Mit einem Vollstipendium am Savannah College Of Art & Design (SCAD) wagte die Halterner Radsportlerin Jette Aelken den Sprung über den großen Teich. Nach ihrem ersten Jahr in den USA zieht die Halterner Architekturstudentin nun ein positives Zwischenfazit. „Sportlich ist es sehr gut gelaufen, die Noten stimmen auch, nur das Leben verläuft doch ganz anders, als ich es gewohnt war.“
Nach dem ersten Rennen für die SCAD, bei dem sie an der altehrwürdigen Lehranstalt mit einem historischen ersten Sieg im Damenteam gleich für einen Eintrag ins Rekordbuch gesorgt hatte, startete Aelken noch bei drei weiteren Rennen der US MTB College Rennserie.
Dabei gelangen ihr in Augusta (Georgia), Banner Elk (North Carolina) und Auburn (Georgia) sowohl alleine als auch mit dem Team weitere Siege und Podiumsplatzierungen. Auch bei der Teilnahme an den Nationals, den College-Meisterschaften in Durango (Colorado), konnte die Halternerin trotz Erkältungsbeschwerden auf dem 2.000 Meter hoch gelegenen Terrain mit drei Platzierungen unter den ersten 15 überzeugen.
„Dass es so gut läuft, hätte ich nie gedacht“
Noch besser lief es für Jette Aelken bei ihren Starts mit dem Rennrad bei der College Road Racing Serie. Bei vier Straßenrennen stand sie mehrfach als Siegerin ganz oben auf dem Podium und holte mit einem dritten Platz bei den auch hier ausgetragenen Nationals einen so nie erwarteten Erfolg im gesamten US-Vergleich.
„Dass es so gut läuft, hätte ich nie gedacht. Dieses Podium hat sich richtig gut angefühlt“, sagte sie. Damit fühlte sie sich auch bereit zum Start beim „LA Redlands“-Rennen im San Bernardino County (Kalifornien). In diesem seit 1985 ausgetragenen 5-Tage-/5-Etappen-Rennen über rund 350 Meilen startete Jette Aelken als Gaststarterin für das Team „TERUN“, erlebte aber schon gleich am ersten Renntag ein echtes Fiasko.

Nach einem hektischen Start auf Platz 20 liegend, fand sie sich nach einem unverschuldeten Auffahrunfall plötzlich verletzt am Boden liegend wieder und konnte das Rennen so nicht beenden. Der nachfolgende Medizincheck im Medical Center war zwar in Ordnung, aber ohne Finish war ein weiterer Start an den Folgetagen nicht mehr möglich.
Nach der Rennsportsaison lobt sie besonders den stark ausgeprägten Teamgeist und sagt: „Wir haben bei den Rennen von der Anreise über das Wohnen, Kochen, Trainieren und Erfolge feiern immer alles zusammen gemacht.“
„Das Frühstück erinnert eher an ein deutsches Mittagessen“
Die Rennen hat sie schon „etwas anders“ erlebt, denn alles geht etwas entspannter zu, und freut sich über ihre Erfolgsbilanz: „Aus Pflicht wurde Spaß. Die Straßensiege haben mich besonders gefreut, weil ich damit überhaupt nicht gerechnet hatte.“
Aelken macht ihre neuen Lebenseindrücke an den drei Hauptbereichen Sprache, Essen und Gesellschaft fest. Sie erinnert sich noch gut an den ersten Schock bei der Ankunft in den Staaten. „Ich dachte immer, ich sei ganz gut in Englisch, merkte aber schon am Flughafen, dass mir doch einige Vokabeln fehlten.“
Beim Essen vermisst sie am meisten deutsches Brot und erklärt. „Brot in der Vielfalt, wie ich es vorher kannte, gibt es hier praktisch gar nicht. Es überwiegen Toast und Bagels. Das Frühstück erinnert mit Rührei, Pizza oder Kartoffeln mit Speck eher an ein deutsches Mittagessen.“
Aber auch das soziale Leben basiert auf anderen Werteeinstellungen. Die eher übertriebene Freundlichkeit sei eigentlich nur Show, oft nicht ernst gemeint und ohne jedes echte Hintergrundinteresse. Doch ohne Smalltalk geht eigentlich gar nichts. „Das ist mir zu Anfang richtig schwergefallen“, sagt Aelken.
Preis-Überraschung
Das Leben an der Uni spielt sich überwiegend auf dem Campus ab. Das betrifft auch das Wohnen. „Alle Freshmen (Neue Studenten) wohnen hier im ersten Jahr in festen Wohngemeinschaften auf dem Campus.“ So teilte auch sie sich eine Wohnung mit vier weiteren Studentinnen.
Den nächsten Schock erlebte sie beim ersten Einkauf des täglichen Lebensbedarfs. „Acht Dollar für eine Packung Kekse, das ist schon happig“, sagt sie. Auch das Ausgehen entwickelt sich in den Lokalen ebenfalls schnell zu einem wirklich teuren Vergnügen.

Schön findet sie die gemeinsamen Ausflüge nach „Tybee Island“, einem etwa eine halbe Stunde entfernten Strand an der Atlantikküste. Mittlerweile hat sie viele neue, auch internationale Freundschaften geschlossen und findet in den Dozenten sehr hilfsbereite Ansprechpartner.
In ihrem typischen Tagesablauf geht sie täglich etwa um 8 Uhr 15 Minuten zu Fuß zur ersten Vorlesung des Tages. Nach einer kurzen Freistunde geht es am Nachmittag zur zweiten. Etwa ab 16 Uhr beginnt das tägliche Radtraining und um 20 Uhr folgt das Abendessen mit anschließenden Hausaufgaben.
Gute Platzierungen in Europa
Sie kann dem Studentenleben durchaus positive Seiten abgewinnen, sagt aber: „Nicht auf Dauer. Ich vermisse schon das gewohnte Familienleben zuhause, das Essen und das Zusammensein mit Freunden.“
Ihre Semesterferien verbringt sie nun in der Heimat. Weiterhin sportlich aktiv startete sie bereits erfolgreich zusammen mit ihrer Schwester Jola bei einem UCI C2 Rennen im belgischen „3 Nations Cup“ und legte sich selbst bei drei Starts in der U23-Damenklasse der UCI Mountain Bike World Series die persönliche Anforderungslatte noch ein Stück höher.
Und auch hier, im weltweit stärksten Starterfeld von rund 75 Teilnehmerinnen, konnte Jette Aelken ihre Klasse schon beweisen. So holte sie nach einem Kettenschaden, der sie in der letzten Runde in Lenzerheide (Schweiz) aus dem Rennen warf, in Leogang (Österreich) mit Platz 36 die ersten UCI Weltcuppunkte und erreichte auch vor Kurzem bei ihrem Start in Val di Sole (Italien) mit Platz 47 erneut wertvolle Weltcuppunkte.