Nach dem überraschenden Aufstieg vor einem Jahr hat die HVE Villigst-Ergste ihre erste - und zumindest vorerst auch letzte - Oberliga-Saison absolviert. Als Tabellenletzter sind die Villigst-Ergster mit nur einem Saisonsieg abgestiegen und spielen in der kommenden Spielzeit 2023/24 wieder um Verbandsliga-Punkte. Wir haben mit Trainer Tobias Genau die Saison Revue passieren lassen.
Tobias Genau, Ihr habt die Saison mit 5:59-Punkten abgeschlossen - die nackten Zahlen lassen einen hohen Frustfaktor vermuten. Wie hoch war dieser Frustfaktor wirklich?
Zwischenzeitlich war es schon sehr frustrierend, so deutlich was auf die Nase zu bekommen. Trotzdem bleibe ich bei dem, was ich schon häufiger gesagt habe: Kompliment an die Jungs, die sich mit wenigen Ausnahmen nicht haben hängen lassen. Uns war ja allen bewusst, dass es ein Abenteuer ist, auf das wir uns da einlassen.
Große Ernüchterung zu Beginn
Trotzdem: Hätte man nicht erwarten können, das eine oder andere Spiel mehr zu gewinnen?
Anfangs war bei den Jungs die Ernüchterung groß, weil wir teilweise doch sehr chancenlos waren. Wir haben uns dann langsam rangetastet und haben uns andere Ziele gesetzt - zum Beispiel, zur Halbzeit noch nicht allzu weit zurück zu liegen und noch in Schlagdistanz zu sein. Ziel zwei war dann, immer näher an einen Sieg heranzukommen - und dann waren wir ja mehrmals auch wirklich nicht weit davon entfernt. Gerade die beiden aufeinanderfolgenden Spiele in Hahlen und zuhause gegen Haltern, die wir jeweils mit der Schlusssekunde verloren haben, waren extrem ärgerlich. Nach diesen Spielen war der Frustfaktor übrigens deutlich höher als nach einer hohen Niederlage.

Hat sich die Mannschaft im Laufe der Saison weiterentwickelt?
Ich glaube, dass man das sagen kann. Und klar ist auch, dass die Jungs aus dieser Oberliga-Spielzeit in Sachen Körperlichkeit, Tempo und Ballsicherheit für die kommende Verbandsliga-Saison eine Menge mitnehmen werden.
Liegt in diesen genannten Aspekten der größte Unterschied zwischen Verbandsliga und Oberliga?
Ja, das ist so. Hinzu kommt der Trainingsaufwand. Mit dreimal wöchentlichem Training waren wir in unserem Aufstiegsjahr manch einem Konkurrenten voraus. In der Oberliga ist dieses Pensum das Minimum. Und dann waren uns die meisten anderen Vereine auch körperlich überlegen. Die haben Spieler in ihren Reihen, die auch aus 13 Metern einfach mal hochsteigen und den Ball in den Winkel knallen. Diese Möglichkeiten hatten wir nicht, wir mussten uns jedes Tor hart erarbeiten.
Wiederaufstieg wäre vermessen
Blicken wir nach vorne, auch wenn es für diese Frage vielleicht noch ein bisschen zu früh ist: Was darf man von der HVE Villigst-Ergste in der Verbandsliga-Saison 2023/24 erwarten? Vielleicht sogar den direkten Wiederaufstieg?
Es wäre vermessen von uns zu verlangen, dass wir direkt wieder aufsteigen - zumal die Verbandsliga in der nächsten Saison sehr stark besetzt sein wird. Da wird es Mannschaften wie HTV Hemer oder HSG Gevelsberg-Silschede geben, die uns ein paar Schritte voraus sind. Außerdem soll es erneut einen vermehrten Abstieg geben, so wie ich gehört habe. Wenn am Ende von 14 Mannschaften fünf absteigen sollten, muss man sicher erstmal aufpassen, nicht dabei zu sein.

Ein Blick aufs Personal: Die Mannschaft bleibt fast komplett zusammen und wird im Kern von Spielern gebildet, die schon seit Jahren dabei sind. Die meisten haben die Aufstiegssaison miterlebt und haben jetzt die Oberliga kennengelernt. Werden sie genauso motiviert am Ball sein wie bisher? Oder würdest Du Dir als Trainer wünschen, dass mehr frisches Blut in die Mannschaft kommt?
Das kann man so oder so sehen. Sicherlich täte frischer Wind der Mannschaft gut. Aber auf der anderen Seite sehe ich es als Riesenvorteil an, dass die Jungs sich lange kennen und dass sie eingespielt sind. Und sie werden nach wie vor heiß auf Handball sein, davon bin ich überzeugt.
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