Faszination Segelfliegen „Auch nach 30 Jahren ist es für mich immer noch ein toller Sport“

„Auch nach 30 Jahren ist es immer noch ein toller Sport“
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Fliegen wie ein Vogel im Wind – diesem uralten Menschheitstraum kommt Segelfliegen wohl am nächsten. Die faszinierende Flugsportdisziplin hat der Verkehrslandeplatz Borkenberge, getragen von insgesamt neun Vereinen, in denen auch etliche Halterner Mitglied sind, über viele Jahre hinweg weiterentwickelt.

Wichtige Bausteine auf dem Weg zur Anerkennung als Landesleistungsstützpunkt durch den Deutschen Aero-Club, Landesverband NRW, waren unter anderem die Erweiterung der Windenschleppstrecke und der Segelfluglandebahn mit der dazugehörigen Infrastruktur.

„Die Wetterlage ist die Basis des Sports“

Für Stützpunkttrainer Sebastian Heßner, der seit 1993 Mitglied im FSG Datteln Bork ist, wurde mit dem Segelfliegen ein Kindheitstraum wahr. Nach seiner Fluglehrerlizenz arbeitet er seit 2007 auch als Trainer. „In unserem Sport nutzen wir einfach die Kraft der Sonne als Motor“, sagt er.

Eine der wichtigsten Disziplinen ist der Streckensegelflug. Dabei werden oft Dreieckskurse über Distanzen zwischen 200 und 500 Kilometern geflogen. Heßner erklärt: „Die Wetterlage ist die Basis des Sports. Wir starten nicht bei Regen, aber Sonnenschein mit Schäfchenwolken verspricht gute Bedingungen. Unter entstehender Wolkenthermik fliegen wir dann wie auf einer Autobahn.“

Diese Thermik bringt die Höhe, aus der die Geschwindigkeit generiert wird. Dabei erzeugen die Tragflächen den Auftrieb. Eine Faustregel lautet: „Ein Kilometer Höhe bringt Energie für circa 40 Kilometer Vortrieb.“ Geflogen wird auf etwa 1.500 Meter Höhe, wobei die Piloten während des Flugs immer auf der Suche nach nutzbaren Thermikbereichen sind. Sehr gute Bedingungen finden sie zum Beispiel in den Alpen.

In der DG 1000 ist Platz für zwei Personen.
In der DG 1000 ist Platz für zwei Personen. © Horst Lehr

Heßner, der auch als Trainer für den NRW-Landeskader arbeitet, bezieht deshalb jedes Frühjahr mit einer Fliegergruppe ein Trainingslager in Südfrankreich, wo um diese Jahreszeit beste Bedingungen herrschen. Dort können sich die Nachwuchspiloten auf die anstehenden Wettbewerbe zur DM, EM oder auch zur WM vorbereiten.

In den vergangenen Jahren haben sich regelmäßig Borkenberger Flugschüler für die Teilnahme an der Deutschen Meisterschaft qualifiziert. Einer dieser Spitzenpiloten ist Raphael Twardowski (FSG Datteln Bork). Im Mai 2020 hat er als erster Pilot von Borkenberge aus nonstop eine Strecke von über 1.000 Kilometern im Segelflug zurückgelegt und diese Reichweite im Folgejahr sogar noch einmal übertroffen. Seine besondere Klasse zeigte er auch in diesem Jahr wieder bei der DM, wo er die Standardklasse klar beherrschte.

Choreografien in der Luft

Das „Ballett des Segelsports“ stellt der Kunstflug dar. Dafür werden die Sportler von einem Schleppflugzeug auf circa 1.200 Meter Höhe geschleppt. Dort nehmen sie ihre Flugposition in einer virtuellen, würfelförmigen Box von etwa einem Kilometer Kantenlänge ein.

In diesem Bereich stellen sie der Jury am Boden ihr zweiminütiges Flugprogramm mit den Pflichtübungen und eigenen Choreografien vor. In dieser Disziplin hat mit Sebastian Dirlam ein ansässiger Flieger in den vergangenen Jahren als Mitglied der deutschen Nationalmannschaft an zahlreichen Weltmeisterschaften teilgenommen.

Heßner konzentriert sich zusammen mit zwei weiteren Kollegen in den Trainingseinheiten im Wesentlichen auf die Streckenplanung, die Flugdurchführung und das absolut wichtige Debriefing nach der Landung.

Pilotenlizenz ab 16 Jahren möglich

Bei der Planung lernen die Teilnehmer wichtige Kriterien der Wetterinterpretation, der Topografie und der Instrumentenkunde kennen. Nach dem Start sollen die Probanden sichere Thermikzonen finden und ihre Landung frühzeitig mit eigenem Anflugplan einleiten. Nach der Landung werden die GPS-Daten zu Optimierungszwecken gemeinsam ausgewertet.

Zum Einsatz kommen am Standort mit der DG 1000 ein Doppelsitzer mit 20 Metern Spannweite und mit der LS4 ein Einsitzer mit 15 Metern Spannweite. Flugsport ist bereits ab 14 Jahren möglich. Mit 16 Jahren kann die Pilotenlizenz erteilt werden. Die weitere sportliche Entwicklung erfolgt je nach Eignung bis hin zum Kaderbereich. Aktuell betreut Sebastian Heßner am Flugplatz Borkenberge zehn Schüler.

Er sagt: „Auch nach rund 30 Jahren ist Segelfliegen für mich immer noch ein toller Sport, bei dem die aufsteigende warme Luft einen einfach mit auf die Reise nimmt.“