„Ein unbeschreiblich schönes Gefühl“ Halternerin und ihr Hund Avicii holen WM-Bronze

„Ein unbeschreiblich schönes Gefühl“: Halternerin und ihr Hund Avicii holen WM-Bronze
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Die Reise zu den „World Coursing Championships“ (FCI-Weltmeisterschaft im Windhundrennen) im schwedischen Norra Åsum hat sich für die Halternerin Stefanie Bauer mehr als gelohnt. Als die Stadionsprecherin bei der Siegerehrung zur Überraschung aller verkündeten, der dritte Platz gehe an Deutschland, gab es für Bauer kein Halten mehr.

Vor Freude und Erleichterung riss sie gleich zweimal die Faust hoch, packte schnell ihren Windhund Avicii und eilte mit ihm auf dem Arm die Stufen hoch zum Siegerpodium. „Als dem Hund das Siegerdeckchen umgelegt wurde, war das einfach ein unbeschreiblich schönes Gefühl“, erzählt sie.

Doch bis dahin galt es im Vorfeld einige Hindernisse zu überwinden, denn startberechtigt waren in den jeweiligen Klassen immer nur die sechs besten Hunde Deutschlands.

Bis zu 42 km/h schnell

Avicii, Rasse Italienisches Windspiel, ist gerade mal zwei Jahre alt und erst seit vergangenem September im Rennsport unterwegs. Doch bereits bei seinem ersten Start bei der Windspiel-Jahresausstellung im September 2022 belegte er schon den zweiten Platz.

Diese Klasse konnte er mit gleicher Platzierung bei den „Coursing Belgien Ravels“ im November bestätigen und konnte das mit einem Sieg beim „Oster Coursing“ in diesem Frühjahr sogar noch überbieten. Mit diesen Erfolgen wurde er von den Sportkommissaren des Deutschen Windhundzucht- und Rennverband (DWZRV) für den WM-Start nominiert.

Avicii war bei der Windhundrennen-WM in Schweden schneller als fast alle seine Kontrahenten.
Avicii war bei der Windhundrennen-WM in Schweden schneller als fast alle seine Kontrahenten. © Anifotografia

Nach der öffentlichen Bekanntgabe im April erstellte Stefanie Bauer ein spezielles Trainingsprogramm, das im Wesentlichen regelmäßige, kürzere Radtouren für die Ausdauer und an den Wochenenden Trainingseinheiten auf den Hunderennbahnen in Münster, Gelsenkirchen und Venlo beinhaltete.

Allerdings ließ sie ihn dort, um die Verletzungsgefahr zu minimieren, immer einzeln laufen. „Das ist in der Vorbereitung besonders wichtig“, sagt sie. Dabei wurde auch das wichtige Einstellen in die Startboxen geprobt. Auf den rund 350 Meter langen Bahndistanzen erreichen die Hunde einen Topspeed von bis zu 42 km/h. Zur Abrundung des Trainingsprogramms nutzte die Halternerin auch die Möglichkeit zum Aqua-Training (Laufband im Wasser) bei einer Waltroper Physiotherapeutin.

Vor Ort erlebte sie nach der obligatorischen Tierarztkontrolle zusammen mit ihrem Ehemann Jörg zunächst bei der großen, feierlichen Eröffnungszeremonie mit allen 22 Nationen einige Gänsehautmomente. „Der Fahneneinzug der Nationen mit Musik und Hunden war total emotional“, sagt sie.

Mehrere Führungswechsel

Doch schon am nächsten Morgen musste sich Bauer nach Losverfahren mit ihrem Hund in der Frühe dem ersten von zwei Wettbewerben stellen. Auf der mit 750 Metern fast doppelt so langen wie sonst üblichen Strecke auf einem welligen Wiesengelände bewerteten an drei markanten Punkten platzierte Wertungsrichter neben dem Tempo vor allem auch die Rennintelligenz, die Jagdlust, die Geschicklichkeit, Kondition und das Verhalten der Tiere auf der Bahn.

„Das Coursing hinter der Hasenattrappe ist eine noch relativ junge Sportart. Wenn der ‚Hase‘ gelegt ist, folgen die Hunde einfach nur noch ihrem natürlichen Jagdtrieb“, erklärt sie.

Avicii blieb die letzten zehn Sekunden vor dem Signal hoch konzentriert und nachdem Stefanie Bauer ihn mit dem Spruch „Heile Pfötchen“ aus der Startbox ins Rennen schickte, war sie selbst nur noch Zuschauerin. Doch Avicii zeigte in dem durchaus schwierigen Gelände bereits nach 40 Metern in der ersten Rechtskurve mit der ihm eigenen Wendigkeit seine ganze Klasse.

So konnte er die schnellere Innenbahn erobern und davonziehen. Nach einem Führungswechsel etwa in der Mitte der Strecke schob er sich auf dem letzten Drittel erneut nach vorne und erreichte auch als Erster den bereits stillliegenden Köder.

„Ich habe direkt gespürt, dass seine Wendigkeit ihn nach vorne bringen kann“, sagt Bauer. Mit diesem Laufsieg, der mit 256 Punkten bewertet wurde, schob er sich schon auf den Gesamtplatz drei.

„Avicii hat mich in allen Belangen total überzeugt“

Im zweiten Lauf am späten Nachmittag überzeugte Avicii dann erneut mit einer starken Performance, verlor aber durch ein Ausweichmanöver mit einem leichten Seitwärtsdrift etwas an Boden. Bauer dachte nur: „Hoffentlich kann er das wieder aufholen.“ Und Avicii schaffte es!

Er kam wieder an den Führenden heran, allerdings fehlte es ihm zum Schluss ­ sicherlich auch der langen Strecke geschuldet - etwas an Power für den Siegesendspurt. Doch sein dritter Platz (245 Punkte) reichte zusammen mit dem hervorragenden Ergebnis aus dem ersten Lauf für den so nie erwarteten, sensationellen dritten WM-Podiumsplatz hinter den Teams aus Schweden und Finnland.

Neben diesem persönlichen Erfolg sorgte die Halternerin, die mit ihrem Hund das einzige BRD-Team in dieser Klasse stellte, mit dieser Medaille auch gleich für den passenden Teamspirit.

Stefanie Bauer, die auf nationaler Ebene schon seit Jahren zu den Titelaspiranten zählt, sagt überglücklich: „Das war mein bisher größter sportlicher Erfolg. Avicii hat mich in allen Belangen total überzeugt.“

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