Queere Spielerin spricht über Sexualität im Fußball „Wer ein Problem damit hat, soll gehen“

Queere Spielerin spricht über Sexualität im Fußball: „Wer ein Problem damit hat, soll gehen“
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„Etwas verheimlichen zu müssen, ist scheiße“, sagt Lisa Niedenführ. Sie spielt bei den Landesliga-Frauen der DJK Spvgg. Herten. Und sie ist queer. Queer umfasst alle sexuellen Orientierungen, die nicht heterosexuell sind. Damit geht die 25-Jährige ganz offen um. „Ich mache daraus kein Geheimnis. Wer ein Problem damit hat, soll gehen.“

Die 25-Jährige sagt weiter: „Wen man liebt, sollte egal sein. Fußball sollte für alle da sein.“ Doch wenn man den Männerfußball betrachtet, scheint das nicht der Fall zu sein.

Im Amateurbereich habe Niedenführ von noch keinem queeren Spieler gehört. Auch bei den Profis gibt es mit Jake Daniels, Joshua Cavallo und Jakub Jankto, der sich am 13. Februar outete, erst drei aktive homosexuelle Profis weltweit. In der Bundesliga spielt davon keiner.

„Das ist bei uns gar kein Thema in der Mannschaft“

„Es ist 2023 und es gibt nur drei Aktive? Es muss rein rechnerisch mehr queere Fußballer geben.“ Auch wenn Niedenführ dafür ist, dass die Sexualität keine Rolle spielen sollte, findet sie es trotzdem wichtig, diese zu thematisieren. „Dabei geht es auch um Repräsentation. Das ist sehr wichtig.“

Sie hofft, dass es für jüngere Personen so in Zukunft wirklich normal sein könnte, sich zu outen - und auch Fußball zu spielen. Wobei, bei der DJK Spvgg. Herten klappt das schon. „Das ist bei uns gar kein Thema in der Mannschaft.“

Auch als Niedenführ vor vier Jahren in das Team kam, habe sie sich keine Gedanken darüber gemacht, ob sie offen zeigen sollte, dass sie queer ist. Musste sie sich denn deswegen auf dem Platz schon mal Beleidigungen anhören? „Ich würde gerne ‚nein‘ sagen. Ich spiele seit ich vier Jahre alt war Fußball. Ich kann die Beleidigungen an zwei Händen abzählen. Das geht noch.“

Sollte es aber dazu kommen, werde das auf dem Platz angesprochen. Auch wenn Anfeindungen „hart“ sind, versuche sie auf dem Platz ruhig zu bleiben. Vom Spielfeld zu gehen, wie es einige Profifußballer bei rassistischen Äußerungen zuletzt öfter machten, würde Niedenführ nicht.

Zwei Fußballerinnen mit einer Regenbogen-Binde am Arm
Laura Kulla (r.) von der DJK Spvgg. Herten trägt eine Regenbogen-Binde, genau wie ihre Gegenspielerin Antonia Stahlhacke vom SC Drolshagen. © Kevin Michaelis

In der vergangenen Saison meldeten die Hertenerinnen dem Schiedsrichter homophobe Aussagen einer Gegnerin. Diese habe daraufhin von ihrem Verein eine Strafe bekommen.

Dass es im Männerfußball schwieriger sein könnte, sich zu outen als bei den Frauen, hat für Niedenführ generell mit der öffentlichen Wahrnehmung zu tun. „Das kann man nicht vergleichen. Männerfußball ist stigmatisiert. Fußball gilt als Männersport. Dem Fußball werden viele Eigenschaften zugeschrieben, die als männlich gelten.“

Bei der Frage, was Vereine tun könnten, damit sich mehr Queere outen, tut sich Niedenführ schwer. „Es sollte mehr Unterstützung aus den Vereinen geben, mehr Toleranz.“

Sie sagt aber auch: „Es ist jedem selbst überlassen, das öffentlich zu machen. Ich glaube aber schon, dass das vielen wichtig ist.“ Denn eines steht fest: „Wen man liebt, sollte egal sein.“

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