Es ist der 8. April 2018. Ein Blick auf die Uhr: Es ist ungefähr Viertel nach vier. Die zweite Herrenmannschaft des BV Brambauer ist Geschichte - zumindest vorrübergehend.

Brambauer

, 20.11.2018, 14:12 Uhr / Lesedauer: 5 min

Mit 0:21 lagen die Fußballer des BV Brambauer II an der Dammwiese beim VfB Lünen zurück, als der Schiedsrichter die Partie abbrach. Mit nur zehn Spielern angetreten, bot Brambauer in der Kreisliga A ein erschreckendes Bild, was selbst Gegner-Trainer Mark Bördeling damals gehörig auf die Palme brachte. Im Anschluss meldete der Verein das Team ab.

„Das ging eigentlich damit los, dass ‚Totto‘ (Ex-Trainer Thorsten Nitsche) Trainer der Ersten wurde und sieben, acht Leute aus der damaligen Zweiten mit hoch genommen hat. Mitte April war dann das Spiel gegen den VfB - eine Vollkatastrophe. Danach war komplett Feierabend“, versucht Oliver Basdorf die zurückliegende Misere mit langen personellen Problemen zu erklären. Basdorf war Kapitän der Mannschaft und ist es immer noch. Dass man diesen Satz auch im November 2018 noch im Präsens schreiben kann, war lange Zeit nicht abzusehen. Die Existenz der Mannschaft stand nach dem Rückzug aus der Kreisliga A auf der Kippe.

Mit einem dünnen Kader in der Saison 2017/2018 angekommen, sollte die Zweite von Spieltag zu Spieltag mit Akteuren aus der dritten und der ersten Mannschaft aufgefüllt werden. Ersteres Team erreichte das Ende der abgelaufenen Saison ebenfalls nicht - es war ein teilweise erschütterndes Bild, was einer der großen Sportvereine der Stadt abgab. „Dann ging es mit dem ersten Spiel weiter, wo es zwölf Stück gab“, erinnert sich Basdorf.

„Richtig beschissen“

„Das war schon richtig beschissen. Punktemäßig war das viel zu wenig“, sagt er heute. Wer viele Jahre für den Verein die Knochen hingehalten hat, den lässt so was nicht kalt. Doch aktuell dürfte Basdorf wieder wärmer zumute werden, wenn er an „seine“ Zweite denkt. Die steht in der Kreisliga B aktuell gut da, hat wieder einen üppig gefüllten Kader. Das dem so ist, liegt vor allem an einer Person: Patrick Botta. Der 26-Jährige spielte einst selbst für den BVB in der Westfalenliga - und hat im Sommer die Zügel der Mannschaft in die Hand genommen. Er ist der Retter des BV Brambauer II.

Aus einem beinahe gescheiterten Haufen hat er in kurzer Zeit eine fähige Mannschaft geformt. Eine Mannschaft, die plötzlich wieder in der Lage ist, erfolgreich zu sein. Im Interview verrät er den Reiz dieser anspruchsvollen Aufgabe und spricht über das Anwerben von Spielern sowie das neue Wir-Gefühl in Brambauer.

Sie haben in Brambauer eine schwierige Aufgabe mit einer schlimmen Ausgangslage übernommen. Warum war das reizvoll?

Wenn man die ganzen Jungs kennt, etwa einen Oliver Basorf, einen Jan Trittel oder Dennis Stolzenhoff, die jahrelang Fußball gespielt haben, dann wäre es zu schade gewesen, wenn sie keine Mannschaft gehabt hätten. Ich bezweifle, dass einer von denen nach Brechten oder woanders nach Lünen gegangen wäre. Das ist eine Truppe, die jahrelang zusammengespielt hat. Ich bin aus Brambauer und vielleicht ist es deshalb so reizvoll gewesen, die zusammenzuhalten und etwas Neues aufzubauen, damit das nicht kaputtgeht.

Also kann man sagen, dass Sie die Mannschaft gerettet haben?

Ich habe es versucht (lacht).

Hatten Sie vorher schon einmal vor, Trainer zu werden? Sie haben im Mai Freundin Sabrina geheiratet, da hat man vielleicht zunächst andere Dinge im Kopf, als nach der Spielerkarriere sofort Trainer zu werden.

Ich habe die letzten drei Jahre immer mal geliebäugelt, welche Position wie und wo frei wird, um als Trainer starten zu können. Als sich das mit Brambauer II ergeben hat, war es natürlich perfekt. Ich habe mich von selbst angeboten. In Selm waren die Auswärtsfahrten zu weit, das hat mich gestört. Gerade für eine Kreisliga-Mannschaft war das schon ein ganzer Sonntag, der draufging.

Die Außendarstellung war nach der Abmeldung in der abgelaufenen Saison schlecht. Wie schwierig war es da, neue Spieler von der Mannschaft zu überzeugen?

Es ging eigentlich. Wir haben uns einmal zusammengesetzt mit dem Kern und mit einigen, die wir angeschrieben haben, ob sie sich das überlegen könnten, hier zu spielen. Das war quasi ein Vorgeschmack, wie wir uns das vorstellen. Dann hatten wir recht viele Zusagen, wo wir gemerkt haben: Die haben Bock, etwas Neues aufzubauen. Dann war es eine Kettenreaktion.

