Frauenfußball in Lünen zerfällt immer weiter Frust bei Vereinen - Lösung in Sicht?

Von Florian Dellbrügge
Kaum noch Teams: Frauenfußball in Lünen zerfällt immer weiter
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In den vergangenen Jahrzehnten ist der Frauenfußball weiter und weiter im sportlichen „Mainstream“ angekommen. Die Frauen-Bundesliga hat in Deutschland mittlerweile eine ordentliche TV-Präsenz, die Spiele der Nationalmannschaften werden regelmäßig – wenn auch mitunter zu unglücklichen Zeiten – im Free-TV übertragen. Und seit einigen Jahren schafft es der Frauenfußball sogar in die beliebte Videospiel-Simulation EA FC.

Frauenfußball zerfällt in Lünen

Doch wie sieht es eigentlich auf der lokalen Ebene aus? Dieser Frage ist diese Redaktion in den vergangenen Wochen nachgegangen. Und vorneweg: Im Lüner Fußball krankt es nicht nur im Herrenfußball. Denn der Frauenfußball blickt zwar auf eine lange Tradition in der Lippestadt zurück, doch um die Zukunft müssen sich die Vereine derzeit ihre Gedanken machen.

In Lünen gibt es mit der Damenmannschaft des Lüner SV lediglich ein Seniorenteam, welches derzeit im Spielbetrieb gemeldet ist. Dazu gesellen sich drei Mädchenmannschaften. Die SG Gahmen hat ebenso wie der BV Lünen eine weibliche B-Jugend. Der VfB Lünen stellt seit dieser Saison dazu noch eine weibliche D-Jugend im Spielbetrieb.

Alle diese Mannschaften eint dabei ein großes Problem: Die Kadergröße. Sieht man sich die Aufstellungen der vergangenen Wochen an, so fällt schnell auf, dass die Teams zwar immer auf die notwendige Anzahl an Spielerinnen kommen, jedoch die Ersatzbänke nur wenig bis gar nicht gefüllt sind. Und das, wo jetzt die kalte wie dunkle Jahreszeit bevorsteht.

Oliver Basdorf vom BV Brambauer kennt das Problem. Gerne hätte der Geschäftsführer im Sommer wieder eine Frauenmannschaft an den Start gebracht. Doch trotz aller Bemühungen ist es dem BVB nicht gelungen, eine wettbewerbsfähige Mannschaft zu stellen.

„Wir haben es Anfang des Jahres aktiv versucht, wieder Frauenfußball in Brambauer möglich zu machen. Es gab auch vier, fünf Mädels, die sich sehr darum bemüht hatten. Sogar einen Trainer gab es“, berichtet Basdorf.

Warum aber scheiterte das Vorhaben dann? Dazu Basdorf: „Es ist dann wie überall mittlerweile. Es wird viel geredet, aber es passiert nichts. Auf dem Papier gab es 15 bis 20 Spielerinnen, aber auf dem Platz waren dann nie mehr als zehn Leute. Und das reicht nicht, um eine Mannschaft zu melden.“

Oliver Basdorf lacht in die Kamera.
Oliver Basdorf, Geschäftsführer beim BV Brambauer, sorgt sich um den Lüner Frauenfußball. © Timo Janisch

Also gab es erneut keine Damenmannschaft in der Glückauf-Arena in Brambauer. Dabei hat der Verein die Motivation dazu. „Wir haben schon Bock darauf und wenn jemand kommt, der das Thema wirklich nachhaltig in die Hand nimmt, sind wir auf jeden Fall offen dafür“, so Basdorf.

Ähnlich ist die Lage beim BV Lünen. Mädchentrainer Beytullah Yildiz freut sich derzeit über einen guten Zulauf: „Wir haben bei den Mädels über 20 Spielerinnen, die auch regelmäßig am Trainingsbetrieb teilnehmen.“ Am Ende der Saison jedoch steht ein großer Einschnitt bevor. So berichtet Yildiz: „Einige Mädels sind im letzten Juniorenjahr angekommen. Sie würden also im nächsten Jahr in die Senioren gehen.“

Und eine Damenmannschaft stellt der BV Lünen aktuell nicht. Unklar also, wie es für die Mädchen dann weitergehen kann. Ein Lösungsvorschlag? Spielgemeinschaften.

Andreas Edelstein pocht auf Lösung

Dazu hat auch Andreas Edelstein eine klare Meinung. Der Vorsitzende des Fußballkreises Dortmund sagt: „Wir wollen als Kreis an das Thema herangehen. Wir müssen das aufbauen und die Gespräch intensivieren. Wir haben mit Svenja Schlenker eine Frau, die sich viel um den Frauenfußball gekümmert hat. Aber sie hat mit Borussia Dortmund so viel zu tun, dass die demnächst aus dem Kreis ausscheidet. Wir suchen da noch da eine Nachfolgerin. Wir wollen ein Team aufbauen, welches aktiv auf die Vereine zugeht.“

Weiter sagt Edelstein: „Wir haben in unserem Kreis einige weiße Flecken, was den Frauenfußball angeht. Dazu gehört auch Lünen. Eine Spielgemeinschaft ist sicher eine Idee. Vielleicht sogar eine Gemeinschaft aus allen Vereinen.“

Dann nämlich könnte man das vorhandene Potenzial für alle einbringen und Mädchen und Frauen eine sportliche Heimat in ihrer Stadt bieten. „Dazu braucht es aber auch zwei, drei Leute, die vorweg gehen. Eitelkeiten müssen beiseitegeschoben werden. Schon allein in der Frage, wo so eine Spielgemeinschaft dann trainiert und spielt“, so Edelstein.

