jung, wenn man da mitmacht.“

Entscheidender Ausgangspunkt war aber der Girls Day, den der PSV veranstaltete. Den begleitete auch Linn Cymontkowski, die die Juniorinnen als Sportliche Leiterin betreut. Die 21-Jährige, die für die Bezirksliga-Frauen aufläuft, ist selbst schon mehr als zehn Jahre mit dabei. „Eine meiner besten Freundinnen hat schon Fußball gespielt. Ich war dann in der Ferienfreizeit, um den Sport kennenzulernen. Ich war direkt begeistert, habe schnell angefangen und bin dabei geblieben“, erzählt Cymontkowski, die das Bindeglied zwischen Trainerteam und den Spielerinnen ist.
Sie selbst hatte ebenfalls eine Mannschaft trainiert, bis der zeitliche Aufwand zu groß wurde. „Ich wollte aber nicht ganz aufhören, also habe ich die Rolle als Sportliche Leiterin eingenommen“, erzählt Cymontkowski.
Verein bringt Geduld auf
Dabei steht beim PSV Bork nicht der Leistungsgedanke im Vordergrund. „Viele Mädchen muss man erst mal ranführen. Wir bekommen keine fertigen Fußballerinnen. Da müssen wir Geduld haben“, sagt De Sacco.
Diese Geduld bringt der Verein aber auf, wie Brockmeier betont: „Die Hemmschwelle ist oft groß. Hier kann aber jede hinkommen, auch wenn sie noch nie einen Ball am Fuß hatten. Wenn sie dann merken, dass die anderen auch Anfängerinnen sind, dann stellen sie fest, dass das bei uns überhaupt nichts macht.“

„Wir hatten Spielerinnen, die den Ball auch sechs Metern nicht geradeaus schießen konnten. Heute sind sie Stammspielerinnen in der ersten Mannschaft. Wer mit 13, 14 anfängt und es sieht vielleicht talentbefreit aus, heißt das nicht, dass sie mit 16 nicht schon eine gute Fußballerin ist“, ergänzt De Sacco. „Das erzähle ich auch jeder, die verzweifelt ist, und sagt: ‚Ich kann das nicht.‘ Irgendwann wird sie das schaffen.“
Das habe auch die Vergangenheit gezeigt. „Wenn ich sehe, dass bei der Bezirksliga-Truppe von den elf Spielerinnen auf dem Platz neun stehen, die du selbst in der Jugend trainiert hast und dann das Ergebnis siehst, dann freue ich mich jeden Sonntag, wenn ich das sehe“, so De Sacco.
„Das ist im Prinzip, wo wir hinwollen“, sagt auch Brockmeier. „Im Moment ist der Unterbau nicht gegeben, den wollen wir wiederhaben.“ Anderswo ist das eben anders, wie De Sacco erläutert: „Ich sehe es in anderen Vereinen, wo es keinen Unterbau gibt. Da sind die Damenmannschaften dann schnell wieder verschwunden. Ich möchte nicht, dass die Perspektive hier nicht mehr da ist.“
Auch deswegen ist also jede Spielerin beim PSV Bork willkommen. Das betonen die Verantwortlichen immer wieder. „Alle, die Fußball spielen wollen, werden das bei uns in Bork können. Wir schicken niemanden weg“, sagt De Sacco.
Diese Aussage bezieht sicher aber nicht nur auf fußballerische Fähigkeiten von Neulingen, sondern noch auf eine andere, ganz praktische Sache. Denn viele Mannschaften können für logistische Probleme sorgen. Beim PSV Bork gibt es neben den beiden Herren-, die Damenmannschaft, zwei Alte-Herren-Teams, eine Walking-Football-Gruppe, die PSV Heavy Kickers, neun Juniorenmannschaften und die beiden Teams der Juniorinnen (B- und D-Jugend). „Wir sind breit gefächert. Als Verein wollen wir ein breites Spektrum anbieten“, so De Sacco.
Nur hat der PSV Bork keine unbegrenzten Kapazitäten, um Training anzubieten. „Im Sommer haben wir Platz genug, aber im Winter ist das eine Kraftanstrengung“, sagt Brockmeier. „Wir kriegen das aber hin. Die Trainer sind untereinander sehr kollegial. Es ist schön, dass der Mädchenfußball von allen akzeptiert wird. Wir haben nicht von einer Mannschaft gehört, die sich beschwert, dass wir Platz machen müssten. Mädchenfußball gehört hier einfach dazu.“
Alexandra Popp spielte in der Region
Das kommt auch bei den Juniorinnen an, die sich ohne Leistungsdruck und fernab interner Vereinskonflikte entwickeln können. „Die Mannschaft ist einfach so toll, die Trainer sind toll“, betont Lena Schwenken.
Die 15-Jährige will noch einiges mit der Mannschaft erreichen, auch wenn sie sagt, dass der Mannschaftsgeist eine ebenso wichtige Rolle spiele. „Wenn man keine Lust hat, in einem Team zu spielen und zusammenzuarbeiten, dann klappt es auch sportlich nicht.“

Und da gilt es noch, Ziele zu erreichen: „Ich will mit der Mannschaft ein paar Erfolge feiern“, sagt Lena Schwenken. Das Kreispokalfinale, in dem das Team in diesem Jahr unterlag, wolle sie gewinnen „und vielleicht noch weiter oben in der Tabelle landen.“
Dafür nimmt der PSV auch durchaus Aufwand in Kauf. „Weil wir hier nicht genug Mannschaften haben, müssen wir teilweise 60, 80 Kilometer fahren“, sagt De Sacco, „aber das machen wir gerne. Und es ist ja auch nicht so schlimm, nach Silschede zu fahren. Immerhin hat da Alexandra Popp das Fußballspielen gelernt“, fügt er mit einem Augenzwinkern hinzu.
Vom Engagement in der Jugendarbeit will der PSV Bork dann in Zukunft profitieren, auch wenn das das nachrangige Ziel ist, wie De Sacco betont: „Wir freuen uns über jedes Kind, das nicht abends auf dem Schulhof sitzt, sondern zu uns kommt und Fußball spielt – unabhängig vom Geschlecht.“
Ansprechpartner und Trainingszeiten
- Interessierte können beim Training des PSV Bork vorbeischauen.
- Die gemischte U15/U17 trainiert immer mittwochs und freitags von 17.30 bis 19 Uhr.
- Die Einheiten der U13 finden mittwochs und freitags von 17 bis 18.30 Uhr statt.
- Ansprechpartner für Interessierte ist Trainer und PSV-Geschäftsführer Dietmar De Sacco unter Tel. 0172/8115812.
Youngster des PSV Bork verrät Erfolgsgeheimnis: „Das hilft uns allen enorm“
PSV Bork blickt auf emotionale Halbserie zurück : Führungsspielerin erlebt Unvergessliches
PSV Bork bedauert Abgänge und zeigt Verständnis: Neuzugang soll „Frechheit auf Platz bringen“