Es ist Ihre erste Trainerstation. Welche Erfahrungen mit anderen Trainern während Ihrer Spielerlaufbahn helfen Ihnen am meisten?

Ich bin jemand, der sich ganz schnell etwas abguckt, wenn es mir gefällt. Da ist es egal, ob das woanders auf dem Platz ist oder bei ehemaligen Trainern, sei es etwa ein Markus Reis oder in der Jugend in Waltrop. Das waren Trainer, wo ich als Spieler sehr viel gelernt habe und im Kopf viel hängengeblieben ist, was wichtig ist und was man in welcher Situation trainiert. Ich will aber keinen vergessen. Man hat sich überall seine Teile herausgepickt. Einmal standen wir im Abstiegskampf und haben es dann von unten heraus noch geschafft. Das war ein Zusammenhalt, den man vorher so nicht kannte. Das war eine ganze andere Erfahrung und ein Punkt, an dem ich nie aufgegeben habe. Vielleicht bringe ich es dementsprechend rüber, dass man nie aufgeben darf und als Mannschaft etwas leisten muss. Es funktioniert nicht alleine.

Sie sprechen Ihre eigenen Trainer an. Mit wem würden Sie sich am ehesten vergleichen?

Das kann ich gar nicht sagen. Ich weiß nicht, wie es nach außen rüberkommt, wie ich mich darstelle. Ich würde mich mit niemanden vergleichen. Ich gucke mir zum Beispiel bei Borussia Dortmund das Warmmachen oder Spielformen ab. Das haben wir auch mal gemacht, dass wir das komplette Warmmachprogramm von Borussia genommen haben. Vergleichen möchte ich mit gar keinem, vielleicht irgendwann mal. Bei Markus Reis habe ich mir aber auf jeden Fall ganz viel abgeguckt.

Der Großteil der Mannschaft kommt aus Brambauer. Bilden die Spieler auch deshalb wieder eine Einheit, weil sie sich mit dem Verein identifizieren?

Es geht viel über Freundschaft, die bei uns herrscht. Ich denke mal, die Hälfte der Mannschaft geht auch am Wochenende raus oder trifft sich unter der Woche. Ich denke, dass es das auch noch mal stärkt, dass es nicht irgendjemand aus Buxtehude ist, der kommt und sein Soll erfüllt.

Gibt es Schlagworte, die man dem typischen Fußballer aus Brambauer zuordnen kann?

Wir agieren aktuell eher kämpferisch, auch wenn wir das eine oder andere Spiel auch spielerisch gewonnen haben.

Was sind die langfristigen Ziele mit der Mannschaft?

Das Ziel war vor der Saison, dass wir uns zusammenfinden. Grundsätzlich haben wir uns das Ziel gesetzt, unter die ersten Fünf zu kommen beziehungsweise alle zweiten Mannschaften hinter uns zu lassen. Langfristig gesehen steckt schon sehr viel Potenzial in der Mannschaft. Anfangs war es schwierig, weil man es in den sechs Wochen Vorbereitung nicht schafft, das aufzuholen, was in den letzten sechs Wochen gefehlt hat. Wenn alle fit sind, können wir uns oben etablieren, davon bin ich überzeugt.

Und nächste Saison geht es dann zurück in die Kreisliga A?

Gucken wir mal, wer nächstes Jahr runter kommt. Dann können wir darüber reden, ob wir oben angreifen (lacht).

Ob der Wiederaufstieg einmal Realität wird oder nicht: Patrick Botta hat es vorerst geschafft. Die zweite Mannschaft des BV Brambauer scheint breit aufgestellt und innerhalb weniger Monate wieder eine echte Einheit geworden zu sein. „Die ganzen Jungs, mit denen wir momentan hier sind: Das macht Spaß, das ist geil“, freut sich Basdorf. „Jeder gibt dem anderen gerne mal ein Bierchen aus. Wir haben Spaß vor dem Training, beim Training und in der dritten Halbzeit. Das war auch das Ziel, mit dem wir in die Saison gegangen sind.“

Auf die Frage, was Patrick Botta ausmache, fällt Oliver Basdorf nicht sofort etwas ein. Er überlegt, wiederholt die Frage für sich selbst, antwortet dann: „Ruhig, aber überlegt. Er hat immer ein klares Ziel, was wir machen soll. Er weiß, was er will und hat für jedes Spiel einen ziemlichen Plan.“

Hatte aber nicht auch jemand wie der langjährige BVB-Akteur Basdorf Wechselgedanken, bevor Botta das Kommando übernahm? Schon, gibt Basdorf zu, legt aber nach: Aber es kamen ja dann immer mehr dazu, ein Julian Schawaller oder ein Marvin Peter haben freiwillig gesagt, sie kommen runter.“ Dann war klar: Basdorf läuft weiter für den BVB auf. Und das Engagement für den Verein beschränkt sich nicht nur aufs Fußballspielen: „Wir fahren mit 18 Mann im Januar nach Willingen. Es läuft.“