100 Kilometer in 24 Stunden legen Teilnehmer beim Mammutmarsch zurück. Die beiden Halternerinnen Esther Stockhofe und Peggy Lange-Austrup haben sich dieser Herausforderung gestellt.

Haltern

, 16.05.2020, 07:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Die beiden Halterner Sportlerinnen Esther Stockhofe und Peggy Lange-Austrup fanden 2018 mit dem „Mammutmarsch“ rund um die Ruhrmetropole Wuppertal nicht nur eine neue sportliche Herausforderung, sondern auch ein echtes Abenteuer vor der Haustür. Dabei galt es innerhalb von 24 Stunden 100 Kilometer Wegstrecke mit über 2000 Höhenmetern zu bewältigen - mit eigener Ausrüstung, Verpflegung und Navigation.

Die beiden Freundinnen wollen auch in Zukunft wieder gemeinsam starten.

Die beiden Freundinnen wollen auch in Zukunft wieder gemeinsam starten. © Horst Lehr

Die beiden Sportlerinnen verbindet eine langjährige Freundschaft. Stockhofe kommt vom Radsport und ist mit dem Mountainbike bei Radevents unterwegs. Lange-Austrup ist als Halterner Lokalmatadorin des Laufsports über die Stadtgrenzen hinaus bekannt.

So war der gemeinsame Start bei diesem besonderen Event schnell abgemachte Sache. Zum Training marschierten beide davor schon mit gepacktem Rucksack über Strecken von 25 und 30 Kilometer. Sie fühlten sich gut, gingen entsprechend motiviert an die Startlinie. Doch leider mussten sie um 2 Uhr in der Nacht bei Kilometer 63 aufgrund gesundheitlicher Probleme aufgeben. Wieder zu Hause angekommen war für beide klar: „Das machen wir nochmal“.

Schwere Verletzung

Der für 2019 geplante Neustart stand zu Anfang allerdings unter keinem guten Stern. Lange-Austrup hatte sich im Januar bei einem Unfall schwerer verletzt als zuerst angenommen und durfte rund sechs Monate lang keinen Sport mehr ausüben. Als es ihr dann im Sommer endlich wieder besser ging, wollte sie den Marsch als Härtetest für ihre Genesung nutzen. Allerdings war sie unsicher, ob die körperliche Fitness schon ausreichen würde. Deshalb planten beide gemeinsam zunächst nur einen Teil der Wegstrecke zu absolvieren.

Dank früher Anmeldung bekamen sie noch einen Platz in der ersten Startgruppe zugewiesen und Stockhofe erinnert sich noch genau an die Startphase am Bahnhof Wichlinghausen an der Nordbahntrasse: „Wir haben uns beim Start um 15 Uhr mit einem relativ hohen Anfangstempo schnell aus dem großen Startpulk freigelaufen.“

Für den Marsch hatten beide die Rucksäcke mit Verpflegung, reichlich Blasenpflaster, Ersatzakkus für die Handynavigation, Socken, Jacken und Fleecepullover gepackt. Beide gingen die Sache locker an. „Frauen können natürlich problemlos 24 Stunden miteinander reden“, schmunzelt Peggy Lange-Austrup.

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Doch genau das sollte sich nach rund einem Viertel der Strecke als fataler Fehler erweisen. Durch den gegenseitigen „intensiven Gedankenaustausch“ verpassten beide auf der weitestgehend naturbelassenen Strecke den entscheidenden Abzweig im Wald. Glücklicherweise bemerkten sie den Fehler bald und mussten so nur etwa drei Kilometer zurück zum Ausgangspunkt gehen. Dort wieder in der „richtigen Spur“ führte die Route sie auf echten Singltrails teilweise über Stock und Stein hinein in die anbrechende Nacht.

Steigende Spannung

In der Dunkelheit waren die natürlichen Landmarken nicht mehr zu erkennen und es blieb zur Orientierung nur der kleine Navigationsbildschirm des Handys. Unterwegs hatten sie sich zwei Männern angeschlossen und gemeinsam mit ihnen ging es dann weiter entlang der Ruhr. Bis etwa Kilometer 50 lief auch alles wie erwartet, doch dann wurde es richtig herausfordernd. Zur körperlichen Anstrengung kamen nun auch die Gedanken. Mentale Sicherheit brachte allerdings die Gewissheit eines „privaten Abholservice“ bei Kilometer 58. Doch am Treffpunkt angekommen war die Verfassung der beiden wieder so gut, dass sie weitergehen konnten und der „Heimtransporter“ wieder abfahren durfte.

Etwa bei Kilometer 70 kamen sie zu einer Parkbank auf der eine offenbar hilflose Person lag. Schnell gingen sie hin, um Hilfe anzubieten. Es war ein völlig erschöpfter Teilnehmer, der aufgegeben hatte und sich nur kurz ausruhen wollte.

In den frühen Morgenstunden wurden die zwei Läuferinnen von einem wunderschönen Sonnenaufgang begleitet, den Sie rückwirkend als das absolute Highlight beschreiben. „Das hat die vielen erlittenen Strapazen entschädigt. Das mit der besten Freundin zusammen zu erleben, war einfach ein schönes Erlebnis“, so Esther Stockhofe.

Starker Willen

Gestärkt mit einigen Nutella-Brötchen ging es weiter auf die letzten 18 Kilometer, auf denen sich bei Stockhofe immer stärker werdende Fußschmerzen bemerkbar machten. Doch sie wollte auf jeden Fall weitermachen. „Der Wille war meine letzte Bastion gegen die Schmerzen. Nur so konnte ich das Ziel erreichen.“

Im Ziel gab es ein Finisherfoto

Im Ziel gab es ein Finisherfoto © privat

Die letzten drei Kilometer liefen beide praktisch auf nur noch auf „Autopilot“, doch mit dem Zieleinlauf kamen die Emotionen hoch. Ihre Männer hatten sie dort schon sehnsüchtig erwartet und gingen gemeinsam mit ihnen über die Ziellinie, die Lange-Austrup glücklich mit einem kleinen Hüpfer überquerte. Stockhofe sagt rückblickend: „In dem Moment war der ganze Körper von purer Freude erfüllt.“

Für den geplanten dritten Start in Zukunft wünscht sich Stockhofe: „Einen erneuten Genuss bis zum Ende, nur diesmal vielleicht mit etwas weniger Schmerzen.“

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