Zehn Jahre alt war Lukas Nottbeck, als seine Familie mit ihm von seinem Geburtsort Datteln nach Selm zog. Der Grund: Sein Vater hatte dort einen neuen Job angenommen. Damit wechselte auch sein Filius, nicht nur geographisch: Der kleine Lukas trug fortan das grün-weiße Trikot von GW Selm – und verlebte dort vier unbeschwerte Jahre, bevor er 2004 als Jugendlicher nach Waltrop wechselte.
Lukas Nottbeck verlebt schöne Jahre bei Grün-Weiß Selm
„Es war eine schöne Zeit“, erinnert sich der heute 35-Jährige an seine Jugendjahre in Selm. „Ich habe damals mit meinen Freunden zusammengespielt. Da hatte ich noch einen anderen Fokus als später. Wir hatten einfach Spaß daran zu kicken.“ Seine Freunde, das waren vor allem Kevin Lehmann und Mirco Scharen, der Sohn von Trainer Rainer.

Der Fokus sollte sich für den heranwachsenden Lukas bald ändern, doch der Spaß am Kicken ist ihm stets geblieben – bis heute. Das ist auch der Grund, warum Nottbeck auch als 35-Jähriger noch immer auf dem Platz steht. Beim Bezirksligisten Horremer SV im niederrheinischen Kerpen, der Stadt, aus der Formel-1-Legende Michael Schumacher stammt.
Vom Amateur zum Profi
Zwischen Selm und Horrem, zwischen 2004 und 2023 liegt die Profikarriere von Lukas Nottbeck. Ein Wort, das er eigentlich gar nicht mag. „Andere Leute machen Karriere, Fußballer haben eine Laufbahn“, sagt er. Die Laufbahn des heute 35-Jährigen selbst umfasste, wie heutzutage vollkommen üblich, viele Stationen. Zwei Jahre nach seinem Abschied aus Selm ging Nottbeck von Waltrop zur U17 von Schalke 04 – der erste Schritt des hochtalentierten Mittelfeldmannes vom Amateurfußballer zum Profi war getan.
Wenige Jahre später unterschrieb er, noch bei der U19 des 1. FC Köln, einen Vertrag beim Senioren-Bundesligisten des Vereins. Dessen Trainer war damals Christoph Daum. Doch kurz nachdem der junge Nottbeck in den Profi-Kader der Domstädter gerückt war, wechselte Daum in die Türkei. Sein Nachfolger setzte auf die erfahrenen Spieler, nicht auf den Nachwuchs. Dann setzte die bislang so hoffnungsvolle Laufbahn des ehemaligen Selmers für fast ein Jahr aus. Zwei Mal in kurzer Folge wurde er am Sprunggelenk operiert.
Lange Jahre kölscher Jung
Bei den Geißbock-Profis hatte Lukas Nottbeck danach keine Zukunft mehr. In der Domstadt, in der er eine neue Heimat gefunden hatte, blieb er dennoch. Weitere Stationen in den folgenden Jahren waren Fortuna Köln und die Viktoria. 2023 beendete er seine lange Laufbahn als Kapitän des Regionalligisten 1. FC Köln II. Die Zeitungen im Rheinland berichteten über seinen Abschied. Es blieb auch ein Abschied – vom „Effzeh“ und von Köln.
Doch was den Fußball anging, überlegte es sich noch einmal anders. Er hatte noch immer Spaß am Kicken. „Das Kabinenleben ist einfach toll“, sagt er. Für den mittlerweile 33-Jährigen sollte es nun aber sportlich mindestens eine Nummer kleiner sein. Seine Wahl fiel auf den Bezirksligisten Horrem am Niederrhein.
Jetzt am Niederrhein: Der Spaß geht weiter
Die Wahl war naheliegend. Nottbeck und seine junge Familie wohnten bereits in dem Kerpener Ortsteil, weil seine Frau von dort kommt und das junge Ehepaar ein neues Zuhause in der Nähe ihrer Eltern suchte. Dort ist nun der neue Lebensmittelpunkt des ehemaligen Selmers. Beruflich (der 35-Jährige arbeitet im Außendienst eines Getränkeherstellers) und sportlich: Der Vater einer dreieinhalbjährigen Tochter läuft auch in der kommenden Saison für den Horremer SV auf. Der Spaß am Fußball geht weiter.
Selm hat der ehemalige Grün-Weiße, dessen damaliger Verein 2010 mit dem BV Selm zur SG fusionierte, nie aus den Augen verloren. Im Gegenteil: „Zwei bis drei Mal im Monat“ besucht Lukas Nottbeck seine Eltern in Selm. Auch zu seinen ehemaligen Freunden aus der Juniorenzeit bei GW hat er noch Kontakt. Vor allem zu Kevin Lehmann. „Mit ihm war ich gerade noch im Urlaub in der Türkei.“ Mit Mirco Scharen kann er dagegen nur noch aus der Ferne kommunizieren. Scharen lebt mittlerweile in den USA.
Stefan Kießling und die Rote Karte
Auch wenn es für Nottbeck für eine Bundesliga-Karriere nicht gereicht hat, bekam er dennoch für kurze Zeit deutschlandweite Aufmerksamkeit – unbeabsichtigt. Mit einer kuriosen Szene, im Oktober 2015: In der zweiten Runde des DFB-Pokals stand er mit Viktoria Köln gegen Bundesligist Bayer Leverkusen auf dem Platz. In der 80. Minute – die Partie war beim Stand von 4:0 für den Favoriten längst entschieden – fiel Schiedsrichter Benjamin Cortus die Rote Karte aus der Tasche. Nottbeck, in dieser Szene eigentlich Gegenspieler von Stefan Kießling, hob den Karton auf, um sie dem Neutralen zurückzugeben. In diesem Augenblick ging ein langer Ball auf Kießling, und der flugs davongeeilte Bayer-Goalgetter erzielte das 5:0.
„Das Tor geht auf meine Kappe“, ärgerte sich Lukas Nottbeck damals. Die Szene ging durch die Medien, selbst der Spiegel berichtete darüber. Peinlich war sie dem ehemaligen Selmer jedoch nie, schon damals nicht. „Nein, überhaupt nicht“, antwortet er auf eine entsprechende Frage. „Wenn es ein spielentscheidendes Tor gewesen wäre, wäre das natürlich anders. Aber so... Solche Sachen gehören ja auch irgendwie zum Fußball.“ Den Spaß am Fußball gibt‘s halt zwei Mal: als Freude am Kicken und als Humor auf dem Platz – in der Tradition von Sepp Maier und „Ente“ Lippens. Lukas Nottbeck mag beides.