Wenn sich im Fußball jemand mit einem Torverhältnis von 2:276 ins Rampenlicht spielt, dann ist das entweder Ironie – oder eine Geschichte, die man weitererzählen muss. Die Frauenmannschaft der SG Hemer ist beides. Nach 15 Spielen in der Kreisliga A Iserlohn stehen zwei geschossenen Treffern sage und schreibe 276 Gegentore gegenüber. Doch statt Spott ernten die Spielerinnen gerade Respekt. Und Reichweite.
Zwei Reels, die auf die Situation des Teams aufmerksam machen, wurden in den sozialen Netzwerken hunderttausendfach angesehen. Auf TikTok hat der Creator „PITKO“ ein Video über die SG Hemer veröffentlicht, das mittlerweile mehr als 700.000 Mal aufgerufen wurde. Auf Instagram sammelte der gleiche Clip mehr als eine halbe Million Views. Inhalt: Die Statistik des Teams und vor allem Respekt-Bekundungen.
„Alle Zuschauer explodiert“
„Danke, wir machen immer weiter. Gestern erstes Tor, alle Zuschauer explodiert“, schreibt eine Spielerin unter dem Instagram-Post. Der Verein selbst erklärt: „Die Damen danken und die Annahme ist richtig. Frisch gestartet und 80 Prozent unerfahren.“ Der Hauptverein kommentiert mit einem Satz, der mehr sagt als jeder Spielbericht: „Unsere Damen wissen, was Zusammenhalt bedeutet.“
Tatsächlich ging das Team erst zu Saisonbeginn an den Start – mit vielen Neulingen, die den Sport gerade erst für sich entdecken. Die Realität auf dem Platz ist hart. Spiele enden regelmäßig im zweistelligen Bereich. Aber die SG Hemer entwickelt sich. Zwei Tore hat das Team inzwischen erzielt, zuletzt beim 1:13 gegen den SV Oesbern II. Zuvor den ersten Treffer beim 1:18 gegen LTV von 1861. Ein kleiner Fortschritt – ein großer Schritt.
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Dass solche Erfahrungen wichtig sind, zeigt auch ein Blick in den benachbarten Fußballkreis Dortmund. Dort hat der VfL Schwerte vor wenigen Monaten eine Frauenmannschaft gegründet. In der Kreisliga B Dortmund/Hagen ist das Team abgeschlagen Letzter, hat 160 Gegentore bei nur 7 eigenen Treffern kassiert. Und trotzdem spricht Julia Wever, Initiatorin des Projekts und Vorsitzende der Damen- und Mädchenabteilung, mit großem Stolz Ende März: „Ich habe riesigen Respekt vor den Mädels, wie sie das durchziehen. Ihre Einstellung ist einfach beeindruckend. Davor kann man nur den Hut ziehen.“
Wer nur auf Zahlen schaut, verpasst das Entscheidende. Was hier entsteht, ist nicht nur eine Mannschaft. Es ist ein Versprechen. Dass Fußball für alle da ist. Dass Haltung nicht in der Tabelle steht. Und dass es manchmal viel mehr Mut braucht, zu verlieren, als zu gewinnen.