Stromausfall, kalte Duschen, gestrandete Teilnehmer Die Geschichte des Flaesheimer Silvesterlaufs

Stromausfall, kalte Duschen, gestrandete Teilnehmer: Die Geschichte des Flaesheimer Silvesterlaufs
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Nach 46 Läufen war Schluss: 2023 gab es erstmals keinen Silvesterlauf rund um den Flaesheimer Dachsberg. Norbert Schulte-Althoff, der Vorsitzende des Veranstaltervereins Concordia Flaesheim, blickt wehmütig auf die Zeit zurück: „Unser Lauf hat sich über die vielen Jahre zu einem echten Dauerbrenner entwickelt.“

Begonnen hat diese Erfolgsstory bereits 1973, als der lauffreudige Neubürger Manfred Schmeling aus Duisburg erstmalig über die Presse zum Silvesterlauf einlud. Im Feld von 63 Teilnehmern lief er am Ende auch als erster Sieger über die Ziellinie an der Flaesheimer Grundschule.

Bereits im Folgejahr übernahm der Flaesheimer Sportverein das Laufkonzept und schrieb die Veranstaltung erstmalig als „Internationalen Silvesterlauf und Wandertag“ aus. Otto Schröder, einer der Gründerväter, erinnert sich: „Das Ergebnis hat uns alle total überrascht. Am Ende der Meldefrist standen 1.400 Teilnehmer in der vorläufigen Startliste.“

Stenografenverein hilft aus

Damals noch ohne computergestützte Meldeverfahren und Zeitenerfassung mobilisierte der Verein praktisch jeden, der zwei gesunde Beine hatte und schreiben konnte. Schröder erzählt lächelnd: „Die Damen vom Halterner Stenografenverein haben uns mit Schreibmaschinen und vielen flinken Fingern damals wirklich sehr geholfen.“

Dazu kamen aber noch Probleme ganz anderer Art, denn mit fast so vielen Laufbesuchern wie Einwohnern gab es im Dorf praktisch keinen Fleck mehr, der nicht mit Autos zugeparkt war. Die Umkleide wurde kurzerhand in die Klassenräume der Grundschule verlegt und die vier Duschen im Keller spendeten zu dieser Jahreszeit nur kaltes Wasser. Doch am Ende ging alles gut und damit war der Grundstein für eine Traditionsveranstaltung gelegt.

Diesmal wird es keinen Startschuss in der Haard geben, der Flaesheimer Silvesterlauf wurde schon vor einiger Zeit abgesagt.
Diesmal wird es keinen Startschuss in der Haard geben, der Flaesheimer Silvesterlauf wurde schon vor einiger Zeit abgesagt. © Horst Lehr

Es dauerte nicht lange, ehe die Strecke offiziell vermessen wurde und damit tauglich für die Bestenliste des Deutschen Leichtathletikverbands (DLV) war. Das zog im Laufe der Jahre auch viele Stars der Läuferszene in die Haard, wie den deutschen Olympia-Teilnehmer Willi Wülbeck, der in den 1970er und 1980er Jahren zu den weltbesten Läufern gehörte.

Doch die Experten, die meist nur Stadien oder brettebene Strecken gewohnt waren, merkten schnell, dass das hügelige Streckenprofil in der Haard besondere Anstrengungen erforderte.

Schnee und Eis sorgen einmal für eine Absage in Flaesheim

In der langen Geschichte der Veranstaltung musste bis zur Corona-Pandemie der Lauf nur ein einziges Mal wegen Schneemassen und Glatteis abgesagt werden. Doch der im Januar erfolgte Nachstart brachte die Laufgemeinde wieder am gewohnten Ort zusammen.

Zu den Kuriositäten um den Lauf zählt sicherlich der Diebstahl zweier Metallmasten, die eigentlich zur Befestigung der Start-/Zielflagge vorgesehen waren. Aber auch überraschende Naturereignisse wie zum Beispiel nächtlicher Windbruch oder starke Schneefälle in der Nacht auf Silvester, bei denen alle Helfer in den frühen Morgenstunden zunächst den Schulhof von den Schneemassen befreien mussten und die Strecke mit einer Schneeraupe freigeschoben wurde.

Nicht ganz so glücklich waren auch nicht ortskundige Läufer, die allein unterwegs falsch abbogen und statt im Zielbereich auch schon mal in Bossendorf oder am Stiftsplatz strandeten.

Aber auch stark erhöhte Nachmeldezahlen vor Ort sorgten hin und wieder für Sorgenfalten bei den Organisatoren. „Als nach 500 Vormeldungen am Ende über 1.000 Läufer am Start waren, wurde es im Verpflegungsbereich schon richtig eng“, verrät Otto Schröder.

Plötzlich ist der Strom weg

Ein weiteres Highlight ergab sich für die Veranstalter später mit der Einführung der elektronischen Zeiterfassung und Datenverarbeitung. Norbert Schulte-Althoff resümiert lächelnd: „Als dann einmal mitten im Lauf der Strom ausfiel, war für uns der Begriff ‚EDV‘ gleichzusetzen mit dem Ende der Vernunft. Wir wurden völlig überraschend ins manuelle Mittelalter der Zeiterfassung zurückgeworfen.“

Eine besonders innige Beziehung zu den Laufstrecken hatte der langjährige Streckenwart Herbert Mühl. Er zog Jahr für Jahr mit Schaufel und einem Sack Kalk auf seinem kleinen Handwagen durch die Haard, um die notwendigen Markierungen auf der Laufstrecke anzubringen. Insgesamt hatte das Streckenprofil in der Haard durch die Verbindung von Sport und Natur ein ganz spezielles Flair, bei dem die Starter teilweise auf von Tannen- und Lärchennadeln bedecktem Boden immer wieder gerne unterwegs waren.

Dieser Text erschien erstmals vor einem Jahr. Aufgrund des damals großen Interesses haben wir ihn nun, an Silvester 2024, erneut veröffentlicht.