„Selbst Jürgen Klopp könnte nicht helfen“ - Andreas Przybilla äußert sich zum Wethmar-Aus

© Patrick Schröer

„Selbst Jürgen Klopp könnte nicht helfen“ - Andreas Przybilla äußert sich zum Wethmar-Aus

rnWestfalia Wethmar

Vor rund vier Wochen hat Andreas Przybilla (39) beim TuS Westfalia Wethmar seinen Rücktritt bekannt gegeben. Wir haben mit dem Ex-Wethmarer über seine Entscheidung gesprochen.

Wethmar

, 06.11.2019, 10:40 Uhr / Lesedauer: 3 min

Seit rund einem Monat ist Andreas Przybilla nicht mehr Trainer beim Fußball-Bezirksligisten TuS Westfalia Wethmar. Über die Gründe und wie genau es für ihn weitergeht, hat der 39-jährige B-Lizenz-Inhaber noch einmal in einem großen Interview mit dieser Redaktion gesprochen.

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Herr Przybilla, vor vier Wochen haben Sie dem TuS Westfalia Wethmar mitgeteilt, dass Sie den Klub verlassen. Bereuen Sie mittlerweile Ihre Entscheidung?

Nein, ich bereue sie nicht. Ich habe im letzten Jahr schon lange überlegt, ob ich verlängern soll. In der vergangenen Saison hätten wir Vierter werden können. Ich wollte auch Vierter werden und habe das vorgelebt. Es ist aber schwierig, wenn Leute das Hobby wirklich nur als Hobby nehmen und die Ernsthaftigkeit nicht mitbringen. In den vier Wochen, in denen ich weg bin, hat Wethmar einen Punkt geholt. Das hätte ich auch geschafft. Am Ende war es aber auch eine Qualitätsfrage. Ich hatte mich auch schon vor dem Massen-Spiel entschieden. Selbst wenn wir das Spiel gewonnen hätten, wäre ich zurückgetreten.

Wie genau meinen Sie das mit der Ernsthaftigkeit?

Damit ist die grundsätzliche Einstellung zum Fußball gemeint. In den Spielen und und auch im Training war die Einstellung - mit einer Ausnahme in Mengede - immer komplett da. Damit war ich zufrieden. Bei 80 Prozent der Spieler hat die Einstellung gepasst, die wollten sich auch weiterentwickeln. Durch den Ausfall von Bastian Quiering (Kreuzbandriss, Anm. d. Red.) hat uns aber das Herz gefehlt. Quiering ist jemand, der den Spielern auch an den Kragen gepackt hat und sie mitgezogen hat. Dass Paul Mantei und Bastian Pöhlker dann auch noch ausfallen, hat zu einem Totalschaden im Motor geführt.

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Welche Spieler meinen Sie denn?

Den jungen Spielern kann ich keinen Vorwurf machen. Jonas Osterholz, Lukas Jankort, Sören Dvorak und Tim Cillien haben zum Beispiel am Limit gespielt und trainiert. Es sind eher Leute, die zurückgeholt worden sind - als Führungsspieler und die auserkoren waren, Zugpferde zu sein. Die haben total enttäuscht und versagt. Die jungen Spieler können dann auch nicht hochschauen. Mein Rücktritt wurde auch dadurch beschleunigt, dass Mannschaftsinterna ausgeplaudert wurden. Ich habe jetzt auch gelesen, dass drei Mal in der Woche trainiert wird. Ich denke aber, dass man die Spieler, die man fit kriegen soll, nicht fit kriegt. Dann kann man sogar sieben Mal die Woche trainieren - da könnte selbst Jürgen Klopp nicht helfen.

Wieso haben Sie die Spieler dann nicht aus dem Kader geworfen?

Das wäre der nächste Schritt für mich gewesen. Die zwei, drei Spieler sind allerdings auch sehr verwurzelt in Wethmar. Ein Spieler hat auch einen sehr engen Draht zu Rolf Nehling (Sportlicher Leiter, Anm. d. Red.). Vielleicht hätten wir vor der Saison noch fünf bis sieben externe Spieler holen müssen. Am Ende hatte ich dann auch keine Kraft mehr.

Das klingt, als hätten Sie auch persönlich viel davon mit nach Hause genommen?

Ich hatte nun genug Zeit, um zu reflektieren. Ich hinterfrage mich immer als Erstes. Ich denke, dass die Trainingseinheiten immer qualitativ gut waren und enorm viel Spaß gemacht haben. Ich denke auch, dass es keine Konditionsfrage war. Mein Nachfolger ist nun vier Wochen im Boot. Nach vier Wochen müsste man nun aber auch etwas Effektives sehen. Die Jungs, die wollen und machen, werden von den zwei, drei Spielern gestoppt, die die Mannschaft verseuchen.

Und wie sah es privat bei Ihnen zuhause aus? Haben Sie Vieles mit ins Private genommen?

Die Leute, die mich kennengelernt haben wissen, dass es bei mir nur heiß oder kalt gibt. Ich habe vieles davon mit nach Hause genommen. Meine Familie hat darunter gelitten. Auch wenn ich manchmal arrogant wirke, ist das meine Schutzhülle. Ich bin ein nachdenklicher Mensch. Es gab auch Nächte, da habe ich weniger als sechs Stunden geschlafen.

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Verfolgen Sie das Geschehen bei der Westfalia noch?

Ja, definitiv. Wethmar ist mir ans Herzen gewachsen. Volker (Bolte, ehemaliger Co-Trainer, Anm. d. Red.) und ich hatten in Wethmar ja keinen leichten Anfang. Wir mussten uns zurechtfinden. Ich bin sehr geradeaus. Wethmar hat aber eine tolle Oase mit tollen Menschen. Dort habe ich auch viele Freunde gefunden. Ich habe die Entscheidung für Wethmar getroffen, damit der Verein in der Bezirksliga bleibt. Ich hoffe auch, dass sie dort unten rauskommen. Die Lage zeigt aber auch, dass es nicht an Volker und mir lag.

Haben Sie auch noch Kontakt zu den Verantwortlichen?

Ich habe mich bewusst erst einmal zurückgezogen. Ich habe viele WhatsApp-Nachrichten geschickt bekommen, bin aber trotzdem ein bisschen auf Distanz gegangen. Ich sehe den Kontakt auf Beziehungsebene.

Sie hatten jetzt erst einmal eine fußballfreie Zeit. Wie haben Sie die Wochen verbracht?

Ich habe mit meiner Familie eine Mittelmeer-Kreuzfahrt gemacht. In der ersten Woche habe ich direkt zwei Anfragen von Vereinen bekommen - eine davon auch aus dem Lüner Raum. Ich verurteile allerdings Spieler und Trainer, die zurücktreten und dann eine Woche später wieder ein neues Amt annehmen. Ich habe es aus Respekt Wethmar gegenüber nicht gemacht. Bis zum Sommer werde ich nichts machen.

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Vermissen Sie den Fußball schon wieder?

Ich habe mir Kirchderne gegen Hannibal angeschaut und auch die Dortmunder A-Jugend. Andreas Przybilla wird es ohne Fußball natürlich nicht geben. Klar vermisse ich es momentan, aber trotzdem kann ich gut damit leben.

Wie lauten Ihre nächsten Pläne?

Für mich ist es eine Bauchentscheidung, wie es weitergeht. Ich muss nicht zwingend wieder in der Bezirksliga oder höher trainieren. Es kann auch Kreisliga B oder C sein. Hauptsache die Leute, mit denen ich arbeite, haben Bock, weiterzukommen.

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