Spielerinnen des TuS Niederaden trinken einen Schluck Wasser.
Der TuS Niederaden verfügt aktuell über keine Frauenmannschaft mehr. © Goldstein

Doch in Lünen gebe es genügend Anlagen, die nicht voll ausgelastet sind und wo so eine Spielgemeinschaft dann eben ausreichend Platz hätte. Generell freut sich Edelstein über einen gesunden Spielbetrieb im Frauenfußball.

Der Kreis Dortmund kooperiert im Frauenfußball seit einiger Zeit mit dem Kreis Hagen. Ein Modell, das gut funktioniert. „Wir haben Hagen damals bewusst gewählt. Dort gibt es nur relativ wenige Teams. Und wir hatten zwar genug Mannschaften für eine 14er-Liga. Aber es waren zu wenig, um zwei Ligen, also eine A- sowie eine B-Liga aufzubauen. Mit Hagen zusammen geht das. Und das macht sich positiv bemerkbar“, so Edelstein.

Spielgemeinschaften in Lünen „müssen der Weg sein“

Der neben Lünen auch den Dortmunder Osten im Frauenfußball vermisst. Bezüglich Spielgemeinschaften sagt der Kreisvorsitzende abschließend: „Das muss am Ende der Weg sein. Die Jugend wächst gut heran. Aber bis das final im Frauenfußball angekommen ist, vergehen noch Jahre. Selbst bei einem Leuchtturm wie Borussia Dortmund wird es noch Jahre dauern, bis sich das nachhaltig etabliert hat. Für Lünen kann ich eine Spielgemeinschaft nur befürworten. Das muss einfach der Weg sein. Sonst kann man irgendwann gar keine Angebote mehr für Mädchen und Frauen machen. Mit viel Glück gehen die im Zweifel dann in andere Vereine. Aber der Weg nach Brechten oder ins Münsterland ist weit. Dann hören die Leute auch ganz auf. Und das wäre doch viel zu schade, wenn es in der eigenen Stadt eigentlich das Potenzial gäbe.“

Das sieht auch Oliver Basdorf so. Der sagt, angesprochen auf Spielgemeinschaften: „Vielleicht muss es das geben. Wenn es alle Vereine hier schaffen, im Sinne des Frauenfußballs zu agieren, dann schafft man es vielleicht, schlagkräftige Mannschaften auf die Beine zu stellen.“

Und auch Beytullah Yildiz ist offen für den Gedanken: „Wir wissen ja wie das früher war. Der BV Lünen hatte eine Mannschaft, Niederaden hatte eine Mannschaft. Beim VfB Lünen und auch in Brambauer gab es Mannschaften. Die Zeit ist leider vorbei. Aber es gibt Mädels, die Bock auf Fußball haben. Und wenn sich Vereine zusammentun, um einen Spielbetrieb zu gewährleisten, dann ist das doch besser, als gar keinen Betrieb zu haben. Natürlich muss man gucken, wer da den Hut dann auf hat. Aber am Ende müssen die Mädchen und Frauen gewinnen, nicht irgendwelche Vereinsegos.“

Egos standen Lösungen im Weg

Egos haben auch früher schon im Weg gestanden, wenn es um Spielgemeinschaften ging. Das berichtet Wolfgang Rinke: „Die Idee gab es vor etlichen Jahren schon einmal. Da hat man sich an einen Tisch gesetzt und darüber gesprochen, dass sich mehrere Vereine zusammentun. Doch es scheiterte daran, dass einige Leute das dann nicht wollten.“

Rinke weiß, wovon er spricht. Er war in Lünen als Damentrainer beim BV Brambauer und dem BV Lünen aktiv. Bei den Geistern war er bis zur Corona-Pandemie mit einer Mannschaft im Spielbetrieb. „Danach war die Mannschaft leider etwas in die Jahre gekommen. Viele Spielerinnen haben dann aufgehört und nur mit den jungen Leuten, haben wir keine komplette Mannschaft auf die Beine gestellt bekommen“, so Rinke.

Dessen ehemalige Spielerinnen heute in Heeren, Bork oder auch beim Lüner SV aktiv sind. Für die Zukunft findet auch Rinke, müsse man sich dringend einig werden unter den Vereinen.

Er sagt abschließend: „Das ist doch für die Frauen eine gute Idee. Es braucht Leute, die Verantwortung übernehmen und auch gute Trainer. Aber ich glaube, viele Spielerinnen, die aktuell in anderen Städten aktiv sind, würden sich auch freuen in ihrer Heimatstadt Fußball spielen zu können. Ein großer Anlaufpunkt für Mädchen und Frauen wäre ein starkes Zeichen.“