Bei der EM hat es funktioniert, im Amateurfußball auch? Schwerter Kapitäne mit klarer Meinung

kapitänsregel
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Rund sechs Wochen ist die Heim-Europameisterschaft nun vorbei. Neben den einzigartigen Fanmomenten blieb vielen Zuschauern wahrscheinlich eine neue Regelung auf dem Spielfeld im Kopf – die sogenannte Kapitänsregel. Diese neue Regel ist ab der Saison 2024/2025 auch in allen Spielklassen des Amateurfußballs gültig.

Ab sofort ist die Kommunikation mit dem Schiedsrichter nur noch dem Kapitän der jeweiligen Mannschaft erlaubt. Sollte der Torwart die Kapitänsbinde tragen, wird vor der Partie ein designierter Feldspieler ausgewählt, der während des Spiels diese Aufgabe übernimmt – genau wie bei der EM.

Kapitäne erwarten Fingerspitzengefühl

Damit soll der Respekt gegenüber Schiedsrichtern verbessert werden und vor allem Rudelbildungen und Gewalt-Eskalationen verhindert werden. Doch auch die Kapitäne dürfen nicht meckern oder lauthals auf den Schiedsrichter zu sprinten und sich beschweren, sonst werden auch sie verwarnt.

Wir haben die Kapitäne der Schwerter Vereine gefragt, wie sie über die Kapitänsregel denken und ob sie der Meinung sind, dass die Umsetzung ähnlich gut wie bei der EM funktionieren kann. Im Gegensatz zu einer Umfrage, die wir kürzlich bei den Dortmunder Klubs gemacht haben, waren sich alle neun Kapitäne des Schwerter-Amateurfußballs einig: Die Regel sei eine gute Idee.

Doch in den Einzelgesprächen ergaben sich unterschiedliche Sichtweisen, vor allem was die Umsetzung und das Verhalten der Schiedsrichter betreffe. Von denen erwarten die Mannschaftsführer ein gewisses Fingerspitzengefühl.

Nils Berg führt den Ball.
Nils Berg (li.), Kapitän des VfL Schwerte. © Manuela Schwerte

Nils Berg (VfL Schwerte): „Wir müssen abwarten, wie das umgesetzt wird, auch von den Schiedsrichtern. Ich kann mir vorstellen, dass es schwierig wird, einen gesunden Mittelweg zu finden. Sollte das aber funktionieren, kann das eine gute Regel sein – auch zum Schutz der Schiedsrichter.“

Domenico Restieri im Porträt.
Domenico Restieri, Kapitän des VfB Westhofen. © Sigi Boecker

Domenico Restieri (VfB Westhofen): „Grundsätzlich ist der Gedanke nicht falsch. Allerdings lebt der Fußball auch von seinen Emotionen und ich finde, das soll auch in einem gewissen Maß so bleiben. Obwohl es bei den Profis gut funktioniert hat, heißt es noch lange nicht, dass es auch im Amateurbereich klappt. In den vergangenen Testspielen habe ich aber ein positives Gefühl gehabt.“

Julian Hüser schirmt den Ball ab.
Julian Hüser, Kapitän des Geisecker SV. © Manuela Schwerte

Julian Hüser (Geisecker SV): „Prinzipiell finde ich die Regelung gut und ich denke, dass der Großteil der Schiedsrichter dies genauso sehen wird. Gerade im Hinblick auf strittige Situationen, wo gleich mehrere Spieler den Schiedsrichter belagern und auf diesen einreden, um ihn zu beeinflussen. Bei uns im Amateurbereich wird es sicher auf den einzelnen Schiedsrichtertypen und eine Menge Durchsetzungsvermögen ankommen. Ich hoffe jedoch, dass die Regel nicht zu ernst genommen wird und bei jedem noch so kleinen Kommentar gleich eine Karte die Folge ist.“

Christian Deuerling führt den Ball.
Christian Deuerling, Kapitän des SC Berchum/Garenfeld. © Manuela Schwerte

Christian Deuerling (SC Berchum/Garenfeld): „Ich finde die Regel gut. Es ist auch eine Art Schutz für den Schiedsrichter, dass er sich nicht gefühlt bei jedem Pfiff von einem Spieler was anhören muss. Natürlich sollte aber auch etwas Fingerspitzengefühl gezeigt werden.“

Leon Prause führt den Ball.
Leon Prause (l.), Kapitän des TuS Holzen-Sommerberg. © Nils Foltynowicz

Leon Prause (TuS Holzen-Sommerberg): „An sich finde ich die neue Regel gut. Man hat ja auch bei der EM gesehen, dass es gut geklappt hat. In den ersten Wochen braucht es wohl für alle erstmal eine Eingewöhnung, aber in unseren bisherigen Spielen hat das alles sehr gut funktioniert.“

Justin Leyk versucht, den Ball anzunehmen.
Justin Leyk, Kapitän von Holzpfosten Schwerte. © Manuela Schwerte

Justin Leyk (Holzpfosten Schwerte): „Ich finde die neue Regel gut, weil die Entwicklung in den vergangenen Jahren gezeigt hat, dass die Emotionen oftmals zu schnell hochgekocht sind. Es sollte eine klare Linie geben. Trotzdem sollten die Schiedsrichter auch Fingerspitzengefühl beweisen können, da es sonst zu viele Verwarnungen und Platzverweise geben wird.“

Yannick Actun läuft mit dem Ball.
Yannick Actun (r.), Kapitän der SG Eintracht Ergste. © Manuela Schwerte

Yannick Actun (SG Eintracht Ergste): „Ich finde die Regel gut, es hat auch bei der EM schon positive Auswirkungen gehabt. Wenn die Spieler und der Schiedsrichter mit der Regel richtig, behutsam und respektvoll umgehen, profitiert auch der Amateurfußball davon. Es wird sich dann wieder deutlich mehr auf das Fußballspielen konzentriert. Jedoch sollte der Schiedsrichter seine Machtposition nicht ausnutzen. Ein gewisser Grad an Emotionen muss noch erlaubt sein. Ob es mehr oder weniger Gelbe Karten gibt? Das liegt an uns Spielern, wie jeder einzelne die Regel verinnerlicht.“

Jan-Hendrik Bergmann schaut nach freien Mitspielern.
Jan-Hendrik Bergmann, Kapitän des SC Hennen. © Bernd Paulitschke

Jan-Hendrik Bergmann (SC Hennen): „Die Regel ist gut und kann dazu beitragen, unnötige Diskussion zu vermeiden. Wir können uns über jeden Schiedsrichter freuen, der heute noch im Amateurfußball pfeifen will. Ich hoffe nur, dass die Schiedsrichter darauf geschult werden und es da eine Linie gibt.“

Ricardo Vidas Brito führt den Ball.
Ricardo Vidas Brito, Kapitän des ETuS Schwerte-Ost. © Bernd Paulitschke

Ricardo Vidas Brito (ETuS Schwerte-Ost): „Ich finde die neue Regel gut, bin aber gespannt, wie sie umgesetzt wird. Ich hoffe, dass weniger Diskussionen entstehen und wir uns mehr auf das Spiel konzentrieren können. Sollte es zu mehr Verwarnungen oder Platzverweisen kommen, sind die Akteure aus meiner Sicht selbst schuld.“