Die Kapitänsbinde hat wohl nie für so viel Aufmerksamkeit wie bei der Fußball-WM in Katar gesorgt. Um für Toleranz und Vielfalt zu werben, wollten mehrere Kapitäne samt Deutschlands Manuel Neuer die bunte „One-Love“-Binde tragen. Der Weltverband FIFA droht mit Sanktionen. Die Länder verzichten deswegen auf die Aktion.
Durch die „One-Love“-Binde, die an die Farben der panafrikanischen und pansexuellen Flagge angelehnt ist, sollte auf die menschenunwürdige Behandlung von Homosexuellen in Katar aufmerksam gemacht werden.
Als weltbekanntes Zeichen für die LGBTQ-Gemeinschaft steht auch die Regenbogenflagge. Mit einer Binde in genau diesen Farben spielt Laura Kulla, Kapitänin der Landesliga-Frauen der DJK Spvgg. Herten, und das bereits seit der vergangenen Saison. Was würde sie machen, wenn das Tragen für sie und ihre Mannschaft Konsequenzen haben würde?
„Dann würden wir gesammelt den Platz verlassen“
„Wenn ich deswegen eine Gelbe Karte bekommen würde, würde ich das in Kauf nehmen“, sagt sie. „Ich habe das als Zeichen und Bekenntnis gewählt - für meine Mädels, für Offenheit und für Diversität.“ Die FIFA deutete an, dass Nationen, deren Spielführer die „One-Love“-Binde bei der WM tragen würden, ein Punktabzug droht. „Dann würde ich etwas länger überlegen. Am Ende zählt das Zeichen aber mehr als die Punkte - und ich könnte noch in den Spiegel schauen“, bekräftigt Kulla.
Sprüche von Gegnern oder Zuschauern habe es wegen der Binde im Übrigen noch nicht gegeben. Kulla bekräftigt: „Wenn wegen Emine (Citir, spielt mit einem Kopftuch, Anm. d. Red.) oder der Binde etwas Blödes kommen würde, würden wir gesammelt den Platz verlassen.“

Zu DFB-Kapitän Manuel Neuer hat Kulla eine klare Botschaft: „Er hätte den Arsch in der Hose haben sollen und mit der Binde ein Zeichen setzen können.“ Zugleich hat sie noch die Hoffnung, dass die Teams in einer anderen Form ein Zeichen setzen könnten.
Kritik an der FIFA: „Die machen, was sie wollen“
Seit Saisonbeginn trägt Stefan Oerterer die Kapitänsbinde in den ukrainischen Nationalfarben - auch das ist ein Statement. Denn der Spielführer der Spvgg. Erkenschwick tut das bewusst: „Natürlich ist diese Binde ein Zeichen der Solidarität mit den Menschen in der Ukraine“, sagt der 34-Jährige. Würde er jetzt auch als ein ebensolches Zeichen die „One-Love“-Binde tragen? „Natürlich“, versichert „Ö“.
„Ich bin weltoffen, ich würde das tun.“ Auch wenn Stefan Oerterer seine eigene Meinung hat über das Verhalten der FIFA („Die machen, was sie wollen“), sagt er auch: Eine Diskussion über die Farbe der Kapitänsbinde habe es bei der Spvgg. Erkenschwick noch nicht gegeben.

Ähnlich denkt Torben Mengede. Auch der Kapitän von SuS Polsum hat zuletzt eine Kapitänsbinde in den ukrainischen Farben getragen, tut das seit einigen Wochen aber nicht mehr. „Nicht, weil wir nicht mehr hinter der Ukraine stehen“, sagt er. „Aber die Binde war durch unsere Asche ganz schön dreckig geworden.“ Dass die Nationalmannschaft auf Druck der FIFA auf die „One Love“-Binde verzichtet, findet Mengede nicht richtig.
„Wenn man ein Statement machen will, sollten Konsequenzen wie eine Gelbe Karte eigentlich egal sein. Von den Verbänden finde ich das schwach.“ Dass die FIFA so agiert, überrascht ihn nicht. „Diese Institution hat sich in den letzten Jahren nicht in die richtige Richtung entwickelt.“ Eine Regenbogen-Kapitänsbinde würde Torben Mengede auf jeden Fall tragen. „Toleranz und Offenheit sind Werte, die uns als Verein wichtig sind.“
Kein Alleingang beim TuS Haltern
Schon in der vergangenen Rückrunde lief der Kapitän des TuS Haltern am See mit einer Kapitänsbinde in den Farben der ukrainischen Flagge auf - damals wie heute auch als Zeichen der Solidarität mit Valentyn Yarokha, der den Verein mittlerweile verlassen hat.

Sollte ihm das Tragen dieser verboten werden, würde Peter Elbers, der aktuelle Kapitän des TuS, nicht alleine entscheiden wollen, wie es weitergeht. „Ich trage die Binde ja auch jetzt in Absprache mit dem Verein. Ich würde hoffen, dass der Verein da dann stark bleibt und wir weiter ein Zeichen setzen.“
Auch gegen das Tragen einer Regenbogen-Kapitänsbinde hätte der Halterner nichts. „Wenn der Verein in die Richtung ein Zeichen setzen möchte, wäre ich da natürlich auch dabei.“